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Arkadien 03 - Arkadien fällt

Arkadien 03 - Arkadien fällt

Titel: Arkadien 03 - Arkadien fällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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verschnürtes Paket tief in ihrem Inneren. Sie würde es nicht von neuem hervorholen und vor aller Augen auspacken.
    Und dennoch quälte sie die Frage, warum Apollonio versucht hatte, außerhalb eines Labors eine Lamia mit einem Panthera zu kreuzen. Sie versuchte mit aller Macht, es nüchtern zu betrachten, fast medizinisch. Aber der Schmerz war sofort wieder da, die Erniedrigung und das Gefühl, wehrlos zu sein unter Tano Carnevares nacktem Körper, unter Drogen gesetzt, mit aufgerissenen, wachen Augen.
    Sie bemerkte erst einen Augenblick später, dass Thanassis längst weiterredete, und musste sich zwingen, ihm zuzuhören.
    »… gar keinen Zweifel, dass der Hungrige Mann sich erneut zum Oberhaupt aller Arkadier aufschwingen wird«, sagte er gerade. »Innerhalb der Dynastien hat es seit jeher rückwärtsgewandte Kräfte gegeben. Konservative, wenn man so will. Fortschritt ist ihnen zuwider, für sie ist er das Synonym für ihr verhasstes Versteckspiel vor der Welt. Sie haben all ihren Einfluss auf die Regierung in Rom geltend gemacht, um seine Freilassung zu erwirken. Jetzt ist er zurück und benutzt seine Verbündeten, um abermals – symbolisch – den Thron Arkadiens zu besteigen.«
    »Was Sie wie genau verhindern wollen?«, fragte Rosa.
    »Wir haben Informanten innerhalb der Dynastien. Spione. Darum wissen wir, dass der Hungrige Mann ein Zeichen setzen will. Er wird versuchen, seine Machtergreifung durch ein Ritual zu untermauern. Er beruft sich auf das Althergebrachte, um von seinen Schwächen abzulenken. Da ist er nicht anders als die Herrscher im alten Rom oder die europäischen Faschisten des zwanzigsten Jahrhunderts. Er macht sich die gleichen abgeschmackten Methoden zu Nutze wie alle anderen Diktatoren. Als capo dei capi hat er gelernt, wie verunsicherte Untertanen regiert werden wollen. Außerdem hat er einflussreiche Förderer und Anhänger und muss ihre Erwartungen erfüllen. Das Ritual bei seiner Rückkehr soll sich allen ins Gedächtnis brennen.«
    Rosa trat ganz nah zu Alessandro an die Brüstung, bis ihre Arme einander berührten. Sie lehnte sich gegen das kühle Geländer. Seewind fuhr von hinten in ihr Haar und wirbelte es über ihre Schultern.
    »Er will nicht denselben Fehler begehen wie einst Lykaon«, sagte Thanassis. »Statt sich die mächtigsten Dynastien zu Feinden zu machen und damit einen neuen Umsturz zu riskieren, bezieht er sie in seine Pläne mit ein. Lamien und Panthera sollen von Beginn an auf seiner Seite stehen, und so wie es aussieht, ist ihm das bereits gelungen. Das Mordkomplott gegen die Richterin, die Jagd auf euch, das ist alles Teil seines Plans.«
    »Ich hab mit ihm gesprochen«, sagte Rosa, »im Gefängnis. Er wollte, dass Alessandro und ich zu ihm überlaufen.«
    »Wann ist das gewesen?«
    »Vor ein paar Wochen.«
    »Und du hast abgelehnt?«
    »Er hatte Killer auf Alessandro angesetzt. Er hat geglaubt, die Carnevares seien dafür verantwortlich, dass er die letzten dreißig Jahre hinter Gittern gesessen hat. Damit er den Mordbefehl aufhebt, musste ich ihm etwas versprechen. Dass ich ihm irgendwann einen Gefallen tun würde.«
    Thanassis und seine Tochter tauschten einen Blick. »Hat er gesagt, was für ein Gefallen das sein soll?«
    Rosa schüttelte den Kopf. »Er hat sich jedenfalls nicht an die Abmachung gehalten, sonst hätten uns die Harpyien nicht angegriffen. Ich bin ihm also nichts mehr schuldig.«
    »Die Harpyien sollten uns einfangen, nicht umbringen«, sagte Alessandro. »Erst als wir … als ich Saffira und Aliza getötet habe, haben die Malandras auf eigene Faust losgeschlagen. Der Angriff im Tunnel dürfte ganz allein auf ihr Konto gehen.«
    »Das denke ich auch«, sagte Thanassis. »Der Hungrige Mann hat sich die Unzufriedenheit der Alcantaras und Carnevares zu Nutze gemacht und sie auf seine Seite gezogen, all jene, die sich nicht länger damit abfinden wollten, von zwei Teenagern Anweisungen entgegenzunehmen.« Er sagte das mit einem süffisanten Lächeln. »Und nun wollt ihr sicher erfahren, was er mit euch vorhat.«
    »Dramatische Pausen erhellen die Sache nicht gerade«, sagte Rosa.
    Thanassis lachte röchelnd, verschluckte sich am eigenen Atem und erntete einen vorwurfsvollen Blick seiner Pflegerin. »Du hast Recht, verzeih mir«, sagte er heiser zu Rosa. »Der Hungrige Mann will die Macht über die Dynastien, und dazu braucht er die Unterstützung aller bedeutenden Clans, ganz besonders die der Lamien und Panthera. Er will die Konkurrenten von

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