Arkadien 03 - Arkadien fällt
Drohung gewesen. Aber ich hab Davides Leiche mitgenommen … Florinda hat sie mir gegeben . Sie wusste, dass nur Steine in dem Sarg lagen, weil wir – sie und ich gemeinsam – sie hineingelegt haben …«
Vielleicht hätte sie das ahnen müssen. Aber es änderte nichts mehr. »Florinda ist tot und du bist es auch.« Sie stand auf. »Hast du es eigentlich gefunden?«
»Was …?«
»Das Heilmittel. Für dein Herz.«
Da verzog sich sein Gesicht zu einem boshaften Grinsen. »Du hast Angst , kleine Rosa … Du hast eine Scheißangst, dass es dir irgendwann genauso ergeht … wie Davide, diesem Feigling! Hat sich vor der Verantwortung gedrückt … Ist nach New York abgehauen … und dann, später, noch einmal … Hatte so eine Angst, mich zu treffen, dass es ihm das Herz zerfetzt hat …«
Sie legte auf sein Gesicht an. Er hatte dem Leichnam ihres Vaters in die Stirn geschossen. Was hinderte sie daran, ihm das Gleiche anzutun? Fast ein wenig erschrocken wurde ihr klar, dass sie es genoss. Die Macht, die sie über ihn hatte. Die gleiche Macht, die er ausgeübt hatte, als er neben ihr und Tano gestanden hatte, in dem Apartment in New York.
Wir bezahlen Sie nicht für Ihr Vergnügen.
Es wäre so leicht gewesen abzudrücken. Ihm damit alles heimzuzahlen und ihn ein für alle Mal auszulöschen.
Langsam senkte sie die Waffe wieder. Er würde ohnehin sterben, schon jetzt hatte er Unmengen Blut verloren. Die Abdrücke ihrer Schuhsohlen waren tiefrot. Sie wurden bereits zu Eis.
Sie wandte sich ab und schob den Plastikvorhang beiseite.
»Rosa …!«
Sie trat hindurch und ging an den Regalen mit den gefrorenen Klarsichttüten vorbei.
»Lass mich nicht hier!«
Mit entschlossenen Schritten verließ sie den Kühlraum und schob die schwere Stahltür hinter sich zu. Ihr Blick fiel auf eine Anzeige neben dem Eingang. Zehn Grad unter null. Mit einem Knopfdruck senkte sie die Temperatur auf zwanzig Grad minus. Dann betätigte sie den Schließmechanismus und hörte, wie die Riegel einrasteten.
Benommen durchquerte sie den Saal. Als sie draußen auf dem Korridor das Zimmer mit den Monitoren passierte, fiel ihr etwas ein. Mit einem Blick auf den Durchgang zur großen Halle – kein Anzeichen von Sigismondis – betrat sie den Computerraum. Zielstrebig ging sie zu dem altmodischen Bildschirm mit den orangen Buchstabenreihen. Auf dem Laptop daneben lief noch immer der Nachrichtensender. Davor stand ein Schreibtischstuhl auf Rollen.
Ihr war schwindelig, als sie sich setzte und die Worte auf dem älteren der beiden Monitore überflog. Es handelte sich um Namen, alphabetisch geordnet. Hinter jedem befand sich ein Datum aus den letzten vier Jahrzehnten. Darauf folgten Zeichenkombinationen, mit denen sie nichts anfangen konnte. Möglicherweise die Plätze in den Regalen, an denen die Überreste der jeweiligen Person eingelagert worden waren.
Es gab keine Maus an dem Gerät. Sie scrollte eine Weile mit den Pfeiltasten nach unten, erschüttert über die unfassbare Menge an Männern und Frauen in dem Verzeichnis. Allein die Namen, die mit A begannen, nahmen drei Bildschirmlängen ein.
Statt weiter manuell zu suchen, tippte sie den Namen ihres Vaters in ein Feld am oberen Monitorrand. Sein Eintrag erschien ein paar Sekunden später.
Davide Alcantara . Dahinter ein Datum von vor vierzehn Jahren. Der Todestag, den man ihrer Mutter genannt hatte, war eine knappe Woche früher gewesen; das Datum auf dem Bildschirm bezeichnete demnach die Ankunft der Leiche hier in der Station. Darauf folgte das gleiche Kauderwelsch aus Zahlen und Buchstaben wie bei den anderen Einträgen. Sie war jetzt sicher, dass dies den Platz im Archivsaal bezeichnete, an dem sie einen Behälter mit seinem Herzen finden würde. Oder mit dem, was davon übrig war, nachdem Sigismondis und Apollonio ihre Untersuchung beendet hatten.
Eine Weile lang starrte sie die Anzeige auf dem Bildschirm an, als sie durch einen Nachrichtenbeitrag auf dem Laptop abgelenkt wurde. Verwackelte Filmbilder aus dem Fenster eines Hubschraubers, der über ein graues Meer flog, einer Rauchsäule am Horizont entgegen. Dann ein Schwenk auf eine Reporterin, die mit einem Mikrofon in der Hand versuchte, gegen den Rotorenlärm anzubrüllen. Der Ton des Laptops war ausgeschaltet, Rosa verstand nicht, um was es ging. Egal.
Sie schaute zurück auf den Listeneintrag ihres Vaters. Zögernd schwebten ihre Fingerspitzen über der Tastatur, dann löschte sie seinen Vornamen aus dem
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