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Argus #5

Argus #5

Titel: Argus #5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jilliane Hoffman
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nicht, dass sie nicht verfügbar wäre.» Obwohl auch die Ermittlungsbehörde der Staatsanwaltschaft schon seit ein paar Wochen nach Marie Modic suchte, gab es keinen Grund, davon auszugehen, dass sie ganz abgehauen war. Das Leben der Zeugen ging unabhängig von Gerichtsverfahren seinen Gang – manchmal musste man einfach nur gründlicher suchen.
    «Also gut, verehrte Anwesende: Über diesen Antrag werden wir heute nicht mehr verhandeln. Die Staatsanwaltschaft braucht Zeit, darauf zu reagieren, und in der Zwischenzeit hat sich die Zeugin hoffentlich wieder eingestellt. Althea, geben Sie uns einen neuen Termin. Mr. Varlack, Ihr Antrag auf Aufhebung des Durchsuchungsbefehls ist für die Staatsanwaltschaft im Moment das kleinere Problem», erklärte die Richterin, als sie von der Bank aufstand und an die Tür des Korridors trat, der zum Richterzimmer führte. «Jetzt will ich erst mal dieses Video sehen.»

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    D er blaue USB-Stick baumelte am Schlüsselband, das die Richterin in ihrer manikürten Faust hielt. Den Ellbogen auf der Richterbank aufgestützt, ließ sie es hin und her schwingen wie ein Pendel.
    «Ich weiß nicht, welches Spiel Sie hier zu spielen versuchen, Staatsanwältin. Die Tatsache, dass dieses Video anonym an die Mutter des Angeklagten geschickt wurde, am Vorabend des Haftprüfungstermins ihres Sohnes, lässt jeden normalen Menschen aufhorchen. Mich zumindest. Falls es bei Ihnen nicht dieselbe Reaktion ausgelöst hat, Ms. DeBianchi, ist das Ihr Problem. Wenn Sie die Schultern gezuckt und sich der nächsten Sache auf Ihrem Schreibtisch gewidmet hätten, würde ich mich hier wahrscheinlich nur über Ihre Gleichgültigkeit wundern. Sie sind nicht verpflichtet, Nachforschungen zur Quelle des Videos anzustellen oder zur Identität oder dem Schicksal der jungen Frau, die darauf zu sehen ist.» Die Richterin machte eine Pause. «Doch genau das haben Sie getan. Und Sie haben dabei herausgefunden, dass die Frau keine willige Partnerin auf einem Sadomaso-Sexvideo war, sondern das Opfer eines brutalen Mordes, erfolgt unter Umständen, die auf alarmierende Weise dem Fall ähneln, an dem Sie gerade dran sind, wenn auch in einem anderen Gerichtsbezirk. Ich weiß nicht, ob die Geschworenen dieses Video je zu sehen bekommen. Ich weiß nicht, welche Strategie Mr. Varlack für die Verteidigung plant, auch wenn ich es ahne. Zumindest aber hat Mr. Varlack das Recht, über die Existenz dieses Videos informiert zu werden, er hat das Recht, es zu sehen, und er hat das Recht, den Namen des Opfers zu erfahren, das als solches identifiziert wurde. Da die Verbrechen einander tatsächlich ähnlich sind, hat er außerdem das Recht, die Namen von Verdächtigen im Mordfall Vechio zu erfahren, die die Polizei im Auge hat, auch die New Yorker Behörden, und die Namen möglicher weiterer Opfer aus anderen Gerichtsbezirken. Diese Informationen führen ihn möglicherweise zu einer anderen Theorie bezüglich seines Falls. Sollte sich herausstellen, dass ein anderer Täter jene Morde begangen hat – Morde, die dem an Holly Skole erschreckend ähnlich sind –, ist das eine Information, die den Angeklagten entlasten würde. Am meisten aber enttäuscht mich, Ms. DeBianchi: Sie als intelligente Frau wussten, dass Sie die Information offenlegen müssen, und Sie haben es dennoch nicht getan.»
    «Euer Ehren …», begann Daria.
    «Sie haben es nicht getan. Und nachdem das gesagt ist, Mr. Varlack, muss ich Sie darauf hinweisen, dass Sie nicht bis zur letzten Minute auf etwas sitzen können, das sich in Ihrem Besitz befindet, um am Ende zu heulen, Ihnen wäre Unrecht widerfahren, in der Hoffnung, meinen Zorn zu entfachen. Die Mutter Ihres Mandanten hatte das Video. Sie wird es immer noch haben, davon bin ich überzeugt. Mr. Varlack, Sie haben dieses Video offensichtlich gesehen, und laut Ms. DeBianchi hat Abigail Lunders es Ihnen am Morgen des Haftprüfungstermins gezeigt. Also – ja, Sie haben ein Recht auf die Informationen, die die Staatsanwaltschaft bei den Ermittlungen zu dem Video herausgefunden hat, aber es liegt auch grob fahrlässiges Verschulden Ihrerseits vor. Auch wenn sich die Staatsanwaltschaft nachlässig verhalten hat, sie ist nicht gesetzlich verpflichtet, Ihnen Ihre Argumente zu liefern. Ich schlage vor, Sie setzen einen Ihrer gutbezahlten Ermittler ein und erledigen zur Abwechslung ein bisschen Arbeit selbst. Sie geben ihm die Namen, Ms. DeBianchi», endete die Richterin mit einem Seufzer. «Geben Sie ihm die

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