Arkadien 01 - Arkadien erwacht
Menschen.
Der Mann auf ihr stieß plötzlich einen Schrei aus. Abrupt wurde er zur Seite gerissen, als ein Faustschlag seinen Schädel traf und gleich darauf ein Tritt in seine Rippen krachte. Noch mehr Stimmen und Geschrei, ein wilder Aufruhr erfasste die gesamte Arena. Mit einem Mal war sie frei, wurde gepackt und am Oberarm auf die Füße gezogen.
»Alessandro?«, brachte sie keuchend hervor.
Er legte einen Arm um ihre Taille und zog sie fest an seine Seite. »Lass mich das machen.«
Mehrere Männer kamen bedrohlich auf sie zu. Die Waffen in ihren Händen waren noch nicht auf Alessandro gerichtet, aber ihre Mienen ließen wenig Zweifel daran, dass sie zu allem bereit waren und nur auf einen Anlass warteten. Aber ihnen näherten sich nun andere Männer mit gezogenen Pistolen.
Der Löwe hielt in seinem Toben inne, warf den gewaltigen Schädel nach hinten und stieß ein markerschütterndes Brüllen aus. Blut glänzte an seinem Maul, verklebte das Fell und die Lefzen, reichte über seine Augen bis hinauf zur Mähne.
»Sie hat das Konkordat gebrochen!«, rief der Mann, der noch immer neben Tanos Leichnam kniete, die eine Hand unter seinem Jackett am Schulterholster seiner Pistole.
»Das ist wahr«, stimmte ein anderer zu und zu Rosas Entsetzen war es einer der Männer, die Alessandro und sie vor den Übrigen beschützten. Er starrte sie an und deutete dann auf den Revolver am Boden. »Sie hat geschossen. Eine Alcantara hat Carnevare-Blut vergossen.«
Das ist nicht wahr!, wollte sie rufen. Nicht wahr! Aber letztlich spielte es keine Rolle. Lilia hatte Tano getötet, um sie zu retten. Rosa hätte ebenso gut selbst abdrücken können.
Der Löwe wandte sich um, ließ das zerfetzte Menschenbündel am Boden zurück und wandte sich Rosa und Alessandrozu. Cesares Männer machten Platz, als die riesige Raubkatze durch ihre Mitte fegte und keine drei Meter vor den beiden zum Stehen kam.
Alessandro fixierte das Biest mit kaltem Blick. »Wag das ja nicht, Cesare. Sie war es nicht, du hast das genauso gesehen wie ich!«
Sie verstand nicht, warum er hier war, warum sie alle so plötzlich aufgetaucht waren. Sie hatte Schmerzen am ganzen Körper, ihre Prellungen und Schürfwunden von der Isola Luna meldeten sich zurück und dazu kamen die neuen.
Der Löwe näherte sich. Aber Alessandro wich nicht zurück, hielt Rosa mit einem Arm umfasst und gestikulierte mit dem anderen in die Richtung seiner Gefolgsleute.
»Rosa Alcantara hat nicht geschossen!«, rief er ihnen zu.
Einer von Cesares Männern spie aus. »Du beschützt eine von denen? Dein Vater hätte dich dafür getötet.«
Alessandro starrte ihn zornig an. »Mein Vater war euer capo , weil er die Nerven behalten hat und sich nicht von Wut und Trauer zu Dummheiten hat hinreißen lassen! In ein paar Wochen werde ich es sein, dem ihr folgt. Und ich werde sein Ansehen nicht in den Dreck ziehen, indem ich tatenlos zusehe, wie Cesare eine Unschuldige umbringt.«
»Er hat Recht«, sagte einer seiner Getreuen. »Ich hab es auch gesehen. Die andere hat geschossen.«
»Ich kannte sie«, meldete sich der Mann neben Tanos Leichnam zu Wort. »Sie hat sich ständig mit Zoe Alcantara herumgetrieben. Sie gehört zu denen und darum spielt es keine Rolle, wer von beiden abgedrückt hat. Die Alcantaras haben Tano ermordet. Nur das zählt.«
Ein grauenvolles Brüllen drang aus dem Schlund des Löwen, in das sich der Wutschrei eines Menschen mischte. Die Züge der Raubkatze verschoben sich, ihr Körper veränderte seine Proportionen und stellte sich unter Ziehen und Knirschen aufrecht. Noch war sein Körper dicht mit Fell bedecktund auch die Mähne entwickelte sich nur langsam wieder zurück.
Irgendwo im Dunkeln knallte ein Kofferraumdeckel, und gleich darauf eilte einer der soldati mit einem schneeweißen Bademantel heran. Vielleicht war das der bizarrste Augenblick – der Moment, in dem der rot besudelte Cesare Carnevare sich den weißen Mantel umlegen ließ, als wäre er gerade einem Bad im Blut entstiegen.
Cesare stieß den Mann beiseite und trat bis auf eine Armlänge an Rosa und Alessandro heran. Seine Gesichtsmuskeln zuckten. Das Blut bedeckte seine Züge wie die Kriegsmaske eines Samurai.
»Das Konkordat besitzt keine Gültigkeit mehr«, brachte er mühsam hervor, als hätten seine Stimmbänder noch nicht vollständig zu ihrer menschlichen Form zurückgefunden. »Es ist einseitig gebrochen worden, und uns ist es erlaubt, mit allen nötigen Mitteln zurückzuschlagen.«
Ein
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