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Arkadien 03 - Arkadien fällt

Arkadien 03 - Arkadien fällt

Titel: Arkadien 03 - Arkadien fällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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das Kauen, die Untätigkeit, ihre eigene Unentschlossenheit. Hasste vor allem ihren Gewissenskonflikt, den sie selbst nicht verstand. Aliza war diejenige gewesen, die Quattrini zerfleischt hatte. Sie war eine kaltblütige Mörderin, daran änderten auch ihre süßen Sommersprossen nichts. Sie hatte Rosa im Flug in den Transporter geschleudert und es war ihr gleichgültig gewesen, ob sie sich dabei alle Knochen brach. Aliza hatte kein Mitleid verdient, und es dauerte eine ganze Weile, ehe Rosa begriff, dass es auch gar kein Mitgefühl war, das ihr derart zu schaffen machte.
    Was sie so aufwühlte, hatte nichts mit der jungen Frau dort hinten zu tun. Nur mit Alessandro. Er fügte Aliza Schmerzen zu, nachdem er ihr erneut das Serum injiziert und sie gefesselt hatte. Er führte sich auf wie ein verdammter Folterknecht – zumindest malte sie es sich so aus, weil sie es zu ihrem eigenen Ärger nicht fertigbrachte, einfach auszusteigen und nachzusehen. Shit, sie hätte nur die Sichtluke entriegeln und einen Blick hindurch werfen müssen.
    Aber sie saß da, kaute sich die Nägel kurz und kam sich unnütz und kindisch vor. Es war unfair, ihm Vorwürfe zu machen. Er tat, was getan werden musste, damit sie am Leben blieben. Er tat es für sie, für Rosa, noch viel mehr als für sich selbst.
    Und trotzdem kam sie nicht klar damit. Sie liebte ihn. Und sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er die Härte, die zum Überleben eines capo nötig war, schon sehr viel früher bewiesen hatte als sie selbst. Er hatte Cesare besiegt, mehrere Widersacher beseitigen lassen und erst vor ein paar Stunden Saffira getötet. Rosa verurteilte ihn nicht, natürlich nicht. Sie selbst hatte Michele Carnevare erschossen und es nicht eine Sekunde lang bereut.
    Aber Alizas Schreie setzten ihr dennoch zu, und es half kein bisschen, dass sie das Radio nun wieder lauter stellte, das Fenster bis zum Anschlag öffnete und das Gesicht in die kühle Meeresbrise hielt.
    Gar nichts half.
    Was dort hinten geschah, war richtig und zugleich falsch. Womöglich würde es dazu beitragen, dass sie beide diese Sache heil überstanden. Sie fragte sich nur, ob dies hier nicht Spuren hinterließ, die sich erst viel später zeigen würden.
    Schließlich nahm sie eines der beiden Handys aus der Reisetasche, stieg aus und entfernte sich damit ein Stück den Strand hinunter. Bis auf wenige Meter näherte sie sich der Brandung und ließ sich im Sand nieder. Wolkenschlieren streiften den scharlachroten Himmel wie Muskelfasern. Noch nie hatte das Morgenrot so sehr nach rohem Fleisch ausgesehen.
    Sie tippte Ioles Nummer, nicht zum ersten Mal seit ihrem Aufbruch mit dem Transporter, und ließ es klingeln, bis sich die Mailbox einschaltete. Eine Nachricht zu hinterlassen wagte sie nicht, weil sie nicht wusste, ob die Polizei Ioles Anschluss auf irgendeine Weise abhören konnte. Besser, ihre Anrufe blieben die einer Unbekannten. Iole würde schon die richtigen Schlüsse ziehen und sie auf dieser Nummer zurückrufen, sobald es ihr möglich war.
    Falls die Männer sie nicht im Bunker auf der Isola Luna gefunden hatten. Und falls sie, Cristina und die Lehrerin überhaupt noch am Leben waren. Falls. Falls. Falls.
    Sie zog die Beine an, verschränkte die Hände im Genick und presste das Kinn mit solcher Gewalt auf die Knie, dass ihr Unterkiefer schmerzte. Dabei blickte sie aufs Meer hinaus, in eine Dämmerung, die sie an jedem anderen Tag wunderschön gefunden hätte. Heute dachte sie dabei nur an Wunden und Schmerzen und Tod. Selbst der Geruch der Algen erinnerte sie an Verfall.
    Der Strand war weithin verlassen, nirgends eine Menschenseele zu sehen. Irgendwo jenseits dieses Meeres lag Afrika. Sie war nie dort gewesen, hatte nie auch nur an eine Reise dorthin gedacht. Aber jetzt hatte sie mit einem Mal Lust darauf. Am liebsten wäre sie gleich aufgebrochen.
    In ihrem Rücken schlug die Hecktür des Transporters. Sie wandte sich nicht um, sondern wartete schweigend ab, bis Alessandro neben ihr stand.
    Er trug jetzt eine Jeans, irgendein billiges Markenimitat, und ein bedrucktes T-Shirt. Sie hatten jeweils zwei davon am Stand eines marokkanischen Straßenhändlers gekauft, der nördlich von Gela in aller Frühe Ramsch an LKW-Fahrer und Pendler verscherbelte.
    »Sie hat mir alles erzählt«, sagte Alessandro leise, während er sich im Schneidersitz neben ihr niederließ. Sachlich, kein bisschen triumphierend.
    Sie blickte wieder aufs Meer hinaus, fragte nicht nach und ließ sich

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