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Arkadien 03 - Arkadien fällt

Arkadien 03 - Arkadien fällt

Titel: Arkadien 03 - Arkadien fällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Jagdtrieb des Raubtiers zu befriedigen.
    »Warum jetzt schon?«, fragte Alessandro mit gesenkter Stimme, während am anderen Ende des Wagens drei weitere Bewaffnete erschienen. Zwei von ihnen trugen schwarze Skimasken und Rosa hatte den Eindruck, dass etwas mit ihrer Kopfform nicht stimmte.
    »Warum?«, wiederholte die alte Frau verächtlich. »Weil der Hungrige Mann zurückgekehrt ist. Weil seine Anhänger – und das sind mittlerweile die meisten Arkadier da draußen, jeden Tag werden es mehr –, weil sie aus ihren Verstecken kommen. Keine Tarnung mehr, kein Anschein von Menschlichkeit. Auch die Maske der Cosa Nostra reicht ihnen nicht mehr. Ihr habt das gewusst, stimmt’s? Aber es ist ein Unterschied, ob man von etwas hört oder es mit eigenen Augen sieht.«
    Rosa fuhr zornig zu der Frau herum – und erkannte aus nächster Nähe und im Licht der Notbeleuchtung, dass sie sich getäuscht hatte. Was sie für Falten und Runzeln gehalten hatte, war etwas anderes.
    Das Gesicht der Frau war wie aufgeraut, überzogen von einer Unzahl kleiner Warzen und Pusteln. Krötenhaut, dachte Rosa jäh, aber dann begriff sie, was es tatsächlich war: die Haut eines Menschen, der in einem frühen Stadium der Verwandlung erstarrt war. In einer Verwandlung zum Reptil. Die winzigen Erhebungen waren keine Warzen, sondern erste Ausprägungen von Schuppen, die sich nicht vollständig entwickelt hatten.
    Die Frau war eine Lamia.
    Oder war eine gewesen, bevor sie –
    »Ihr seid Hybriden«, entfuhr es Alessandro.
    Die Stimme der Frau troff vor Zynismus. »Wir entschuldigen uns selbstverständlich für den unangenehmen Anblick.«
    »Wie heißt du?«, fragte Rosa.
    »Mirella.«
    »Alcantara?«
    Die Frau lächelte. »Nicht alle Lamien sind Alcantaras. Du bist nicht so einzigartig, wie du glaubst.«
    Rosa hatte schon jetzt genug von ihr, aber sie verzichtete auf eine Antwort und folgte den Hybriden mit angehaltenem Atem durch den Waggon voller Leichen. Sie mussten über den toten Schaffner steigen. Wo noch kein Blut den Boden besudelt hatte, hinterließen ihre Schuhe rotbraune Abdrücke.
    Im Übergang zum nächsten Wagen war eine der Außentüren gewaltsam geöffnet worden. Alessandro und sie sprangen hinaus in den Tunnel und holten tief Luft. Der Gestank wehte mit heraus, klebte an ihrer Haut, in ihrer Kleidung.
    Ein schmaler Weg verlief zwischen der Tunnelwand und dem Zug. Licht schien auf sie herab. Als Rosa nach oben blickte, entdeckte sie Gestalten, annähernd menschlich, die auf allen vieren an der gewölbten Tunneldecke krabbelten und mit Handstrahlern die Szenerie beleuchteten.
    Mirella, ihre Begleiter und zwei andere Männer nahmen die beiden in ihre Mitte und schoben sie vorwärts. Lärm dröhnte vom Tunnelende herüber. Rosa wechselte einen Blick mit Alessandro. Sie war bereit, sich auf der Stelle zu verwandeln, falls er Anzeichen machte, dasselbe zu tun. Aber er wirkte so ratlos wie sie.
    »Los, los, los!« Die Hybride trieb sie an. »Wir haben nicht die ganze Nacht Zeit.«
    Alle wurden noch schneller, die Lampenträger unter der Decke rannten kopfüber wie bizarre Käfer. Aus dem vordersten Wagen sprang eine weitere Gestalt. Wahrscheinlich war der Zugführer tot; der Hybrid musste die Notstromversorgung eingeschaltet haben.
    »Was ist mit den Verletzten?«, wollte Alessandro wissen.
    »Sobald wir unterwegs sind, rufen wir Polizei und Krankenwagen.« Mirella klang, als hätte sie wenig Lust, sich mit Detailfragen abzugeben. »Die Handys der Leute im Zug haben hier im Berg keinen Empfang. Noch weiß keiner, was passiert ist.«
    »Da drin sind Menschen, die eine Menge Blut verlieren«, sagte Rosa empört.
    Die Frau streifte sie mit einem ungeduldigen Seitenblick. »Dann sollten wir nicht noch mehr Zeit mit Reden verplempern.«
    Das Tunnelende lag hundertfünfzig Meter vor ihnen. Auch dort huschten Lichter umher. Rotorenlärm drang lautstark in die steinerne Röhre. Draußen war mindestens ein Helikopter gelandet, vielleicht mehrere.
    Der Zug blieb hinter ihnen zurück, und jetzt sah Rosa, dass auch auf der anderen Seite der Schienen Hybriden rannten, ihre Schatten huschten verzerrt über die Tunnelwand. Noch mehr Masken, noch mehr falsche Proportionen unter langen Mänteln und Windjacken. Einer lief auf Händen und Füßen, hatte aber ein Sturmgewehr auf den Rücken geschnallt.
    Rosa konnte Mirellas Alter noch immer nicht schätzen, nahm jedoch an, dass die Hybride entgegen ihrem ersten Eindruck nicht älter war als vierzig. Sie

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