Arkadien 03 - Arkadien fällt
Methoden gemacht hatte.
Aber im Augenblick interessierte sie sich nicht für die Vergangenheit. Alles, was sie wollte, war Alessandro. Ihn und viele Antworten.
Während sie in einer Staubwolke hinaus auf die Hochebene rumpelte, vorbei an einem zerfallenen Wachhäuschen und über Eisengitter im Boden, dachte sie, dass es naiv gewesen war, anzunehmen, er könnte es bis in diese Einöde geschafft haben. Sie selbst hatte fast zwei Tage gebraucht, um von der Insel hierherzugelangen, und sie hatte nicht erst von der Stabat Mater fliehen müssen. Hatte sie sich falsche Hoffnungen gemacht? Verzweiflung packte sie und ihre Hände am Steuer begannen zu beben.
Sie passierte eine Reihe aus Beton- und Stahlpfosten. Den Stacheldraht dazwischen mochten Bauern aus der Umgebung gestohlen haben oder auch die Mafiosi von Corleone für ihre Festungen in der Stadt. Ein paar verbogene Spiralen ragten wie Knochen halb begrabener Tiere aus dem Boden. An einigen hing zerfetzte Plastikfolie, die der Wind im Laufe der Jahre über die Ebene herangeweht hatte.
Bis zu den Felsen im Zentrum der Anlage waren es noch einige Hundert Meter, als sie an den ersten gesprengten Gebäuden vorüberkam. Es schien sich um ehemalige Hallen zu handeln, Unterstände für Fahrzeuge und militärisches Gerät. Übrig geblieben waren nur Bodenplatten aus Beton, teils verschüttet von umgestürzten Mauerresten und verbogenen Eisenträgern.
Der Weg war jetzt asphaltiert, der Belag jedoch so brüchig, dass sie genauso durchgeschüttelt wurde wie zuvor auf dem Feldweg. Ein Schwarm Vögel zog über den Himmel und verschwand hinter den Gebäuden. Aus dieser Entfernung konnte sie die Größe nicht abschätzen. Nur Krähen hoffentlich.
Zuletzt ging es bergauf, erneut an einem zerstörten Wachhäuschen vorbei.
Wind und Staub hatten den Mörtel aus den Fugen geschmirgelt, Tür- und Fensterrahmen der Baracken waren ausgebleicht von der unerbittlichen Sonne. Einige Scheiben waren zerbrochen, die meisten jedoch unversehrt. Es waren sechs oder sieben Häuser, alle eingeschossig und eng nebeneinandergebaut. Nichts ließ darauf schließen, dass auch nur eines davon noch genutzt wurde.
Der Weg führte um eine Biegung auf einen kleinen Platz zwischen den Baracken. Rosa trat abrupt auf die Bremse. Die Reifen wirbelten noch mehr Staub auf. Er verschleierte den Blick durch die Windschutzscheibe.
Am Rand des Platzes, in schmalen Schneisen zwischen den Gebäuden, standen zwei Fahrzeuge. Das eine sah aus wie ein alter Militärjeep, schlammfarben, verrostet und mit blinden Fenstern. Das andere war ein moderner BMW-Geländewagen, schwarz, leicht eingestaubt, aber nicht schmutziger als Rosas Honda.
Sie setzte ein Stück zurück und parkte im Schutz eines Hauses. Vielleicht wäre es am besten gewesen, sich zu verwandeln und als Schlange die Anlage zu erkunden. Andererseits hätte sie dann auf die Pistole verzichten müssen, und das wollte sie auf gar keinen Fall.
Noch einmal schaute sie sich aufmerksam um, dann stieg sie aus. Mit der Waffe im Anschlag näherte sie sich den beiden Fahrzeugen. Der Militärjeep schien seit Jahren nicht bewegt worden zu sein, er war im Inneren fast ebenso verdreckt wie von außen. Der Staub war durch sämtliche Ritzen gedrungen und hatte sich auf den Armaturen und Sitzen abgelagert. Nach kurzem Zögern probierte Rosa den Türgriff aus. Nicht abgeschlossen. Sie griff unter das Steuer und zerrte mit einem Ruck das Zündkabel heraus.
Anschließend umrundete sie das Gebäude, um zum BMW in der nächsten Schneise zu gelangen. Sie hätte den kürzeren Weg über den Platz nehmen können, wollte aber versuchen, einen Blick ins Innere des Hauses zu werfen. Vorsichtig tastete sie sich an das erste Fenster heran und kratzte mit der Fingerspitze die Staubkruste vom Glas. Der Raum schien leer zu sein. Kahle Wände, keine Möbel.
Vorsichtig näherte sie sich durch die Gasse zwischen den Häusern dem schwarzen BMW. Die Front des Wagens wies in ihre Richtung. Sie hielt die Pistole in beiden Händen und zielte mit ausgestreckten Armen auf die Fahrerseite. Noch konnte sie nicht sehen, ob sich jemand im Wagen befand.
Noch fünf Meter. Dann drei. Sie rechnete jeden Augenblick damit, dass der Motor aufheulte und der BMW einen Satz nach vorn machte. In der engen Gasse hätte sie ihm nicht einmal ausweichen können. Ihre Waffe blieb auf die Windschutzscheibe gerichtet, sie glaubte jetzt den Umriss der Kopfstütze zu erkennen. Zumindest saß niemand am Steuer.
Die
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