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Arkadien 01 - Arkadien erwacht

Titel: Arkadien 01 - Arkadien erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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»Ich muss mir das nicht anhören«, sagte sie. »Ich hab nichts zu tun mit dem Hungrigen Mann und den Dynastien. Wenn Zoe hierbleiben will, kann sie das tun. Mich hält hier überhaupt nichts.«
    »Nicht mal der junge Carnevare?«
    Hatte Zoe ihm doch noch von Alessandro erzählt? Angewidert erkannte sie, dass sich das Gift seiner Worte bereits ausbreitete: Sie misstraute ihrer eigenen Schwester. Dabei waren das alles nur Behauptungen.
    »Alessandro hat genug damit zu tun, zum capo der Carnevares zu werden.« Sie wollte gleichgültig klingen, abgeklärt und kühl. Sie war nicht sicher, ob ihr das gelang.
    Pantaleone lächelte, doch sein Blick war hart. »Die Carnevares haben nie etwas anderes getan, als ihre Macht und ihren Reichtum zu vergrößern. Das liegt in der Natur der Mafia, wirst du sagen, und dennoch gibt es einen Unterschied: Die Cosa Nostra hält sich streng an althergebrachte Werte und Gesetze, die Familie ist unser höchstes Gut. Die Carnevares aber sind anders. Sie opfern ihre Verbündeten, ja sogar ihr eigen Fleisch und Blut, wenn es zu ihrem Vorteil ist.« Er stieß ein raues Lachen aus. »Du glaubst mir nicht? Du denkst, ich sage das nur, um einen Keil zwischen dich und diesen Jungen zu treiben? Der Baron Carnevare hat zugelassen, dass seine Frau ermordet wurde – von seinem eigenen Berater! In jeder anderen Familie wäre das eines der größten Vergehen und würde nicht ungesühnt bleiben. Aber bei den Carnevares? Der Baron hat den Tod seiner Frau stillschweigend hingenommen, Gaias Mörder ist sein engster Vertrauter geblieben. Bis Cesare schließlich entschied, dass es an der Zeit war, auch den Baron zu beseitigen, und dessen Sohn am besten gleich dazu. Nichts ist den Carnevares heilig, nicht die eigene Familie, nicht die Cosa Nostra.«
    Rosa wollte etwas entgegnen, damit er endlich still war, aber Pantaleone machte rasch einen weiteren Schritt auf sie zu und fuhr fort: »Was hat Alessandro zu dir gesagt? Dass er dich mag? Dich liebt? Ich bin sicher, das hat sein Vater auch einmal zu seiner Mutter gesagt – bis er sie eines Tages umbringen ließ, nur weil es ihm von Cesare geraten wurde. Das sind die Prioritäten im Hause Carnevare. Und nun sag mir, Rosa, was bringt dich auf die kindische Idee, dass es ausgerechnet in deinem Fall anders sein könnte?«
    Sie suchte nach Worten, um zu widersprechen, ihn der Lüge zu bezichtigen und das alles von sich abprallen zu lassen. Nur dass es so einfach nicht war. Der Tod der Baronin war eine Tatsache. Und was Alessandros Ehrgeiz anging, selbst zum capo zu werden –
    »Du weißt, dass ich Recht habe!«, sagte Pantaleone scharf. »Lass dich mit ihm ein und sein ganzer Clan sitzt dir im Nacken. Du wirst nichts als Unglück ernten. Cesare wird versuchen Alessandro loszuwerden. Und wenn du ihm dabei im Weg stehst, wird er auch dich beseitigen. Glaubst du denn, es ist Zufall, dass er ausgerechnet jetzt das Konkordat in Frage stellt?«
    Alle diese Dinge passierten längst und sie war nicht sicher, ob Pantaleone das wusste. Sie war bereits im Visier der Carnevares und Alessandro hatte ihr tatsächlich nichts als Unglück eingebracht … Nein! So etwas durfte sie nicht denken. Pantaleone verdrehte die Dinge, wie es ihm passte. In Wahrheit hatte es nicht mit Alessandro begonnen, sondern viel früher: vor einem Jahr in New York. Mit dem Tod ihres Kindes.
    Der alte Mann machte eine großmütige Geste. »Natürlich, letztlich ist es deine Entscheidung.«
    Ihre Hand schloss sich noch fester um den Griff der Waffe. Ihr ganzer Körper verkrampfte sich. In ihrem Schädel explodierte ein Schmerz, der einen Augenblick lang jeden klaren Gedanken unmöglich machte.
    Deine Entscheidung.
    Sie drehte sich um und ging.
    »Wo willst du jetzt hin?«, fragte er.
    Sie gab keine Antwort.
    »Im Morgengrauen wird das Tribunal sein Urteil verkünden«, rief er ihr hinterher. »Es ist zu spät, Rosa! Diesmal kannst du nur für dich selbst entscheiden – mehr Einfluss hast du nicht!«
    Mit entschlossenen Schritten eilte sie die Treppen hinunter, verließ den Palazzo und schlug den Weg zu den Garagen ein. Wenig später fuhr sie im Maserati ihres Vaters den Weg hinunter.
    Unten am Tor hielt einer der Wächter sie an und bedeutete ihr, das Fenster herunterzulassen. »Das hier«, sagte er und reichte ihr einen gepolsterten Umschlag, »hat jemand für Sie abgegeben.«
    »Wer?«
    »So ein junger Kerl. War schon wieder weg, bevor wir ihn aufhalten konnten.«
    Rosa bog auf die Landstraße,

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