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Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)

Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)

Titel: Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenk Saborowski
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präzise wie ein chirurgisches Instrument und schnitten tief in die schwarzen Flecken ihres Falls. Schließlich verriet ihnen Thilo Gleis sein Fazit: »Zeitlich gesehen gab es keine weiteren Funde nach der jungen Frau aus Nigeria, oder?«
    Solveigh und Paul verneinten.
    »Ich glaube«, schloss er, »dass ihr euch zu sehr auf die Vergangenheit konzentriert habt. Nehmen wir einmal an, er will wirklich eine Art Schachbrett erstellen. Sei es, um damit zu spielen, die Zukunft vorauszusagen oder weil er glaubt, der Welt etwas hinterlassen zu müssen, jedenfalls ist das seine Mission. Was ist dann das Wichtigste überhaupt? Was ist die wichtigste Figur auf einem Schachbrett?«
    »Der König«, sagte Solveigh.
    »Und welche ist die mächtigste?«, fragte er.
    »Die Dame«, sagte Paul Regen.
    »Sehr richtig, Paul. Sie ist die engste Verbündete des Königs. Seine Frau. Ich vermute, die Figur, die ihn am meisten umtreibt, wird der König sein, wenn er homosexuell ist, aber die Königin, wenn er auf Frauen steht. Selbst bei einem Missionar sind die Triebe nicht gänzlich zu unterdrücken.«
    »Die Dame«, flüsterte Paul. »Ene Akiode hatte in Nigeria einen Schönheitswettbewerb gewonnen. Sie war eine der beiden Königinnen für sein Schachbrett. Und er hat sie weggeworfen, weil ihm das Tattoo nicht gepasst hat.«
    »Entscheidend ist«, sagte Thilo Gleis, »dass er schon einmal eine Königin für ungenügend befunden hat. Und dass sie ihm jetzt nicht mehr zur Verfügung steht.«
    »Also glauben Sie an die Theorie mit dem Schachbrett?«, fragte Solveigh.
    »Natürlich«, sagte der ehemalige Profiler und trank einen Schluck Tee. Die Eiswürfel in seinem Glas schlugen an den Rand, als er es mit zittriger Hand wieder auf den Tisch stellte. Er war nicht nervös, wusste Solveigh. Es waren die Nervenbahnen in seiner Hand, die nicht mehr so wollten wie sein Geist. Denn der war hellwach.
    »Es wäre ganz typisch für einen Missionar, sich so etwas zu suchen. In unseren Köpfen klingt es absurd, aber sein Geist tickt nun einmal nicht innerhalb der Norm. Vermutlich hat er in seiner Jugend viel Schach gespielt, oder sein Vater hat ihn dazu gezwungen. Vielleicht hat ihm auch das Schachspiel die einzigen Siege im Leben geboten und ist dann zu einer Obsession geworden. Und jetzt, da er seine Königin schon fast gefunden hatte, wird er kaum ruhen, bis er die Richtige auf sein Brett stellen kann. Ich würde mich darauf konzentrieren. Und ich bin überzeugt, dass auch Ihr Täter sich in diesem Moment auf nichts anderes konzentriert. Finden Sie seine Königin, dann finden Sie auch ihn. Und beten Sie, dass es noch nicht zu spät ist.«

KAPITEL 79
Veiros, Portugal
Donnerstag, 1. August 2013, 21.39 Uhr
(am selben Abend)
    Ioana hatte kein Gefühl mehr für die Zeit. Sie lag in der Dunkelheit auf einer Decke, um sie herum nichts als Erde. Sie hörte die Insekten im Erdreich und die Käfer, die ihr über die nackten Beine krabbelten. Auf der Decke lagen ein Stück Brot und etwas Käse, in der Ecke standen ein Krug mit Wasser und ein Topf für ihre Notdurft. Und trotz der Käfer und der Würmer fühlte sie sich hier sicher. Viel sicherer als oben, denn wenn sie hier unten alleine war, beschützte sie die Erde um sie herum. Lag sie seit Tagen hier oder seit Wochen? Der Schlaf wurde unregelmäßig ohne den Rhythmus von Tag und Nacht, die innere Uhr spielt einem einen Streich nach dem anderen. Anfangs hatte sie mit dem Fingernagel Striche in die Wand geritzt, wenn er ihr Essen brachte und die Toilette entleerte. Aber bald schon hatte sie die Kerben an der Wand nicht mehr finden können. Sie verlor die Orientierung und den Verstand.
    Sie hörte ein Kratzen, wie immer, wenn er sie besuchte. Dann wurde die Luke geöffnet, und ein frischer Luftzug wehte ein wenig von dem Erdgeruch und den Würmern aus ihrer Höhle. Es war ein hoher Preis, den sie für den Luftzug zahlen musste.
    »Meine Königin«, flüsterte er, wie jedes Mal. Aber diesmal brachte er ihr kein Wasser und keinen Käse. Sondern er löste ihre Fesseln und zog sie über den groben Erdboden zur Luke. Ioana wollte schreien, aber ihre Stimme versagte. Sie machte sich so schwer wie möglich, aber sein Ziehen war unerbittlich. Dann war sie an der Luke, und er griff nach ihren Händen. Sie wollte zurück in ihre Höhle. Sie wollte nicht sehen, was dort oben auf sie wartete. Sie wusste, dass es nichts Gutes war. Nichts an diesem Mann war gut. Er war das Böse, das schiere, pure Böse. Sie sah es an

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