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Arkadien 03 - Arkadien fällt

Arkadien 03 - Arkadien fällt

Titel: Arkadien 03 - Arkadien fällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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starrte noch immer das Bild an, sah dann zu Cristina auf. »Du glaubst, dass das Zwillinge sind?«
    »Wäre eine Möglichkeit, oder?«
    »Das sind Babys. Die sehen alle gleich aus.«
    »Aber sie hält beide im Arm. Außerdem ist das Datum der Geburtstag deines Vaters. Welche Mutter lässt sich gleich nach der Geburt mit ihrem eigenen und einem fremden Kind fotografieren?« Sie streckte eine Hand aus und klopfte mit der Fingerspitze auf das Papier. Manchmal hatte sie mehr von einer Lehrerin an sich als die Falchi. »Mach dir nichts vor, Rosa.«
    »Fuck.«
    Cristina hob resignierend beide Hände. »Ich dachte, du wärst froh darüber.«
    »Froh? Ich hatte mich gerade damit abgefunden, dass mein Vater das größte Arschloch der Welt ist. Dass ich ihn hasse wie niemanden sonst, mehr noch als Tano und Michele. Und jetzt soll es jemanden geben, der genauso aussieht wie er? Jemanden, den ich nicht kenne und der möglicherweise kein Problem damit hätte, die Tochter seines Bruders vergewaltigen zu lassen?«
    Cristina nickte. Als sie weitersprach, klang sie betroffen. »Wenn ich gewusst hätte, dass du nicht –«
    »Nein«, beeilte sich Rosa zu sagen, »nein, entschuldige. Ich … natürlich bin ich froh. Irgendwie. Es ist nur, dass ich dachte, ich hätte endlich mal über irgendwas Gewissheit. Auch wenn es mir nicht gefällt. Etwas, das einfach feststeht, ohne Wenn und Aber.«
    Christina lächelte. »Du hast Alessandro.«
    Ihre Blicke hielten einander fest, ein stummes Ringen um Überzeugung.
    Dann schaute Rosa zurück auf das Foto. »Warum ist Sigismondis bei ihr? Er hat ihr diese Pelze liefern lassen, ich weiß, aber das hier … Hat er meinen Vater zur Welt gebracht ?«
    »Sieht danach aus.« Cristina trat einen Schritt zurück, als wollte sie Rosa mehr Raum geben angesichts der Wahrheit. »Ich hab vorhin im Internet nachgesehen. Zu dieser Zeit gab es in Campofelice kein Krankenhaus. Wo immer dieses Bett gestanden hat, es war in keiner normalen Klinik.«
    Rosa konnte den Blick nicht von dem Bild lösen, von den beiden winzigen Kindergesichtern. »Soll das heißen, sie sind in einem TABULA-Labor geboren worden?«

Scherbenmeer
    A lessandro stand auf der Terrasse der Villa, auf einem Teppich aus funkelnden Glasscherben, und blickte hinaus über die See.
    Rosa trug Stahlkappenschuhe, eines der Paare, die sie in der Villa deponiert hatte. Die Scherben der zerbrochenen Terrassenfenster knirschten unter ihren Sohlen. Alle Leichen waren fortgebracht worden; wahrscheinlich hatten die Hybriden ihre Leute mitgenommen und die anderen in irgendein Felsloch geworfen.
    Alessandro trug verwaschene Jeans und ein schmal geschnittenes schwarzes Hemd. In den Tagen vor Fundlings Begräbnis hatten sie eine Menge Zeit zusammen auf der Isola Luna verbracht, im Ankleidezimmer lagen viele seiner Sachen. Seine Turnschuhe waren grau und abgewetzt, Spuren ihrer gemeinsamen Klettertouren in den Lavahängen.
    Es war noch früh am Vormittag. Eigentlich hatten sie beide viel zu wenig geschlafen, aber Rosa fühlte sich nicht müde, nur benebelt. Schlaf würde nicht viel daran ändern.
    Sie trat neben ihn an die gemauerte Brüstung. Die tief stehende Sonne ließ die Spalten des Vulkanhangs bodenlos erscheinen. Am Horizont erhob sich eine weitere Insel aus dem blauen Meer, ein graues Dreieck wie eine Haifischflosse. Links von ihnen, zweihundert Meter vor der Küste, ankerte die Stabat Mater im tiefen Wasser. Mehrere Boote der Hybriden lagen unten am Ufer. Wächter patrouillierten vor der Villa, am Steg vor dem Bunker und an anderen Stellen der Insel. Aber von hier aus waren nur zwei zu sehen, winzige Gestalten zwischen den Felsen weiter unten im Hang.
    »Ich lasse nicht zu, dass sie dich ausliefern«, sagte er.
    »Uns ausliefern«, verbesserte sie ihn.
    »Sie hätten uns das Serum spritzen sollen. Wenn wir uns verwandeln, bekommen sie uns nie.«
    Sie schenkte ihm einen zweifelnden Blick. »Und was ist mit Iole und den anderen? Egal, in welchem Lavaloch wir uns verkriechen, sie brauchen nur zu drohen, ihnen etwas zu tun, und schon haben sie uns.«
    »Wir müssen von hier verschwinden. Auf der Stelle.« Er schaute düster hinüber zur Stabat Mater . Von weitem war nicht zu erahnen, was sich im Inneren des Stahlgiganten tat. »Sobald sie den Hinweis auf Giuliana gefunden haben, werden sie verlangen, dass wir uns an die Abmachung halten. Sie haben ihren Teil erfüllt.«
    »Es ging ihnen nur um die Dokumente, nicht um Iole«, widersprach Rosa halbherzig.

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