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Arkadien 03 - Arkadien fällt

Arkadien 03 - Arkadien fällt

Titel: Arkadien 03 - Arkadien fällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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zurückzurufen.
    Rosa legte auf. »Sie lügt.«
    Alessandro warf einen aufmerksamen Blick in Rück- und Seitenspiegel. »Die Polizei wird ihnen schon gesagt haben, was sie zu tun haben. Wahrscheinlich haben sie Fundling längst anderswo untergebracht.«
    Unschlüssig starrte sie aus dem Fenster. Alessandro hielt sich peinlich genau an die Geschwindigkeitsbegrenzungen, damit sie nur ja nicht in eine Radarfalle gerieten.
    Es pochte an der verriegelten Schiebeluke zum Laderaum. Ohne zu öffnen, rief Rosa über die Schulter: »Was willst du?«
    Aliza klopfte erneut. Nicht heftig, sondern in einem langsamen, fast behäbigen Rhythmus.
    Rosa legte das Handy in ein Ablagefach und öffnete die Luke einen Fingerbreit. »Was?«
    Ein münzgroßes Eulenauge erschien in dem Spalt, blutunterlaufen, mit einer riesigen schwarzen Pupille. Im nächsten Moment verwandelte es sich zurück in das Auge eines jungen Mädchens mit rotblonden Wimpern und Sommersprossen.
    »Ihr kommt nicht davon«, wisperte sie, kaum laut genug, um den Motorlärm zu übertönen.
    Rosa wollte die Luke wieder schließen, aber Aliza schob eine messerscharfe Vogelkralle hindurch. Es war kein Angriff, nur eine Blockade.
    »Ihr habt meine Schwester umgebracht. Dafür wird meine Familie euch töten. Der Auftrag hat jetzt keine Bedeutung mehr. Ihr werdet sterben wie sie.«
    »Schön«, erwiderte Rosa. »Danke für den Hinweis.«
    »Alle Malandras machen Jagd auf euch. Schaut hoch zum Himmel. Vielleicht sind sie schon über euch. Und wenn ihr sie nirgends sehen könnt, heißt das nicht, dass sie nicht da sind. Das heißt es ganz sicher nicht.«
    »Okay.«
    »Sie will uns nur Angst machen«, sagte Alessandro.
    »Zieh den Finger ein oder ich schneid ihn dir ab«, forderte Rosa gereizt von Aliza.
    Die lange Hornkralle bog sich wie ein lockender Hexenfinger. So hässlich.
    »Sie finden euch. Es gibt viel mehr von uns, als ihr glaubt. Wir Harpyien sind überall.«
    Mit aller Kraft stieß Rosa die Luke zu. Die Kralle wurde eingeklemmt, blieb aber, wo sie war. Rosa wiederholte das Ganze dreimal, ehe Aliza den Finger zurückzog. Der Stahlschieber hatte jetzt einen blutigen Rand.
    » Ich durfte sie nicht schlagen«, knurrte Alessandro.
    Rosa trat wütend gegen die Reisetasche vor ihrem Sitz. Sie trug Sportschuhe, die einer der Schwestern gehört hatten, wünschte sich aber ihre Grinders mit Stahlkappen herbei.
    »Kann sie nicht einfach den Mund halten?«, fauchte sie zornig. »Und dieser Flüsterton! Wer glaubt sie, dass sie ist?«
    »Nichts weiter als ein Monster mit schlechter Maniküre.«
    »Ich hasse Federvieh. Als Kind hatte ich nicht mal einen Wellensittich.«
    »Schlangen fressen Vögel.«
    »Zu Recht.«
    Ein Grinsen schlich sich auf seine Züge. »Aber beide legen Eier.«
    » Ich lege keine Eier!«
    »Was zu beweisen wäre.«
    Einen Augenblick lang war sie sprachlos.
    Er lachte laut auf, und sie knuffte ihn mit der Faust an der Schulter. »Blödmann.« Spielerisch schlug sie erneut nach ihm. Er trat auf die Bremse, um nicht von der Fahrbahn zu geraten.
    Im Laderaum schepperte es lautstark, als Aliza das Gleichgewicht verlor.
    Rosa strahlte. »Das machen wir gleich noch mal. Komm schon.«
    Er bremste.
    Poltern. Ein wüster Fluch.
    Und noch mal.

    Der Transporter stand unter hohen Bäumen an einem steilen Hang. Auf der anderen Seite einer Schlucht lag Ibla, Ragusas malerische Altstadt mit ihren Gassen, Treppen und barocken Palästen. Kirchen reckten ihre Türme aus dem Gewirr der braungelben Giebel und Mauern. Niemand hatte sich je die Mühe gemacht, die alten Fernsehantennen abzumontieren, und so fristeten sie ein Dasein in rostigem Vergessen, Seite an Seite mit Wasserspeiern.
    Die Vordertüren des Wagens waren geöffnet. Alessandro stand draußen, beschattete mit einer Hand seine Augen und blickte zur Stadt hinüber. Rosa saß im Schneidersitz auf der Beifahrerseite, während sie einmal mehr dem Freizeichen lauschte. Sie wollte das Handy schon beiseitelegen, als ihr ein anderer Gedanke kam.
    Sie wählte die Nummer ihres Sekretariats in Piazza Armerina. Es überraschte sie nicht, dass sich nur der Anrufbeantworter meldete. Rasch gab sie den Zahlencode ein und hörte die Aufnahmen ab.
    Die erste Stimme gehörte Iole.
    »Hey, ich bin’s. Keine Ahnung, wann du das hier abhörst, aber es ist kurz nach sechs. Heute Morgen, also, jetzt, meine ich. Alles hier ist wie gehabt, ich glaube, wir sind erst mal in Sicherheit. Sarcasmo ist der tollste Hund der Welt, er macht keinen

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