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Arkadien 01 - Arkadien erwacht

Titel: Arkadien 01 - Arkadien erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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eingekleidet, um danach nie wieder einen Gedanken an neue Garderobe zu verschwenden: eine beige Stoffhose, ein dunkler Pullover, darüber eine dünne silberne Kette mit einem daumennagelgroßen Anhänger. Zum Aufklappen, vermutete Rosa, mit einem Foto ihres Kindes; wahrscheinlich bekam sie es nur noch an den Wochenenden bei ihrem Exmann zu sehen.
    »Mein Name ist Quattrini«, sagte sie und streckte Rosa eine schmale Hand entgegen. »Richterin Quattrini. Ich leite die Untersuchungen gegen Ihre Tante Florinda Alcantara.«
    »Verhaften Sie mich wegen drei gestohlener Schokoriegel? Oder kann ich gleich wieder gehen?«
    »Ich weiß eine Menge über Sie.«
    »Was wollen Sie?«
    Die Richterin hatte ein schwarzes Muttermal auf der linken Wange. Ihre Augen waren von verästelten Fältchen umrahmt; sie sah aus, als bekäme sie zu wenig Schlaf. »Ich möchte Sie bitten, für mich zu arbeiten.«
    Rosa verschluckte sich fast. »Sie wollen, dass ich meine Tante für Sie ausspioniere? Sie haben sie ja nicht mehr alle.«
    »Nein.« Quattrini lächelte freudlos. »Nicht Ihre Tante. Über die weiß ich mehr als genug. Tatsächlich ist genau das ein Teil des Handels, den ich Ihnen vorschlagen möchte. Ich halte die Beweise gegen Florinda Alcantara zurück, wenn Sie dafür mit mir zusammenarbeiten.«
    »Ich hab keine Ahnung, worauf Sie hinauswollen.«
    »Die Person, über die wir mehr erfahren möchten, ist nicht Ihre Tante.« Die Richterin machte einen Schritt auf sie zu. Rosa war nicht groß, aber sie überragte die Frau um einen halben Kopf. »Mein Interesse gilt einem anderen. Sie kennen ihn gut, soweit ich weiß. Sein Name ist Alessandro Carnevare.«

Schwestern
    G egen neun Uhr abends landete die Maschine aus Rom in Catania. Wenig später rasten Rosa, Zoe und Lilia in einem schwarzen Mercedes durch die Dämmerung, die Schnellstraße 417 hinab in südwestliche Richtung; Florinda war nach wie vor mit dem Helikopter unterwegs, darum hatten sie sich von einer Limousine der Alcantaras abholen lassen. Sie setzten Lilia in Caltagirone ab, einem verwinkelten Bergstädtchen, in dessen Altstadt sie mit ihrem Vater und einem jüngeren Bruder wohnte.
    Eine halbe Stunde später, gegen elf, bog die Limousine in die lange Auffahrt zum Palazzo Alcantara ein und hielt schließlich am Fuß der steinernen Doppeltreppe im Innenhof. Der Fahrer lud das Gepäck aus, deutlich mehr als bei ihrem Aufbruch. Zoe hatte kurzerhand für sie beide eingekauft und gab Anweisungen, welche Taschen mit den Logos der Modedesigner in welches Zimmer gehörten. Rosa stand schweigend dabei und beobachtete ihre Schwester.
    Der Mann war mit der ersten Ladung im Haus verschwunden, als Rosa Zoe am Arm berührte. »Können wir noch einen Spaziergang ums Haus machen? Ich muss mit dir reden.«
    »Wenn es wegen der Sache im Club ist –«
    »Es geht um die Familie.«
    Zoe musterte sie erstaunt, als hätte sie bis dahin erfolgreich verdrängt, woher all das Geld stammte, das sie gerade auf Roms Via Condotti ausgegeben hatte. »Das kann nicht bis morgen warten, oder?«
    »Morgen ist Florinda wieder da und wird mir stundenlang Vorhaltungen machen, weil ich mit Alessandro unterwegs war.«
    »In meinem Auto.«
    »Das keinen Kratzer hat.«
    Zoe sah sie mit einem Mal sehr ernst an. »Kratzer am Auto sind mir egal. Aber was ist mit meiner kleinen Schwester?«
    Rosa lächelte. »Nenn sie noch mal so und sie kratzt dir die Augen aus.«
    Sie schlenderten aus dem Innenhof durch das vordere Tor. Vor ihnen lag der ausgetrocknete Brunnen im Licht der Scheinwerfer. Das steinerne Becken war noch immer mit den leeren Vogelnestern gefüllt. Zwischen den Ästen raschelte es.
    »Mäuse«, sagte Zoe.
    »Oder Schlangen«, schlug Rosa vor.
    Zoe schwieg. Sie gingen an der Westseite des Palazzo vorbei, unterhalb der riesigen Terrasse. Ein kühler Wind strich den Berghang herauf und trug den Duft von Lavendel und Zitronenbäumen mit sich. Immer wenn sie in den Radius des nächsten Bewegungsmelders traten, flammten neue Lampen auf; einige waren an den hohen Palmen befestigt, die an dieser Seite das Anwesen flankierten.
    »Ich hab mit dem alten Mann gesprochen«, sagte Rosa. »Du hättest mir einfach sagen können, dass er mich sehen will, statt dieses Versteckspiels im Wald.«
    »Er hat es so gewollt«, gab Zoe tonlos zurück. »Hier gehorcht man, wenn Salvatore Pantaleone etwas befiehlt. Hat er dir gesagt, was er ist?«
    »Der capo dei capi .«
    »Einer der meistgesuchten Männer Italiens – vielleicht

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