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Arkadien 03 - Arkadien fällt

Arkadien 03 - Arkadien fällt

Titel: Arkadien 03 - Arkadien fällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Stimme. Auf dem Weg zurück zu ihrem Platz musste sie gegen einen anderen Fahrgast gestoßen sein.
    »Alessandro?«
    Seine Hand tastete nach ihrer. »Wir müssen hier raus.«  
    »Verwandeln?«
    »Wenn das Licht wieder angeht und die anderen uns als Panther und Schlange sehen, bricht endgültig Panik aus.«
    Das Geschrei von vorne kam näher, rollte ihnen entgegen wie ein Zug im Zug.
    »Das sind sie, oder?«, fragte sie. »Malandras.«
    »Ja. Ich glaube schon.«
    Sie trat zurück zu ihm auf den Gang, stieß erst gegen die Reisetasche, die er noch immer festhielt, dann gegen ihn selbst. Die junge Frau hatte offenbar ihre Mitreisende erreicht, denn eine Stimme redete ihr gut zu, während die Frau vor sich hin wimmerte. Der Mann schien gar nicht mehr mit dem Fluchen aufhören zu wollen. Jemand fragte, was sie denn jetzt tun sollten. Keiner gab Antwort.
    »Komm.« Alessandro zog Rosa an der Hand zur Verbindungstür. Im Schlauch zwischen den Waggons gab es einen Ausstieg.
    Die Schiebetür glitt beiseite, sofort umfing sie der Geruch von verbranntem Kunststoff. Vielleicht eine Folge der Vollbremsung.
    Das Geschrei aus den vorderen Wagen war hier viel lauter und erschreckend nah. Rosa hörte Alessandro am Hebel des Ausstiegs rütteln.
    »Verriegelt.«
    Die Schiebetür hinter ihnen stand noch offen, die Stimmen im Wagen klangen immer aufgebrachter. Plötzlich schlug das Weinen der jungen Frau in Schreien um.
    »Herrgott!«, brüllte der Mann, »nun halt doch –«
    Ein feuchter, reißender Laut brachte ihn zum Schweigen. Schlagartig wurde es totenstill. Dann ertönte ein Rascheln, das Rosa nur zu gut kannte. Federn, die an etwas vorüberstrichen.
    »Sie sind hier«, flüsterte sie. Eine der Harpyien musste in Menschengestalt mit im Wagen gesessen haben. Rosa erinnerte sich an die Tür, die sie hatte schlagen hören, kurz nachdem sie den Zug bestiegen hatten.
    Jetzt brüllten alle im Waggon durcheinander, fünf oder sechs Stimmen. Mehrere der Reisenden schienen bei dem Versuch, ihre Sitzreihen zu verlassen, übereinanderzufallen. Ein scharfes Fauchen drang aus der Finsternis, gefolgt von einem schrillen Vogelschrei. Ein kurzer, harter Windstoß wehte herüber. Das Rauschen eines Schwingenschlags. Noch mehr Chaos unter den Fahrgästen, panisches Geschrei von Verletzten und Sterbenden.
    Rosa folgte Alessandro nach vorn, durch die nächste Schiebetür. In diesem Waggon hatte vorhin nur die alte Frau mit ihrem jüngeren Begleiter gesessen. In unmittelbarer Nähe war nichts zu hören, nur hinter ihnen im Wagen schrien die Opfer der Harpyien.
    Alessandro zog Rosa fest an sich. »Verwandle dich und bleib unter den Sitzen.«
    »Und du?«
    »Irgendwo muss es einen Nothammer für die Fenster geben. Wenn ich ihn finde, kann ich eine Scheibe einschlagen. Wir müssen raus aus dem verdammten Zug.« Sie hörte seine Kleidung rascheln, dann tauchte plötzlich das Display seines Handys die nähere Umgebung in weißblauen Dämmer. Zum ersten Mal, seit die Lampen ausgefallen waren, konnte sie wieder sein Gesicht sehen. Seine Augen glitzerten silbrig.
    »Zu zweit finden wir ihn schneller«, sagte sie kopfschüttelnd, schaute sich um und sah zu ihrer Erleichterung, dass sich die Schiebetür geschlossen hatte. Das würde die Harpyien nicht aufhalten, aber es dämpfte die Schreie aus dem anderen Waggon.
    »Wo sind die alte Frau und der Mann?«, fragte Alessandro.
    Hastig schaute sie sich um. »Egal. Suchen wir den Hammer.«
    »Er müsste irgendwo an der Wand zwischen den Fenstern hängen. Ist aber eine Weile her, seit ich zuletzt in einem Zug gesessen habe.« Während sie den Mittelgang hinunterliefen und der Schein des Displays vor ihnen herhuschte, hielt Rosa Ausschau nach anderen Gegenständen, mit denen sie das Glas hätten einschlagen können. Aber da war nichts.
    »Da drüben.« Alessandro deutete auf eine leere Aufhängung an der Wand. »Geklaut.«
    Ihr Blick wanderte weiter nach vorn, aber so weit sie im Halbdunkel sehen konnte, war dies die einzige derartige Vorrichtung. Auf die Stirnwand gleich neben der Schiebetür zum nächsten Wagen hatte jemand in kruden Lettern einen Slogan gesprüht. Save Wildlife Now.
    Der Durchgang war halb offen, aus der Finsternis drangen Schreie und Gejammer, Fußtrappeln, das Krachen von Türen, die aufgestoßen wurden, immer wieder übertönt von vielstimmigem Vogelkreischen.
    Rosa blickte sich erneut um. Im nächsten Moment glitt die Schiebetür am anderen Ende des Großraumwaggons auf. Etwas Massiges,

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