Argus #5
dabei kam nicht viel raus. Bei meiner ersten Suche gab es ungefähr fünfundneunzigtausend Ergebnisse. War nicht leicht, deswegen hat’s auch ein paar Wochen gedauert. Glücklicherweise war es einer von Lepidus’ frühen Fällen, sonst säße ich jetzt immer noch im Gerichtsarchiv, wo ich letzten Monat täglich acht Stunden verbracht habe. Meine Frau denkt, ich hätte eine Affäre.»
«Die wäre froh, wenn du ihr vom Leib bleibst, verlass dich drauf», sagte der Bär.
«Lepidus wurde 2000 von Gouverneur Bush zum Richter berufen. Er hat Hunderte von Fällen als Strafverteidiger und praktisch Tausende als Amtsrichter verhandelt, und dann als Berufungsrichter beim Vierten Appellationsgericht und dem Obersten Landesgericht, wo er noch zwei Jahre war, bevor er hopsgegangen ist. Ich hätte ewig suchen können, bis ich eine Verbindung gefunden hätte, wenn überhaupt.»
Manny nickte nachdenklich.
«Aber es wird noch besser. Oder schlimmer, wie man’s nimmt. Bei meiner eifrigen Recherche zum Ehrenwerten oder, wie sich rausstellt, nicht sehr Ehrenwerten Richter Lepidus bin ich über etwas gestolpert, das vielleicht gar nichts ist …»
«Spuck’s aus, alter Mann.»
Mike lächelte schief. «Wusstest du, dass Richter Reinaldo Lepidus im Obersten Landesgericht saß, als William Rupert Bantlings Berufung vorgetragen wurde? Und anscheinend war Lepidus’ Stimme das Zünglein an der Waage. Tut mir leid, doch kein neues Verfahren, Bill. Richter Lepidus hat die vernichtende Urteilsbegründung verfasst. Er argumentierte, das Berufungsgericht habe seine Kompetenzen überschritten, als es die Entscheidung des erstinstanzlichen Richters gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens in Frage stellte. Es sei kein Ermessensfehler gewesen, als der erstinstanzliche Richter Bantlings Antrag auf ein neues Verfahren aufgrund von anwaltlicher Pflichtverletzung und neuen Beweisstücken abgelehnt hat, und das Dritte Berufungsgericht hätte Bantling nie ein neues Verfahren gewähren dürfen. Lepidus war derjenige, der das ursprüngliche Urteil bestätigt hat – und damit Cupido 2006 zurück in die Todeszelle schickte und erst mal Schluss mit seiner Berufung machte.»
«Das ist nicht dein Ernst, oder?», fragte Manny mit großen Augen.
«Ich bin kein Anwalt, Sonnyboy, ich kann dir den juristischen Krempel nicht erklären. Aber das kann sicher deine hübsche Freundin übernehmen. Sie wirkt, als wäre sie nicht auf den Kopf gefallen.»
Manny starrte ihn an. Mike grinste wissend.
«Ziemlich aufmerksam», entgegnete Manny, «für einen alten Knacker, der eigentlich alles vergessen sollte.»
«Bin schon Schlimmeres genannt worden. Vom ersten Tag an, als du wegen der kleinen Skole zum Arthur Hearing rübergehetzt bist, war mir klar, dass sie schöne Beine hat. Weißt du noch? Ich musste sie nicht mal kennen. Hab’s einfach gewusst.»
«Du bist ein echter Fuchs.»
«Weißt du, du erinnerst mich an mich selber, als ich jünger war, Bär. Damals, als ich noch groß und stattlich war und alle meine Haare hatte.» Mike rieb sich über den Schädel. «Na ja, auf der Ebene haben wir jetzt ja mehr gemeinsam. Ich habe auch mal Baseball gespielt, weißt du?»
«Ach ja?»
«In der Little League, und aus mir hätte echt was werden können, wenn sie mich nicht eingezogen hätten. Vietnam.»
«Immer diese Ausreden.»
«Ich hatte auch eine Schwäche für schöne Beine. Haxenmann haben sie mich genannt», fuhr Mike fort. «Hab euch beide neulich im Gericht gesehen. Ich hoffe, du hast ein besseres Pokerface, wenn du echte Verbrecher verhörst, Sonny. Wie du um die Dame mit den schönen Beinen scharwenzelt bist, hast du ausgesehen wie ein kleiner Welpe. Aber sie ist wirklich ein heißer Feger. Mit einem hübschen Hinterteil. Ich weiß nur nicht, warum sie sich mit dir abgibt.»
«Ich auch nicht, Pops», antwortete Manny lächelnd. «Ich bin einfach nur froh, dass sie es tut. Natürlich könnte ich das Gleiche hinsichtlich deiner Frau fragen. Wie lange seid ihr verheiratet? Dreißig Jahre?»
«Hör auf. Meine Etta hat nie ausgesehen wie deine Staatsanwältin, obwohl sie auch mal schöne Beine hatte, bevor die Krampfadern kamen.» Er pfiff durch die Zähne. «Bin richtig neidisch, Bär, aber ohne meine Pillen krieg ich eh keinen mehr hoch, also, was soll’s?»
Manny schüttelte den Kopf und nahm eins der Polizeifotos von seinem Tisch. «Gute Arbeit, Watson.» Er runzelte die Stirn. «Wenn möglich, bräuchte ich Vergrößerungen, Mikey. Muss nachsehen,
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