Arkonadas Totenbuch
sicherste Methode, für mich wäre sie nie in Frage gekommen, denn ich hätte mich immer gegen den Terror gestemmt.
Die Luft änderte sich nicht. Nach wie vor lag sie schwer wie Blei über den Bergen. Staub wallte hoch und hüllte den Wagen ein und blieb auf meinem schweißnassen Gesicht kleben. Wahrscheinlich sah ich schon aus wie ein Neger.
Nicht immer führte der Weg in einer geraden Linie weiter oder bergauf. Oft genug mußten wir in Kurven fahren, die machmal sehr eng waren, so daß die Außenseiten des Wagens an dem blanken Gestein entlangschleiften. Wir gerieten schließlich in ein Gebiet, wo die Sonnenstrahlen mich nicht mehr so direkt erreichten. Jedenfalls überwogen die Schatten, ich schwitzte zwar noch, bekam aber die Hitze nicht mehr so stark mit. Wir mußten uns in der Nähe hoher Felswände bewegen, und ich hörte, wie sich das Geräusch der trappelnden Maultierhufe veränderte, der Wagen langsamer wurde und schließlich anhielt.
Es gefiel mir nicht. Der Grieche riskierte da einiges.. Auf dem Kutschbock drehte er sich um und wollte mir eine Frage stellen. Ich sah seinen Schatten auf mich fallen.
»Können Sie sich einen Stopp überhaupt erlauben?« fragte ich ihn.
»Ja, das geht schon. Wir stehen in ziemlich guter Deckung.«
»Wenn auch, ich bleibe trotzdem liegen.«
»Ist mir egal, ich wollte Ihnen nur sagen, daß wir es bald geschafft haben.«
»Wie lange noch?«
»Kann ich nicht genau ermessen, aber wir nähern uns bereits dem Felsengebiet, in dem das Kloster liegt. Es ist in das Gestein hineingehauen worden, verstehen Sie?«
»Ja. Haben Sie Mönche gesehen?«
»Nein.«
»Dann war der, den wir erwischt haben, vielleicht der einzige?«
»Kann sein.«
»Gut, fahren Sie weiter.«
Er wollte noch nicht. »Ihren Freund habe ich auch nicht gesehen. Vielleicht ist er in Cluko geblieben.«
Ich lachte leise. »Das glaube ich nicht. Auf meinen Partner kann ich mich verlassen. Er bewegt sich wie ein Indianer durch das Gelände, wenn Sie verstehen.«
»Ja, schon.«
»Fahren Sie weiter.« Ich wollte in das Kloster. Jede Minute, die ich länger in dem offenen Sarg verbrachte, kostete mich Nerven. Da war es schon besser, wenn ich dem Gegner gegenüberstand und ihm direkt ins Auge schaute.
Eli mußte brandgefährlich sein. Um sie zu vernichten, würde ich mich an Arkonadas Totenbuch halten, aus dessen Schrift sie die Kraft schöpfte. Alles andere zählte nicht.
Ich dachte an verschiedene Klöster, die ich kennengelernt hatte. Das in Schottland, wo mein alter Freund Father Ignatius lebte, war ein Refugium der Weißen Magie. Ich hatte aber vor Jahren schon eines in den Pyrenäen kennengelernt, in dem die Horror-Reiter auftauchten und ihren Terror verbreiteten.
Möglicherweise hatte das Kloster damals mit dem Ähnlichkeit, das ich nun besuchen würde.
Ein gutes Gefühl verspürte ich nicht. Der Magen hatte sich verklumpt, und ich spürte in meiner Kehle einen trockenen Kloß, der nicht weichen wollte.
Still blieb ich nie liegen. Hin und wieder bewegte ich meine Zehen, um den Kreislauf nicht einschlafen zu lassen. Ich hörte das Rattern der großen Räder, spürte das Schaukeln, schmeckte Staub auf den Lippen, und merkte auch, daß der Schweiß auf dem Gesicht allmählich kälter und klebriger wurde.
Es war wieder das große Risiko. Hatte ich mir zuviel vorgenommen? Blieb ich am Leben? Mit Gewißheit konnte ich die Frage nicht beantworten.
Gern hätte ich mir die nähere Umgebung angeschaut. Es war leider nicht möglich, denn ich durfte es auf keinen Fall riskieren und meinen Kopf aus dem Sarg strecken. Falls man uns vom Kloster her beobachtete, wäre jede meiner Bewegungen wahrgenommen worden. So blieb ich still liegen und ignorierte auch so manchen Juckreiz.
Bis der Mann wieder stoppte und ich seine Stimme vernahm. »Wir sind da!« Er hatte gerade so laut gesprochen, daß ich es verstehen konnte. Eine Antwort bekam er natürlich nicht.
Es wurde still. Allmählich senkte sich auch der hochgewirbelte Staub dem Boden entgegen und bedeckte mich abermals mit seiner leichten Puderschicht. Ich schmeckte ihn auf den Lippen, spürte ihn in der Kehle und wartete auf das Geräusch eines sich öffnenden Tores. Das erklang auch.
Zunächst ein Knarren. Durch Mark und Bein fuhr es mir, als sich die Scharniere bewegten. Das Klopfen meines Herzens echote im Gehirn. Ich hielt den Mund geschlossen, atmete nur durch die Nase und hörte den Griechen mit heiserer Stimme etwas fragen, das ich nicht verstand.
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