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Argus #5

Argus #5

Titel: Argus #5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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elektronische Fußfessel tragen zu müssen, die seine Schritte überwacht hätte. Und wenn es nach Christinas Phantasie ging, konnten ihn diese Schritte gut und gern zu ihr nach Hause führen. Sie musste immer bereit sein. Sie musste immer auf der Hut sein, falls die Tür aufging und sie das nächste Level erreichte.
    Christina hatte sich über die Jahre viele Feinde gemacht. Böse Feinde – Massenmörder, Vergewaltiger, Psychopathen. Das war die beängstigende Realität einer Karriere als Strafverfolgerin. Mit dieser Wahrheit hatte sie sich schon vor gut siebzehn Jahren abgefunden, als sie in Miami eingeschworen wurde. Doch was ihr damals nicht bewusst gewesen war: Je länger man es in dem Job aushielt, desto mehr Feinde schaffte man sich, und desto gefährlicher wurden diese Feinde. Es war eine Sache, von einem Ladendieb gehasst zu werden, der wütend war, weil man ihn zehn Tage ins Bezirksgefängnis geschickt hatte. Aber es war etwas ganz anderes, von einem Mann verabscheut zu werden, der wegen versuchten Mordes verurteilt wurde, weil er seine Frau heimtückisch ins Koma geprügelt hatte, und der den Zerfall seiner Familie der Anklägerin in die Schuhe schob, die zwanzig Jahre Haft für ihn durchgesetzt hatte. Sie war so damit beschäftigt gewesen, die Übeltäter hinter Gitter zu bringen, dass sie keinen Gedanken daran verschwendet hatte, wie das Leben wäre, wenn die Männer, die sie hassten, in die Gesellschaft zurückkehrten, nachdem sie ihre Haft abgesessen hatten. Und frei waren, tun und lassen konnten, was sie wollten. Als Christina achtundzwanzig war, hatten zwanzig Jahre wie lebenslänglich gewirkt. Jetzt nicht mehr. Es war kein gutes Gefühl zu wissen, dass es sehr viel mehr Menschen auf der Welt gab, die ihr Böses wollten, als Menschen, die ihr Gutes wollten. Und noch verstörender war die Tatsache, dass sie im Lauf einer langen erfolgreichen Karriere Hunderte von Männern und Frauen angeklagt hatte, an deren Namen sie sich kaum erinnerte und deren Gesichter sie nicht wiedererkennen würde. Doch die erinnerten sich genau an sie. Und brannten darauf, ihr wiederzubegegnen, wenn die Gefängnistore endlich aufgingen.
    «Gute Nacht, Christina», rief Joe hinter ihr her, als sie den Weg hinunterging, denn so nannte man sie hier. Es war fast ein Jahr her, und sie hatte sich immer noch nicht an den Namen gewöhnt. Sie fragte sich, ob sie sich je daran gewöhnen würde. Oder würde sie bald wieder umziehen? Wieder einen neuen Namen aus dem Hut ziehen, einen neuen Ort ihr Zuhause nennen, wenn der Druck, unter dem sie ständig lebte, sie wieder einmal zu zerbrechen drohte? Wie viele Namen würde sie sammeln, bis die Geister ihrer verkorksten Vergangenheit sie endlich einholten und in ein frühes Grab brachten? Würden all die Namen auf ihren Grabstein passen? Oder würde man sich später an sie nur mit dem letzten Namen erinnern, den sie benutzt hatte? Bis dahin würde natürlich sowieso keiner mehr an sie denken. Sie wäre nur noch ein Name, nicht ein Mensch, den irgendjemand wirklich gekannt hatte.
    Eigentlich war es eine Ironie der Geschichte, dass sie einen Decknamen trug. Beziehungsweise mehrere. Als Anklägerin war sie darauf programmiert, jeden, der einen Decknamen benutzte, zu verdächtigen, dass er etwas im Schilde führte. Decknamen waren für Leute reserviert, die etwas zu verbergen hatten. Oder sich selbst vor jemandem verbargen. Sie winkte Joe zu und bog in die Figueroa Street ein.
    Diese Beschreibung traf voll und ganz auf sie zu.
    In den meisten Großstädten befand sich das Gerichtsgebäude in einer zwielichtigen Gegend, wo in jedem zweiten Schaufenster entweder ein Strafverteidiger oder ein Kautionsagent auf grellen Neonschildern für seine Rund-um-die-Uhr-Dienste warb. Das Bezirksgefängnis, in dem die Häftlinge während der Anhörungen beherbergt wurden, lag gleich nebenan. Die Gegend wäre schon tagsüber unsicher, aber wenn die Sonne unterging, die Richter und Anwälte nach Hause fuhren und Restaurants, Copyshops und andere Dienstleister zumachten, verwandelte sich das Viertel in ein gottverlassenes Zombieland, mit Junkies und Verbrechern, die in dunklen Ecken lauerten, auf der Suche nach Drogen, einem Kautionsagenten oder einem Angehörigen, der aus dem Gefängnis entlassen wurde.
    Aber Santa Barbara war keine Großstadt. In dem wunderschönen Städtchen am Meer, hochgeschätzt von Oprah Winfrey und anderen A-Promis und nur neunzig Minuten nördlich von L.A., gehörte das historische

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