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Arkadien 03 - Arkadien fällt

Arkadien 03 - Arkadien fällt

Titel: Arkadien 03 - Arkadien fällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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rund um das Gebäude erkannt, mehr Einzelheiten des Kommen und Gehens, das bis zum späten Nachmittag nicht nachließ. Erst dann wurde es ruhiger. Die Polizisten, die zur Überwachung abgestellt waren, blieben in ihren Wagen auf dem Vorplatz sitzen, nur vereinzelt machte jemand einen Rundgang um das Hotel.
    Auch Alessandro hatte sich noch nicht wieder zurückverwandelt. Ihr gefiel seine Geschmeidigkeit als Raubtier, das Spiel seiner Muskeln unter dem glänzenden Fell. Das spöttische Funkeln konnte selbst die Metamorphose nicht aus seinen Katzenaugen vertreiben. Wenn Rosa ihn lange genug mit ihrem Bernsteinblick ansah, bemerkte sie ein feines Zittern seiner sensiblen Schnurrhaare, so als erkenne er etwas in ihr, das ihn bis ins Innerste berührte. Je länger sie ihn kannte, desto weniger wichtig war es, ob er ihr als Mensch oder Tier gegenüberstand. Den majestätischen Panther liebte sie ebenso sehr wie den Jungen mit dem verschmitzten Grübchenlächeln.
    Als schließlich die Dämmerung hereinbrach, beschloss Rosa, sich wieder zurückzuverwandeln. Sie schlängelte sich hinab auf den Boden, wo das Buschwerk sie vor Blicken vom Hotel schützte. Dort wurde sie zum Menschen, lag erst auf der Seite, streckte sich ausgiebig und lehnte sich schließlich mit dem nackten Rücken gegen den Stein. Sie zog die Knie an, legte die Arme darum und beobachtete, wie Alessandros Verwandlung einsetzte. Im Gegensatz zu ihr behielt er alle Schrammen und Schnitte bei, die er sich bei der Flucht durchs Dickicht zugezogen hatte.
    »Lass mal sehen«, sagte sie, als sie eine Wunde an seiner Hüfte entdeckte. Er war drauf und dran, die Verletzung zu lecken, so wie er es als Tier getan hätte, aber dann erlosch der Reflex zusammen mit den Resten seiner Katzenexistenz. Rosa beugte sich vor und betrachtete den Riss in seiner gebräunten Haut. Er war nicht tief. Die Blutkruste, die sich bei der Metamorphose geöffnet hatte, würde die Wunde bald wieder schließen.
    »Geht schon«, sagte er, setzte sich neben sie und legte einen Arm um ihre Schultern. Sie kuschelte sich an ihn und spürte ihn wieder sanft erbeben.
    Gegen Abend war es kühler geworden. Ihre Kleidung hatten sie unten im Dickicht zurücklassen müssen. Bald würde ihnen keine andere Wahl bleiben, als sich wieder zu verwandeln, damit sie die Kälte besser ertrugen.
    »Glaubst du, dass er wirklich da unten ist?«, fragte sie. »Irgendwo im Hotel?« Nur in wenigen Fenstern brannte hinter geschlossenen Läden Licht. Falls der Mann an der Rezeption die Wahrheit gesagt hatte, wies Fundlings Zimmer nach vorne hinaus. Von hier oben aus konnten sie es nicht sehen.
    »Allmählich halte ich so ziemlich alles für möglich.«
    »Dass die Polizei so schnell hier war, spricht jedenfalls dafür.« Rosa hatte stundenlang Zeit gehabt, über alles nachzudenken. »Diese Geschichte im Leichenschauhaus, die Naht in seiner Brust, dieses ganze Schmierentheater mit einem toten Fundling, der gar nicht tot war … Quattrini muss davon gewusst haben. Wahrscheinlich war es sogar ihre Idee.« Die Erinnerung an die Richterin weckte ambivalente Gefühle in ihr, Trauer und einen Vorwurf, den sie noch gar nicht in Worte fassen konnte. »Wenn wir wirklich glauben sollten, dass er nicht mehr lebt, dann musste sie uns seine Leiche präsentieren. Er hat sich tot gestellt, vielleicht haben sie ihn auch kurz in Narkose gelegt. Jedenfalls wollte er, dass wir ihn für tot halten. Und anschließend hat er seine Nachforschungen fortgesetzt, hier im Hotel, wo seine Eltern ermordet worden sind. Quattrini hätte ihn wohl kaum von sich aus hier untergebracht, das muss sein Wunsch gewesen sein. Festa und Stefania wussten natürlich ebenfalls davon, wahrscheinlich haben sie sogar alles in die Wege geleitet. Und als Stefania vom Kofferraum aus mit angehört hat, dass wir zu einem Hotel nach Agrigent fahren – da war ihr klar, zu welchem. Wir mussten den Namen gar nicht laut aussprechen. Sie hat Festa angerufen und der wusste sofort, wo er uns finden würde. Unser Glück war nur, dass er ein paar Minuten später angekommen ist als wir. Sonst wären wir ihnen direkt in die Arme gelaufen.«
    Alessandro nickte. »Glaubst du, Fundling hatte vor mir Angst?«
    »Weil er für Quattrini gearbeitet hat?«
    »Er hat das Gesetz des Schweigens gebrochen. Alle Clans hätten ihn dafür getötet. Er muss aus dem Koma erwacht sein, ist fortgelaufen und –«
    »Nein«, unterbrach sie ihn. »Kein Mensch steht nach fünf Monaten Koma einfach auf

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