Argus #5

Titel: Argus #5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman

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tragischen Ableben von Papi Muñoz. Und falls die gestrige Begegnung mit Hot Mami Lunders ein Indikator war, ging er am besten gleich zur Apotheke, um seinen Pillenvorrat gegen Sodbrennen aufzustocken.
    Jetzt saß er am Schreibtisch, zwirbelte seinen Schnurrbart und studierte ein Standfoto der Unbekannten aus dem Video, suchte nach Tätowierungen, Muttermalen, Pigmentflecken – irgendwas, das ihrem Eintrag in der ViCAP-Datenbank ein bisschen mehr Identität geben würde als die Beschreibung: «weiblich, blond, grünäugig, weiß, geschätzte Größe zwischen eins sechzig und eins siebzig, geschätztes Alter zwischen zwanzig und dreißig Jahren».
    Wahrscheinlich klammerte er sich mit dem Versuch herauszufinden, wer die Frau war, an einen Strohhalm. Die ernüchternde Tatsache war, dass sie sonst wer sein konnte. Und sich sonst wo aufhalten konnte. Er war nicht einmal sicher, ob er mit der Suche in Florida beginnen sollte oder in Grönland …
    Die Anzahl der vermissten Personen war schwindelerregend. Landesweit wurden bei der Polizei jedes Jahr fast eine Million Menschen als vermisst gemeldet – die meisten von ihnen Teenager oder junge Erwachsene wie die Unbekannte auf dem Foto. Das waren im Durchschnitt 2300 Personen täglich. Und dazu kam die Dunkelziffer der «Wegwerfmenschen» – jener armen Seelen, die nicht vermisst gemeldet wurden, wenn sie nicht nach Hause kamen, für die nie auch nur eine Anzeige aufgegeben wurde. Manny war kein Experte, aber er hatte gehört, dass die Schätzungen sich auf eine weitere Million beliefen. Diese traurige Tatsache allein machte die Aussicht, den Heuhaufen der Vermisstenmeldungen zu durchwühlen, nicht nur bitter, sondern wahrscheinlich auch sinnlos. Und wenn das die Statistiken der USA waren, wollte sich Manny die Zahl der vermissten Personen weltweit gar nicht erst vorstellen. Genau deswegen saß er hier am Schreibtisch, Stunden nach der Anklageerhebung, zwirbelte seinen Schnurrbart und starrte immer noch dasselbe hässliche Foto an, während er versuchte, einen Plan zu schmieden. Wie konnte er eine Frau aufspüren, die vermisst wurde oder auch nicht, Opfer eines Sexualdelikts geworden war oder auch nicht, ermordet worden war oder auch nicht?
    Mike Dickerson pflanzte eine halbe schlaffe Pobacke auf seine Tischkante. Er aß Mais-Chips aus einer Tüte. «Was machst du da, Bär?», fragte er kauend. Er roch nach künstlichem Käsearoma und Old Spice. «Dein Gesicht ist ganz verzerrt. Du siehst aus, als hättest du Verstopfung.»
    Manny stöhnte und streckte sich. «Aaah … ich habe hier ein Puzzle, das ich zusammensetzen muss, Pops. Dummerweise hab ich nur ein Puzzleteil und keine Ahnung, wie das Bild auf der Schachtel aussieht.»
    «Klingt nicht gut.»
    «Nein, klingt gar nicht gut.»
    «Also, jetzt hör mal auf, hier in Rätseln zu reden, und sag mir, was das verdammte Problem ist. Das da?», fragte Mike und zeigte auf das Foto. «Ist das dein Puzzleteil?»
    «Ja.»
    «Hübsch. Nette Möpse; sehen echt aus. Geht es hier um einen Fall, an dem du sitzt, oder ist das deine Freundin, zu der du Rat brauchst?»
    «Sehr witzig. Es ist ein Fall. Glaube ich. Bin mir nicht sicher. Meine Freundin ist es jedenfalls nicht, du alter Spanner.»
    «Ich wollte schon sagen, die ist viel zu hübsch für dich.»
    «Darauf antworte ich nicht mal.»
    «Wer ist sie?», fragte Mike und kaute weiter.
    «Das ist die Eine-Million-Dollar-Frage. Dieser Fall, an dem ich arbeite, der Müllcontainer …»
    «Holly Skole.»
    Manny zog die Braue hoch.
    «Nur weil ich über sechzig bin, heißt das nicht, dass ich Alzheimer habe. Ich hör zu, wenn du redest», knurrte Mike.
    Manny zuckte die Schultern. «Na gut. Also, die Mutter meines Verdächtigen in dem Fall behauptet, jemand hätte ihr anonym diesen beschissenen Videoclip geschickt, direkt vor dem Arthur Hearing . Sie weiß nicht, wer, und sie weiß auch nicht, warum. Aber auf dem Video, aus dem dieses Foto stammt, ist diese Frau mit einem Seil an einen Haken gefesselt wie ein Schwein im Schlachthof, und es sieht aus, als würde sie von einem nicht identifizierbaren männlichen Weißen gefoltert. Der Clip ist keine Minute lang, es ist also schwer zu erkennen, was da abgeht. Könnte echt sein, könnte aber auch ein Rollenspiel sein. Ich weiß also nicht mal, was ich hier habe, Mikey. Und ich weiß nicht, was ich damit anfangen soll. Aber irgendwie geht es mir gegen den Strich, und ich würde gern rausfinden, ob ich unserer Unbekannten eine Identität