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Arkadien 03 - Arkadien fällt

Arkadien 03 - Arkadien fällt

Titel: Arkadien 03 - Arkadien fällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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sie die Plattform und machten sich auf den Weg, den Flammen entgegen. Noch ließ sich nicht erkennen, ob der Helikopter mitten im Dorf oder dahinter abgestürzt war.
    Einmal blickte sie an der titanischen Staumauer empor. Das Bauwerk schien sich über sie zu beugen. Nur eine optische Täuschung, aber sie erhöhte ihre Unruhe und gab ihr das Gefühl, dass irgendetwas aus der Finsternis ihr nachstarrte, unsichtbar im tiefen Schatten. Vielleicht die Mauer selbst, das neue Monument des ersten und wahren Hungrigen Mannes.
    Es war nicht weit bis zum Dorf. Ein Teil, der zu nah am Damm gelegen und die Bauarbeiten behindert hatte, war abgerissen worden, aber fünfzehn oder zwanzig Gebäude standen noch. Es gab keine Grundstücksbegrenzungen mehr, auch die Straßen waren unter einer Schicht aus getrocknetem Schlick verschwunden. An manchen Fassaden reichte der Schlamm bis zu den unteren Fenstern wie schwarze Schneeverwehungen.
    Eine ausgeschlachtete Landmaschine stand als bucklige Silhouette zwischen zwei Hausruinen. Rosa ging schneller, um das rostige Riesending hinter sich zu lassen. Die Scheinwerfer schienen jeden Moment zu neuem Leben erwachen zu wollen, um sie mit ihrem bleichen Licht zu erfassen.
    Der Helikopter war in eines der Bauernhäuser am Ortsausgang gestürzt. Er brannte lichterloh, aber die Explosion war nicht stark genug gewesen, um die letzten Mauerreste der Ruine zum Einsturz zu bringen. Das Cockpit stand in Flammen, Teile der zerschellten Rotoren lagen im Umkreis verstreut. Dem Piloten und dem Kameramann war nicht mehr zu helfen, inmitten des lodernden Stahlgerippes verbrannten ihre Leichen.
    Wie lange mochte es dauern, bis eine Rettungsmannschaft eintraf? Vom nächsten Krankenhaus hierher dauerte es wegen der kurvigen Bergstraßen mindestens eine Stunde, selbst ein Sanitätshubschrauber würde eine ganze Weile bis in diese entlegene Gegend brauchen.
    Sie blickten aus sicherem Abstand in die Flammen, als Alessandro eine lauernde Haltung einnahm, leicht vorgebeugt, die Augen verengt, die Nase angehoben.
    »Er ist nicht mehr da drinnen«, sagte er düster.
    Mit zusammengekniffenen Augen starrte Rosa auf das Wrack. »Wie kannst du das sehen?«
    »Ich kann ihn riechen.«
    Trotz der Hitze fröstelte sie. Alles, was sie wahrnahm, war brennender Treibstoff und geschmolzenes Plastik.
    Sie hob die Pistole und schaute sich um. »Welche Richtung?«
    Er schnüffelte und witterte, dann deutete er an den Flammen vorbei. »Da drüben. Er blutet.«
    Als er ihr einen fragenden Blick zuwarf, nickte sie. Rasch streifte er Hemd und Hose ab. Schwarzes Pantherfell mäanderte über seinen Körper, umschloss seine Glieder, noch während sie sich verformten und er auf allen vieren zu Boden sank. Als er loslief, waren seine Bewegungen elegant und fließend, sein seidiges Fell glänzte im Feuerschein.
    Sie blieb Mensch, um nicht auf die Pistole verzichten zu müssen. Eigentlich war es längst an der Zeit, mehr Vertrauen in ihre Fähigkeiten zu haben. Trotzdem lag etwas Beruhigendes im Gewicht der Waffe. Notfalls konnte sie noch immer blitzschnell zur Schlange werden.
    Im Gehen klaubte sie seine Kleidung vom Boden und nahm sie mit. Alessandro lief als Panther voraus, aber nicht zu schnell, damit sie in seiner Nähe bleiben konnte. So machten sie einen Bogen um das lodernde Wrack und verließen das Geisterdorf in Richtung der Berghänge.
    Sie waren noch nicht weit gekommen, keine hundert Meter, als der Panther innehielt. Er wandte sich zu ihr um, stupste sie mit der Schnauze an und gab ihr zu verstehen, sie solle hier warten.
    »Vergiss es«, sagte sie und setzte sich entschlossen wieder in Bewegung. Beinahe meinte sie ihn seufzen zu hören, als er sie überholte und wieder vorauslief. Der Feuerschein reichte kaum noch bis zu ihnen, aber sie hatten den Schatten der Staumauer verlassen und befanden sich jetzt im Silberlicht des Mondes.
    Der riesige Wolf lag auf der Seite, inmitten einer Mulde. Noch immer stieg Rauch von den Stellen auf, an denen sein Fell verbrannt war, an einer Flanke und auf dem Rücken. Sein Schwanz war verkohlt und klemmte zwischen seinen Hinterbeinen. Aus einem offenen Bruch an einem der Vorderläufe ragten Knochensplitter. Blut lief aus seinem Maul und sickerte glitzernd in den dunklen Staub. Er lag im Sterben und wahrscheinlich wusste er das so gut wie sie.
    Drei Meter vor ihm blieb Rosa stehen und hob die Pistole. Alessandro umrundete ihn und erntete ein heiseres Röcheln. Er kehrte an Rosas Seite zurück, setzte

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