Arkadien 03 - Arkadien fällt
Cockpit.
»Jetzt sind es nur noch sechs«, sagte Alessandro. »Ich war oben auf dem Dach und hab sie gezählt. Vier rund um die Villa und zwei an der Anlegestelle. Vielleicht sind noch welche in der Bucht, die kann man von hier aus nicht sehen.«
»Glaubst du, sie kennen den Weg dort hinunter? Den Pfad durch die Felsen?«
»Kann ich mir nicht vorstellen. Sie hatten nicht genug Zeit, um alles auszukundschaften. Und auf den Satellitenbildern können sie unmöglich die Stufen zwischen den Felsen erkannt haben, von oben war alles grau in grau.«
»Und Iole und die anderen?«, fragte sie.
»Kommen mit.«
»Natürlich kommen sie mit. Aber sagen wir ihnen, wie gefährlich es ist? Sie sind wertlos für Thanassis. Und wenn die Hybriden Jagd auf uns machen, dann töten sie sie vielleicht.«
»Glaubst du, er würde so weit gehen?«
»Du hast ihn doch erlebt, Thanassis hat keine Skrupel, solange er nur sein Ziel erreicht. Er muss TABULA und den Hungrigen Mann wirklich sehr hassen. Sobald er den Standort des Grabmals kennt, spielt es keine Rolle mehr, ob wir ihm freiwillig helfen oder ob er uns zwingt. Es reicht, dass er uns ausliefert, damit sich die Oberhäupter der Clans alle am selben Ort versammeln.« Sie schaute hinüber zur Stabat Mater . »Ich würde gern wissen, was er dann vorhat. Will er dort mit seiner Privatarmee auftauchen?«
»Die Luftbilder stammen von Militärsatelliten«, sagte er. »Genau wie die Aufnahmen von der Bergung der Statuen, die wir auf der Colony gesehen haben. Diese Leute haben Verbindungen zum Militär, irgendwelche Quellen in den Überwachungszentralen der Geheimdienste, was weiß ich. Thanassis ist einer der reichsten Männer der Welt. Er muss die besten Kontakte von allen haben.«
Sie seufzte unterdrückt. »Die Satellitenbilder, auf denen man die Stabat Mater hätte sehen können, waren fast alle gelöscht. Du glaubst, wenn er genug Einfluss besitzt, um so was zu veranlassen –«
»Dann hat er vielleicht auch Zugriff auf andere Dinge. Ferngesteuerte Raketen. Bewaffnete Militärdrohnen. All das Zeug, mit dem man Kriege per Knopfdruck führt.«
»Das heißt, er könnte sie in die Luft jagen. Ganz bequem von Bord der Stabat Mater aus.«
»Und die Ironie dabei ist, dass es wahrscheinlich unsere eigenen Firmen waren, die ihm das Material geliefert haben. Zumindest die Zugangscodes.«
»Aber trotzdem braucht er uns als Lockvögel. Ohne uns gibt es keine Zeremonie.« Diesmal traf sie ihre Entscheidung, ohne zu zögern. »Wir hauen ab. Jetzt gleich.«
»Sprich mit den anderen. Aber sei vorsichtig. Was wir gar nicht brauchen können, ist eine Anwältin, die alles besser weiß, und das Gekeife dieser Lehrerin.«
»Wenn es darauf ankommt, halten sie den Mund.«
»Wir treffen uns am Gang zum Generatorenhaus, unten im Keller. In zehn Minuten?«
Sie nickte, gab ihm einen letzten Kuss und eilte über das Meer funkelnder Scherben zurück ins Haus.
Die Trennung
E in schmaler Betonkorridor mit gefliestem Boden. An der Decke runde Lampen, in einer Wandnische ein Feuerlöscher. Die abgestandene Luft roch intensiv nach Chlor. Hinter einer Seitentür befand sich der Zugang zur Technik des Swimmingpools.
Alessandro lief voraus. Sein Haar hatte sich schwarz verfärbt. Rosa folgte ihm und hielt Iole an der Hand. Die wiederum hatte die Hundeleine fest um ihre Rechte gewickelt, Sarcasmo blieb folgsam an ihrer Seite. Sie war ganz in Schwarz gekleidet, ungewöhnlich genug, wo sie doch Weiß so sehr mochte.
Den Abschluss bildeten Cristina und Signora Falchi. Beide trugen Jeans und dunkle T-Shirts. Auf dem der Lehrerin prangte ein verwaschenes Bandlogo, eingehüllt in stilisierte Flammen. Iole hatte gar nicht mehr aufhören können zu grinsen, als sie sich im Keller getroffen hatten; weder sie noch Rosa hatten Raffaela Falchi je so gesehen.
Bewegungsmelder schalteten die Lampen ein, als Alessandro sich ihnen näherte. Nur am Ende des Korridors nistete noch Dunkelheit.
»Es ist nicht weit«, flüsterte er. »Das Generatorenhaus liegt ungefähr fünfzig Meter südlich der Villa, auf gleicher Höhe im Berg.«
»Warum stehen die Dinger nicht im Keller?«, fragte Rosa.
»Sie werden mit Benzin betrieben. Der Tank dürfte noch randvoll sein. Meine Mutter wollte das alles nicht im Haus haben, also ist es ausgelagert worden.« Gaia Carnevare hatte um ihr Leben gefürchtet, schon Jahre vor ihrem Tod, und sie hatte es ihren Mördern nicht leichter als nötig machen wollen.
Sie passierten den letzten
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