Arkonadas Totenbuch
ihn ein Leichtes, ihn hoch und über die Schulter zu wuchten. Eingepackt in die Kutte, näherte er sich mit seinem Gefangenen wieder dem Ausgang der kleinen Kirch, in der sich ein Drama abgespielt haben mußte, nach alldem, was wir zu sehen bekommen hatten.
Waren wir weiter gekommen?
Eigentlich nicht.
Wir hatten zwar einen Diener der Blutgöttin Eli getroffen, das war aber auch schon alles gewesen. Er hatte uns nichts mitteilen wollen und auch können. Verständigungsschwierigkeiten und der Wille setzten da eine Grenze.
Ich öffnete meinem Freund die Tür, damit er mit seiner Last die Kirche verlassen konnte. Ich folgte ihm auf den Fuß, schaute mich noch um und sah den kleinen Platz so leer, wie wir ihn auch bei unserer Ankunft vorgefunden hatten. Suko legte die Leiche in den Wagen und hämmerte die Tür zu. Der Laut klang ungewöhnlich hart durch die Stille.
Auch die Luft war nicht mehr so kühl, wie wir sie bei unserer Ankunft erlebt hatten. Der Wind strich kaum noch durch die Gassen der kleinen Ortschaft. Er war eingeschlafen. Dafür drückte die Luft, wie kurz vor einem Gewitter.
Noch war es hell. Auch die Sonne schien. Sie stand wie ein gelbroter fahler Ball am Himmel. Heiße Strahlen schickte sie über die schweigende Bergwelt, als wollte sie die Luft zum Kochen und das Gestein zum Schmelzen bringen.
Uns trieb sie den Schweiß aus den Poren. Selbst Suko stöhnte. »Wir haben 35 Grad im Schatten«, sagte er. »Meine Güte.«
»Dann geh raus aus dem Schatten«, erwiderte ich grinsend.
Über den Witz konnte Suko nicht lachen. Statt dessen schaute er in Richtung der grauen Massive, die sich aus der Hochebene hervorhoben und wie eine lauernde Wand wirkten. »Da müssen wir hin«, erklarte er, »wenn wir das Kloster finden wollen.«
»Und zwar mit der Leiche.«
»Willst du sie Eli vor die Füße werfen?«
»So ungefähr.«
»Ich würde mich freuen, wenn sie sich zeigt und wir sie überhaupt entdecken könnten.«
»Und ich würde mich noch mehr freuen, wenn ich wüßte, was mit den Bewohnern hier geschehen ist.«
»Da fragst du mich zuviel.«
Noch immer lag der kleine Ort wie unter einer Glocke des Schweigens. Alles Leben schien von der Hitze aufgesaugt worden zu sein. Keinen Laut vernahmen wir. Die Straßen waren leer und ausgestorben. Kein Leben, keine Bewegung.
Auch die Hunde hatten sich verzogen. Wir schauten auf staubige Gassen und Straßen, auf alte Fassaden, die manchmal gekalkt oder gestrichen waren, aber dennoch düster wirkten, als wären sie vom Schatten der Blutgöttin Eli erreicht worden.
»Die können doch nicht alle tot sein«, flüsterte ich. »Und wenn, wo hat man sie denn begraben?«
»Vielleicht auf dem Friedhof.«
»Hast du auf der Herfahrt einen gesehen?«
»Das nicht. Laß uns nachschauen. Friedhöfe sind meist interessant.«
Da hatte Suko recht, auch wenn ich mir persönlich nicht viel davon versprach.
Oftmals ist es so, daß die Begräbnisstätten dicht neben den Kirchen liegen, deshalb wollten wir auch in der Nähe des Gotteshauses suchen. Wir hielten uns an dessen Vorderseite auf und fanden einen schmalen Weg, der an der Kirche vorbeiführte. Er begrenzte eine Seite, denn links von ihm wuchs eine brüchige Mauer hoch, hinter der wir die Kronen mächtiger Zypressen sahen. Der Weg mündete in eine schmale Treppe, die uns in die Höhe brachte, gewissermaßen einem kleinen Hügel entgegen, wo sie auch auslief.
Ich hatte die Führung übernommen und war überrascht, als ich den Friedhof plötzlich vor mir sah.
Er lag nicht frei. Wer ihn betreten wollte, mußte entweder ein Tor aufschieben oder über den Zaun aus Eisen klettern. Dahinter lagen die Gräber.
Manche sehr schlicht, mit einfachen, grauen Steinen bedeckt. Andere wieder prunkvoller. Da zeigten die Steine Verzierungen oder waren zu Figuren gehauen worden.
Ein interessanter Flecken Erde, aber ein leerer.
Wir schritten den Eisenzaun ab, schauten über ihn hinweg und waren beide der Meinung, daß sich an diesen Gräbern nichts getan hatte. Da war niemand hereingelegt worden, und es war auch keine lebende Leiche aus ihnen gestiegen. Ein normaler Friedhof.
Wir umrundeten ihn einmal, blieben am Beginn der Treppe stehen und hoben die Schultern.
»Nichts«, sagte Suko. Damit hatte er genau ins Schwarze getroffen.
»Uns bleibt nur das Kloster.«
»Ja. Vielleicht haben Elis Diener die Bewohner von Cluko dorthin verschleppt und halten sie in den Mauern gefangen. Denk mal an den Namen Blutgöttin.«
»Du meinst doch
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