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Arkadien 01 - Arkadien erwacht

Titel: Arkadien 01 - Arkadien erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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ungewöhnlicher Name, oder?«
    »Ich wollte ihm etwas Besonderes geben. Damit ihn etwas unterscheidet von den anderen, die … die dableiben müssen, in der Klinik.«
    Der Motor der Gaia brummte in den Tiefen des Rumpfes. Vor dem Bug rauschte die Gischt. Die monotonen Geräusche hatten etwas Beruhigendes.
    »Sie haben gesagt, es sei meine Entscheidung.« Sie kratzte mit dem Zeigefinger über ihren Daumennagel und konnte nicht mehr damit aufhören. »Sie haben gesagt: Du musst wissen, was du tust.« Ihre Stimme blieb ganz ruhig. »Aber ich wusste gar nichts. Ich hatte Angst, dass sich niemand mit mir freut, wenn das Kind da ist. Ich dachte, mit ihm bin ich erst recht allein. Aber nicht andere Menschen bestimmen, ob man sich allein fühlt, sondern nur man selbst. Nur wusste ich das damals noch nicht. Darum ist Nathaniel jetzt tot.«
    Alessandro schwieg. Die Insel kam näher. Die Dunkelheit auch.
    »Das mit dem Namen hat mir geholfen«, sagte sie. »Und wenn ich mir vorgestellt habe, wie er später einmal ausgesehen hätte. Weil er so zu einem Menschen geworden ist, und Menschen können einem einen Fehler verzeihen. Ganz egal, wie schlimm er ist – sie können einem vergeben.«
    Die Insel lag wie ein schwarzes Portal in der Dämmerung, dem die Jacht unaufhaltsam entgegenglitt. Rosa drehte den Kopf, bis sie Alessandro nicht mal mehr aus dem Augenwinkel sehen konnte.
    »Irgendwann hast du aber eine Entscheidung getroffen«, stellte er fest.
    »Es gibt nur Rot oder Schwarz.«
    »Rot oder Schwarz?«
    »Wie beim Roulette. Das eine ist nicht richtiger als das andere. Du kannst noch so lange darüber nachdenken, welche Farbe eher gewinnen wird, helfen tut es dir nicht. Du überlegst hin und her, aber letztlich hast du keinen Einfluss.«
    Er zögerte kurz. »Aber wenn du einmal nur an dich selbst denkst, nicht an ihn – bereust du es dann?«
    »Ich denke seitdem nur noch an mich.«
    »Und das ist gut oder schlecht?«
    »Es ist einfach so. Man kann das nicht werten.«
    Nun sah sie doch am Rande ihres Blickfeldes, dass er kaum merklich nickte, und sie hatte wieder das Gefühl, dass sie ihn viel zu nah an sich heranließ.
    »Und der Vater?«, fragte er.
    »Keine Ahnung.«
    Er ließ ihr Zeit, wartete, bis sie schließlich von selbst weitersprach.
    »Ich war auf einer Party«, sagte sie. »Jemand hat mir was in meinen Cocktail getan. Mehr weiß ich nicht. Ganz schön unspektakulär, hm?«
    Zum ersten Mal zeigte er eine offene Regung und es tat ihr gut, dass es Zorn war. Reiner, brodelnder Zorn, der so sehr ihrem eigenen ähnelte. »Er hat dich vergewaltigt.«
    »Einer. Mehrere. Jedenfalls war es keine unbefleckte Empfängnis … Spermaspuren haben sie nur von einem entdeckt. Aber ich erinnere mich an überhaupt nichts. Irgendwer hat mich auf einem Bürgersteig gefunden und den Krankenwagen gerufen. Das haben sie mir später erzählt. Als ich wach wurde, lag ich in einem Bett und alles war sauber und steril und meine Mutter hielt meine Hand und heulte wie ein Schlosshund.« Sie lächelte bitter. »Weißt du, was mein erster Gedanke war? … Dass ich bestimmt jahrelang im Koma gelegen hätte, so wie im Film, wenn die Leute irgendwann aufwachen, und alle, die sie kannten, sind zwanzig Jahre älter und China hat in der Zwischenzeit Amerika erobert. Meine Mutter sah wirklich verdammt alt aus. Kurz darauf wurde mir dann aber klar, dass das nur von ihrer Heulerei kam und sich gar nichts geändert hatte. Es war einfach nur ein paar Stunden später und alles war noch genauso wie vorher. Mit diesem klitzekleinen Unterschied in mir drin.«
    »Wer hat dir geraten das Kind abzutreiben? Deine Mutter?«
    »Sie auch. Dann die Ärztinnen. Die Psychologin. Es ist natürlich deine Entscheidung , haben sie gesagt und das große Aber dahinter stand ihnen ins Gesicht geschrieben. Nur hat es keiner ausgesprochen … Die Einzige, die mir was anderes vorgeschlagen hat, war Zoe: Am besten, du kommst einfach her und lässt es auf dich zukommen . Sie war damals schon seit einem Jahr auf Sizilien.«
    »Kein Mensch lässt so was einfach auf sich zukommen.«
    »Das ist eben Zoe. So ist sie. Und ich glaube, sie hätte an meiner Stelle genau das getan: abgewartet, bis die Entscheidung von selbst fällt und sie keine andere Wahl mehr hat, als das Kind zur Welt zu bringen.« Sie zupfte am Nagelbett ihres Daumens, obwohl es bereits blutete. »Aber ich bin eben nicht Zoe. Ich hab etwas getan und es war das Falsche.«
    »Finde ich nicht.«
    Sie fand es mutig von

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