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Aristoteles: Lehrer des Abendlandes (German Edition)

Aristoteles: Lehrer des Abendlandes (German Edition)

Titel: Aristoteles: Lehrer des Abendlandes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hellmut Flashar
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mit Theorie könnte man wohl gut aristotelisch nennen.
    Gegen Aristoteles hat die moderne Physik von Demokrit den Begriff des Atoms übernommen, aber gegen dessen Wortsinn («Unteilbares») als teilbar in kleinere und kleinste Elementarteilchen erwiesen. Und von Platon ist die Konzeption von Werner Heisenberg (Nobelpreisträger für Physik 1932) geprägt. Heisenberg unterschied – wie Platon – zwei Arten oder besser: Funktionen der Mathematik, zum einen die Mathematik als Werkzeug in der physikalischen Einzelforschung und andererseits die mathematischen Gebilde als immaterielle Wesenheiten und Letztbegründungen für die Ordnung der Wirklichkeit, wie sie bei Heisenberg in seiner berühmten «Weltformel» (1958) Ausdruck findet, die von der Zunft der Physiker indes nicht akzeptiert wurde. Heisenberg hat sich dabei immer wieder direkt auf Platon bezogen[ 25 ] und Carl Friedrich von Weizsäcker urteilt: «In Platons Timaios fand er (Heisenberg) eine Vorform der heutigen Bedeutung der Symmetrien in der mathematischen Physik.»[ 26 ] Für Heisenberg spielte dabei auch die künstlerische Schönheit des platonischen Dialoges eine Rolle, die ihm Sinnbild dafür war, dass auch in der Welt der Physik das Schöne das Wahre ist. Und schließlich stand ihm der Charakter des Denkmodells im platonischen Entwurf nahe. Führende Vertreter der theoretischen Physik erforschen nicht nur das Beobachtbare, sondern auch das Denkbare. Davon ist Aristoteles weit entfernt. Für ihn bezieht sich das physikalische Denken auf die in Begriffen geordnete Wirklichkeit des Beobachtbaren. Nur ist inzwischen das Feld der Observation mit der Folge neuer Theorien und einer starken Mathematisierung der Physik so stark ausgeweitet, dass trotz der Klärung der physikalischen Grundbegriffe aristotelische und moderne Positionen nirgends so weit voneinander entfernt sind wie auf dem Gebiet der Physik und natürlich auch der Kosmologie (vgl. dazu S. 294–296). Und doch war es Aristoteles, der eine Wissenschaft von der Physik überhaupt erst möglich gemacht hat.

10.
K OSMOLOGIE , M ETEOROLOGIE , E LEMENTENLEHRE , C HEMIE – D IE E RDE IM M ITTELPUNKT
 
    D IE G RUNDLAGEN
    Diese Themen werden in einer Gruppe inhaltlich miteinander verflochtener Schriften dargestellt. Im Einzelnen: Die vier Bücher Über den Himmel bilden die Zusammenstellung von drei verschiedenen Traktaten. 1. Die Bücher I und II behandeln die Himmelskörper und die translunare Sphäre im Ganzen; 2. Buch III hat in inhaltlicher Überschneidung mit der Physik die sublunare Sphäre zum Inhalt; 3. Buch IV ist eine Abhandlung über die Begriffe «schwer» und «leicht» im Zusammenhang mit der Schichtung der Elemente. An den Schluss dieser Abhandlung knüpft die in zwei Bücher gegliederte Schrift Über Entstehen und Vergehen an. Die vier Bücher Meteorologie vereinen zwei ganz verschiedene Abhandlungen. Die Bücher I–III handeln über meteorologische Phänomene in der sublunaren Sphäre; Buch IV ist der ursprünglich selbständige chemische Traktat, der die Umwandlung von Stoffen durch die Primärqualitäten Warm, Kalt, Feucht, Trocken zum Inhalt hat. Der ganzen Gruppe von Schriften ist gemeinsam, dass sie keine eigentlichen Lehrvorträge sind, sondern Dokumente gelehrter Arbeit, die im Laufe der Zeit mehrere Revisionen erfahren haben. Das zeigt exemplarisch die weite Zeitspanne, die in der Meteorologie durch äußere Indizien angezeigt wird. In I 7, 345 a 1 wird das Archontat des Nikomachos (341/40) erwähnt, in III 1, 371 a 31 der Tempelbrand zu Ephesos (356); in III 2, 372 a 28 bemerkt Aristoteles, dass er «innerhalb von 50 Jahren» nur zweimal einen Mondregenbogen gesehen habe. Diese Bemerkung kann also nur in den letzten Lebensjahren des Aristoteles formuliert worden sein.
    Eine kohärente Datierung auf einen begrenzten Zeitraum ist bei diesen Schriften nicht möglich.
    K OSMOLOGIE
    Merkwürdigerweise kommt das Wort «Kosmologie» weder bei Aristoteles noch überhaupt in der Antike vor, sondern erst vom 16. Jahrhundert an als Analogiebildung zu Astrologie.[ 1 ] Aristoteles verwendet das Wort «Astrologie»Phys. II 2, 193 b 26) oder Ausdrücke wie «das All» oder «die Natur des Alls» ( De caelo I 2, 286 b 12 und öfter) zur Bezeichnung des Weltganzen. Wir würden die entsprechenden Darlegungen der Bücher I und II der Schrift Über den Himmel zur Astrophysik rechnen.
    Ausgangspunkt der Erörterung in der Schrift Über den Himmel [ 2 ] ist der Begriff des Körpers. Der

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