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Aristoteles: Lehrer des Abendlandes (German Edition)

Aristoteles: Lehrer des Abendlandes (German Edition)

Titel: Aristoteles: Lehrer des Abendlandes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hellmut Flashar
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zu verweisen. Platon erörtert darin in einem Exkurs (261 E – 264 A) die Verbindungsmöglichkeiten von Wörtern zu Sätzen, in denen sich Urteil und Meinung ausdrücken. Jedes Urteil hat eine bestimmte Dualität; es kann wahr oder falsch sein und es liegt ihm eine Person oder ein Gegenstand zugrunde. Als Beispiel führt Platon an: «Theaitetos sitzt» und «Theaitetos fliegt». Beiden Sätzen liegt als Nomen Theaitetos zugrunde, nur ist der erste Satz wahr und der zweite (in einer Zeit vor einem Flugverkehr) falsch. Die falsche Rede ist die unrichtige Verbindung von Subjekt und Prädikat. Insoweit stimmt Aristoteles mit Platon überein. Platon aber hatte diese Analyse mit der Seinsproblematik verknüpft. Der falsche Satz stellt Nicht-Seiendes als Seiendes vor und insofern mündet die Erörterung in die den ganzen Sophistes beherrschende Frage nach der Relation von Sein und Nicht-Sein. Erneut sieht man, dass Aristoteles seine Analysen nicht als einsamer Denker vorträgt, sondern Diskussionen, die in der Akademie geführt wurden, aufgreift und dabei die Sachfragen aus der ontologischen Verklammerung herauslöst, in die sie bei Platon eingebettet waren. Es geht ihm allein um die logische Struktur der Sprache und ihrer Funktion.
    Aus dem Befund, wonach jede Aussage im Rahmen der apophantischen Rede bejahend oder verneinend ist, gewinnt Aristoteles den Begriff der Kontradiktiondie dann vorliegt, wenn die Aussagen einander entgegengesetzt sind in der Weise, dass dasselbe demselben Gegenstand zu- oder abgesprochen wird. Damit ist der Übergang zum zweiten Teil der Schrift gegeben, in dem Aristoteles verschiedene Formen der Kontradiktion diskutiert.
    Aristoteles unterscheidet zunächst (in Kapitel 7) vier Klassen von Aussagepaaren, bei denen eines der beiden Glieder bejahend und das andere verneinend ist. Im Einzelnen untersucht Aristoteles sehr gedrängt und kompliziert die logischen Beziehungen, die zwischen einer allgemein (oder: universell)-bejahenden, einer allgemein-verneinenden, einer partikular-bejahenden und einer partikular-verneinenden Aussage bestehen.
    Schließlich begibt sich Aristoteles auf das schwierige Gebiet der Modallogik. In dem in der Forschung überaus kontrovers diskutierten Kapitel 9[ 7 ] erörtert er die Frage, ob Aussagen über Ereignisse, die in der Zukunft sowohl eintreten als auch ausbleiben können, bereits in der Gegenwart als wahr oder falsch bezeichnet werden können, was Aristoteles verneint. Berühmt geworden ist das Beispiel von der Seeschlacht[ 8 ] für das Phänomen der contigentia futuri.
Ich meine damit, dass es beispielsweise zwar notwendig ist, dass morgen eine Seeschlacht entweder stattfinden oder nicht stattfinden wird, dass es aber nicht notwendig ist, dass morgen eine Seeschlacht stattfindet, und auch nicht notwendig, dass morgen keine Seeschlacht stattfindet. Dass jedoch morgen eine Seeschlacht entweder stattfindet oder nicht stattfindet, ist notwendig (De int. 9, 19 a 29–32).
    Das Beispiel scheint auf den ersten Blick banal zu sein. Es führt aber zu der Frage, ob und unter welchen logischen Prämissen künftiges Geschehen vorhersehbar ist oder nicht. Und Aristoteles ist daran interessiert, die Frage innerhalb seines logischen Systemzusammenhanges zu formaler Evidenz zu bringen. Eines der beiden im Verhältnis der Kontradiktion zueinander stehenden Glieder ist wahr oder falsch. Anders als bei Aussagen über vergangenes oder gegenwärtiges Geschehen zeigt sich erst in der Zukunft, welches der beiden Glieder wahr ist.
    Am Schluss dieser im Ganzen doch recht komplizierten Schrift stehen Erörterungen über logische Relationen unterschiedlicher Art.
    TOPIK
    Warum diese umfangreiche, in acht Bücher eingeteilte Schrift Topik heißt, erfährt der Leser nicht gleich am Anfang.[ 9 ] Aristoteles kündigt zu Beginn sein Programm an:
Die vorliegende Abhandlung verfolgt das Ziel, eine Methode zu finden, aufgrund derer wir in der Lage sein werden, über jedes vorgelegte Problem aus anerkannten Meinungen einen Schluss zu ziehen, und zwar so, dass wir, wenn wir ein Argument vertreten, nichts Widersprüchliches sagen ( Topik I 1, 100 a 18–21).
    Gleich darauf definiert Aristoteles den Syllogismus:
Der Syllogismus ist also ein Argument, in dem, wenn etwas gesetzt wurde, sich etwas anderes als das Gesetzte mit Notwendigkeit durch das Gesetzte ergibt ( Topik I 1, 100 a 25f.).
    Im Folgenden unterscheidet Aristoteles drei Arten von Syllogismen: den apodiktischen Syllogismus, der eine

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