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Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)

Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition)

Titel: Argwohn: Thriller (Solveigh Lang-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenk Saborowski
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farblich passend zu ihren Kleidern und Handtaschen. Sie sahen aus wie die Frauen aus den Magazinen. Lila trug eine schwarze Hose und ein T-Shirt, dazu ausgelatschte Turnschuhe, Ioana einen roten Rock und weiße Stoffschuhe. Manche starrten sie unverhohlen an, andere schauten betreten zur Seite. Nur Radu schien nichts davon zu bemerken. Er marschierte zwischen ihnen wie ein König inmitten seines Hofstaats. Sie liefen an unzähligen Geschäften vorbei, die teure Computer verkauften oder Handys mit riesigen Displays. Es gab Schmuckhändler, die ihre wertvolle Ware auf Plastikständern in den Gängen stehen ließen. Aus einem anderen Laden drang laut wummernde Musik, und es gab allein auf einem Stockwerk mehr Klamotten als in ganz Kischinau. Wäre Lila nicht so beschäftigt gewesen, die Schaufenster und die Menschen zu betrachten, hätte sie in jedem Geschäft den Rest des Tages verbringen können. Die Bukarester mussten unfassbar reich sein, die ganze Stadt schien nichts anderes im Sinn zu haben als zu kaufen, kaufen, kaufen. Allein der Wert der hier in einem Geschäft angebotenen Dinge würde das Jahreseinkommen aller Familien, die sie in Iliciovca kannte, um ein Vielfaches übersteigen. Lilas Blick blieb an einer Werbung für Lippenstift hängen, aber Radu schob sie zielgerichtet weiter zu einem Geschäft, über dessen Eingang zwei große rote Buchstaben hingen. Der Laden war dunkel, das Publikum größtenteils in ihrem Alter, und Ioana stürzte sich, ohne zu zögern, in das Gewühl. Die Kleidung hing nach Farben und Stoffen sortiert an endlosen Stangen. Lila blieb neben Radu stehen, der breit grinste.
    »Willst du dir nichts aussuchen? Wir können euch doch in dem Aufzug schlecht unserer Chefin vorstellen.«
    Lila dachte an die Mädchen aus dem anderen Zimmer in der Wohnung. Sie waren schon länger da als Ioana und sie, und soweit sie es beurteilen konnte, hatten sie auch noch keine neue Kleidung bekommen. Natürlich war das nur eine Vermutung, da die drei Mädchen beharrlich schwiegen, auch wenn man sie direkt ansprach. Sie wusste nicht, ob sie aus einem anderen Land kamen und sie nicht verstanden oder ob sie einfach nicht reden wollten. Lila erinnerte sich nur an ihre Augen, die ängstlich unter ihren Bettdecken hervorlugten, wenn sie nachts auf dem Weg zur Toilette an ihnen vorbeilief.
    »Komm schon, Lila, die Klamotten sind der Wahnsinn!«, rief Ioana und eilte mit einem Berg Jeans unter dem Arm in Richtung Umkleidekabine. Lila begriff nicht, warum sich Ioana so viel einfacher in ihrer neuen Situation zurechtfand. Vermutlich war sie zu kritisch, sie stand sich wieder einmal selbst im Weg.
    Als sie den Laden verließen, gingen Ioana und Lila mit durchgedrücktem Rücken und langen Schritten. Lila stolperte und fiel Ioana lachend in die Arme. Kein Wunder, sie stolzierte auf den höchsten Absätzen, die sie jemals getragen hatte. Dabei hatte sie selber die niedrigsten gewählt, die der Laden zu bieten hatte.
    »Ihr solltet vielleicht noch ein wenig üben, bis wir das meiner Chefin zeigen«, lachte Radu. »Aber ihr seht beide phänomenal aus!«
    Ioana fuhr mit den Händen an ihrer Hüfte entlang und deutete einen Kussmund an: »Mach ein Foto, Radu!«
    Radu zog sein Handy aus der Tasche. Ioana lehnte sich in ihrem neuen blauen Kleid mit dem Reißverschluss auf der Brust an das Geländer der Galerie. Sie warf die Haare zurück.
    »Ja, so macht man das, Cousinchen«, sagte Radu und drückte auf den Auslöser.
    Ioana warf ein Bein in die Luft, wie sie es in einem der Magazine gesehen hatte, und blickte in die Kamera. Lila fand, dass es sehr professionell aussah. Vielleicht hatte sie Radu unterschätzt, dachte sie, als Ioana sie aufforderte, auch für ein paar Bilder zu posieren. Lila ging vorsichtig auf die Kamera zu. Ihre neue Lederjacke knarzte bei jedem Schritt. Sie kam sich lächerlich vor in der kurzen Hose und mit den Stöckelschuhen.
    »Versucht, etwas lockerer auszusehen«, sagte Radu und drückte den Auslöser. »Denk einfach an etwas Schönes. Die Wiese hinter eurem Haus zum Beispiel.«
    »Oder an Bence«, flüsterte Ioana ihr ins Ohr. Ihre Freundin legte den Arm um sie, und sie lächelten Radu zu. Und die Kamera in seinem Handy fotografierte zwei Mädchen aus Moldawien im Glitzerparadies. Sie hatten es geschafft, und sie fühlten sich wie begehrte Stars.

KAPITEL 38
München, Deutschland
Montag, 8. Juli 2013, 21.12 Uhr (zwei Tage später)
    Paul Regen saß an der Bar seines Stammlokals in der Holzstraße. Er

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