Arkadien 03 - Arkadien fällt
weiter auf ihrer Melancholie treiben wie die Möwen dort draußen auf den schaukelnden Wogen.
»Es ist genau, wie wir vermutet haben«, fuhr er fort und ließ die Hände im Schoß ruhen. »Carnevares und Alcantaras haben sich verbündet und die Malandras angeheuert. Sie hatten den Auftrag, uns ins Castello zu bringen. Meine Leute« – er klang verächtlich, aber nicht aufgebracht – »haben es besetzt, während wir auf dem Friedhof waren. Wahrscheinlich mussten sie nicht mal irgendwem ein Haar krümmen. Die meisten von denjenigen, auf die ich mich verlassen konnte, waren mit bei der Beerdigung. Ich hoffe nur, dass keinem was zugestoßen ist.«
»Niemand würde sich für dich töten lassen«, sagte sie leise. »Niemand außer mir.«
Es war wie ein Schwur, den sie zuvor nie ausgesprochen hatte.
Ich sterbe für dich .
Und ich für dich .
Alessandro küsste sie, dann lehnte er sich zurück und stützte sich mit den Ellbogen im Sand ab. »Die Richterin ist ermordet worden, um uns zu isolieren. Alle Welt soll glauben, wir hätten sie getötet. Die Familien müssen erst vor kurzem erfahren haben, dass du Kontakt zu Quattrini hattest.«
»Von wem?«
»Von derselben Person, die ihnen verraten hat, dass die Richterin auf der Beerdigung sein würde. Irgendjemand aus ihrer Einheit lässt sich schmieren. Aber ich glaube Aliza, wenn sie sagt, dass sie keine Ahnung hat, wer dieser Informant sein könnte.«
»Festa? Oder Stefania? Es kann jeder sein, wahrscheinlich noch zehn oder zwanzig andere.«
Er nickte. »Ihr Plan ist jedenfalls aufgegangen. Wir können uns an niemanden mehr wenden, nicht an die anderen Clans, weil sie glauben, wir hätten gemeinsame Sache mit Quattrini gemacht – und nicht an die Polizei, weil sie überzeugt sind, dass wir die Richterin ermordet haben. Jetzt können sie in aller Seelenruhe dabei zusehen, wie die Malandras uns jagen.«
»Und weil die Anti-Mafia nach uns fahndet, erfahren unsere Leute brühwarm durch ihre Informanten, wo sie uns gerade vermuten.«
»Im Moment dürften sie alle im Dunkeln tappen. Die Polizei weiß nichts von dem Transporter, und die Malandras werden uns auch nicht ohne weiteres finden.«
Sie sah ihm in die Augen. »Und Aliza?«
»Irgendwie müssen wir sie loswerden. Und zwar so, dass sie keinen auf unsere Spur führt.«
»Ich lasse nicht zu, dass du sie umbringst. Sie kann sich nicht wehren. Das wäre Mord.«
Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Er sah nicht aus wie jemand, der gerade ein Gespräch führte, in dem es um Leben und Tod eines Menschen ging. »Ich weiß.«
»Ich meine das todernst. Wir werden niemanden umbringen, der uns nicht zuerst angreift. Ich wehre mich genau wie du, aber ich werde nicht dabei zusehen, wie du in diesen Wagen steigst und sie –«
»Traust du mir das zu?«
»Keine Ahnung«, sagte sie aufrichtig. »Gerade eben, als du da hinten bei ihr warst, da hätte ich dir eine ganze Menge zugetraut.«
Er blickte hinaus aufs Meer. Woge um Woge rollte vor ihnen im Sand aus, keine zwei Schritt entfernt. »Ich bin kein Mörder«, sagte er nach einer Weile. »Nicht so, wie ich das Wort verstehe.«
»Ich weiß schon – es muss gute Gründe geben. Aber gibt es die nicht immer?«
»Du hast gesehen, was sie Quattrini angetan hat. Du bist dabei gewesen.«
»Und ich hätte Aliza dort umgebracht, wenn das Quattrini gerettet hätte. Aber ich kann nicht in diesen Wagen steigen und jemanden töten, der gefesselt vor mir am Boden liegt.«
»Sie ist nicht gefesselt. Sie sitzt einfach nur in einer Ecke. Ich hab ihr kein Haar gekrümmt. Alles, womit ich ihr gedroht habe, war, den Kopf ihrer Schwester an die Möwen zu verfüttern.«
»Im Ernst?«
»Hast du geglaubt, ich würde sie schlagen? Oder ihr Nadeln unter die Fingernägel stecken?«
»Ich weiß nicht so genau, was ich geglaubt habe.«
»Endgültig eingeknickt ist sie, als ich ihr gedroht habe, sie an TABULA auszuliefern.«
»Du hast was ?«
Er lächelte schwach. »Das ist es, was sie von uns glauben. Dass wir mit TABULA unter einer Decke stecken – vor allem du. Irgendwer muss verbreitet haben, dass deine Großmutter Geschäfte mit TABULA gemacht hat. Genau wie Florinda und zuletzt angeblich du selbst. Deshalb ist deine Verwandtschaft so darum bemüht, sich vor den Dynastien von dir loszusagen. Sie gehen reumütig auf die Knie und geloben Buße für die Fehler ihrer Anführerinnen.«
»Diese verlogenen Heuchlerinnen!«
»Wer hat das von deiner Großmutter und TABULA
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