Aristoteles: Lehrer des Abendlandes (German Edition)
«Verbindung», wörtlich «Verflechtung»war schon durch Platon als technischer Terminus geprägt. Platon hat in seinem Dialog Sophistes, entstanden in der Zeit, in der Aristoteles schon in der Akademie war, die ontologischen Fragen analysiert, die bei der Kombination, also «Verflechtung» von Wörtern zu Sätzen entstehen ( Sophistes 262–264). Platon unterscheidet dabei richtige und falsche Verbindungsmöglichkeiten. Der falsche Satz bezeichnet «Nicht-Seiendes», das als «Seiendes» vorgetäuscht wird, worin Platon ein Wesensmerkmal der Sophisten sieht. Diese (hier nur angedeutete) Diskussion steht hinter der Erörterung bei Aristoteles. Er lässt die platonischen Prämissen ganz beiseite und argumentiert mit dem – wie es scheint – noch tastend gebrauchten Begriff «das Zugrundeliegende»hypokeimenon), von dem etwas prädiziert wird oder auch nicht. Aristoteles skizziert (mehr ist es nicht), dass und wie ein allgemeines, nicht individuelles Substantielles von einem Zugrundeliegenden oder in einem Zugrundeliegenden ausgesagt werden kann. Davon zu unterscheiden sind Einzelsubstanzen, die mit dem «Zugrundeliegenden» insofern identisch sind, als die einzelne Substanz, z.B. der individuelle Mensch, die universelle Bestimmtheit der Gattung «Mensch» erfüllen muss. Es geht um die Möglichkeit, von einem Subjekt alle Artbestimmungen und alle charakteristischen Differenzen aussagen zu können. Das alles dient der Vorbereitung der Kategorientafel, die nun (in Kap. 4) eingeführt wird.
Diese Tafel der zehn Kategorien taucht im aristotelischen Werk nur noch an einer weiteren Stelle vollständig auf, nämlich in der Topik (I 9, 103 b 20–29), und zwar eher untergeordnet als Einteilungssystem, das auf die verschiedenen Arten von Aussagemöglichkeiten (Prädikabilien) angewendet wird, ohne dass hier die ontologische Relevanz der Kategorien sichtbar würde, die Aristoteles sonst (von der Kategorien-Schrift an) stets betont. Daher hat man in der Topik die früheste Form der Explikation der zehn Kategorien gesehen. In der Metaphysik (V 7, 1017 a 25–30) werden acht Kategorien (unter Weglassung von «Position» und «Haben») aufgezählt, an anderen Stellen sechs oder vier, oder es wird ganz allgemein auf die kategoriale Vielfalt des Seienden und der Aussagemodi verwiesen.
Was Kategorien sind und was sie leisten, hat Aristoteles nicht nur in den folgenden Kapiteln (5–9), sondern an verschiedenen Stellen seines Werkes expliziert. Wir fassen zusammen. Bei der sprachlichen Formulierung der zehn Kategorien vermeidet Aristoteles mit Ausnahme der Bezeichnung der ersten Kategorie als «Substanz»die Verwendung von substantivischen Begriffen. Er sagt nicht «Qualität» oder «Quantität», sondern «Wie beschaffen», «Wie groß». So haben in der Aufzählung der Kategorien sechs (Was, Wie groß, Wie beschaffen, Worauf bezogen, Wo, Wann) die Form der Frage (auch für die erste Kategorie wird neben «Substanz» das einfache «Was» verwendet), während vier (Haben, Wirken, Erleiden, Position) leicht als Antwort auf eine Frage erklärbar sind. Es zeigt sich hier, wie dann auch bei den logischen Schriften im engeren Sinne, dass die Konzeption des Aristoteles nicht das Ergebnis einsamen Grübelns ist, sondern in einem Diskussionszusammenhang steht, wie er in der platonischen Akademie gegeben ist.
Aristoteles will mithilfe der Kategorien einen Gegenstand (bzw. ein Lebewesen) sprachlich benennen und dabei die grammatische und logische Struktur der Aussage bestimmen. Die Erörterung bleibt aber nicht im Bereich der Sprache, sondern hat zugleich eine ontologische Relevanz. Die Kategorien betreffen Sprache und Wirklichkeit zugleich. Sie sind Fixpunkte für eine Aussage, insofern von einem bestimmten Subjekt X die Prädikation Y ausgesagt wird. Die Kategorien stellen aber zugleich ein begriffliches Instrumentarium zur Analyse der seienden Dinge selbst dar. Zwar hat Aristoteles in der Schrift Kategorien keine Ontologie entwickelt, die nach dem Schema der Kategorien gegliedert wäre, aber bei der Anwendung der Kategorienlehre auf den Bereich des Seienden betont Aristoteles stets, dass es sich dabei um eine Analyse der seienden Dinge handelt, insofern sie ausgesagt werden.
Das Sein an sich wird ausgesagt in so vielen Bedeutungen, wie es Formen der Kategorien gibt: denn so viele Bedeutungen des Seins bezeichnen diese ( Metaphysik V 7, 1017 a 22–24).
Wenn also Aristoteles die kategoriale Differenziertheit des Seins bezeichnen
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