Arkonadas Totenbuch
hätten sie die Ausmaße eines Trichters angenommen, der an seinem Ende die breiteste Stelle zeigte. Der Vergleich mit einem Strauß kam mir ebenfalls in den Sinn, und ich sah dieses Feuer, so normal es auch wirkte, nicht als natürlich an. Sein Erscheinen mußte eine magische Ursache haben, die mit dem Hervortauchen der Blutgöttin in einem unmittelbaren Zusammenhang stand.
So jedenfalls sah ich es.
Mein weiblicher Schützling, für den ich die Verantwortung trug, hatte ebenfalls bemerkt, daß sich in der Dunkelheit etwas tat. Zwar standen wir beide noch im Finstern, aber der Widerschein des Feuers zog bereits seine zuckende Kreise.
Die Griechin löste sich von mir, drehte sich um, sah die Flammen und trat mit einem leisen Laut des Erschreckens auf den Lippen einen schnellen Schritt zurück.
Dabei hob sie den Kopf. Ängstlich blickte sie in mein Gesicht. Nur mit einer zögernden Bewegung hob sie den rechten Arm und streckte ihn ebenso aus wie ihren Zeigefinger, dessen Nagelspitze auf den Rammentrichter deutete.
»Eli… Eli…« Rauh und stockend kam der Name der Blutgöttin über ihre Lippen.
Ich gab ihr keine Antwort, da ich ihre Bemerkung weder bestätigen noch ablehnen konnte. Uns beiden blieb nichts anderes übrig, als abzuwarten, denn es mußte einfach weitergehen.
Die Flammen würden nicht für alle Zeiten brennen, ohne daß etwas geschah. Und es passierte!
Aus der Finsternis unter dem Feuer schob sich etwas in die Höhe. Zuerst konnte ich es nicht genau identifizieren, bis weitere Sekunden verstrichen waren und ich den Gegenstand genau erfaßte. Es waren zwei Hände!
Im ersten Augenblick erinnerte ich mich an die Pranken des Großen Alten Hemator, das allerdings konnte ich mir abschminken. Diese Hände hier waren anders, ganz anders.
Erstens nicht so groß, auch nicht steinig und starr, sondern menschlich, allerdings, das mußte ich bei näherem Betrachten zugeben, doch gewaltiger als eine normale Hand, da sie es schafften, die Ausmaße der Flammen genau einzufangen.
Jetzt sah es so aus, als würden die Flammen genau zwischen den gekrümmten Handflächen brennen oder aus den beiden Gelenken hervorflackern.
Mich faszinierte dieses Schauspiel enorm, die Griechin neben mir machte es ängstlich. Sie fragte mich nicht, aber ich spürte ihre Finger an meiner Hüfte, als wollte sie dort den nötigen Schutz suchen. War das alles?
Ich sah keinen Körper, nur die Hände, die der rötliche Widerschein in eine entsprechende Farbe tauchte, bis zu dem Moment, wo die Hände sich veränderten.
Jetzt nahmen sie eine andere Farbe an. Wahrscheinlich war es die ursprüngliche.
Eine gewisse Faszination konnte ich nicht wegleugnen, als ich sah, wie sie sich veränderten. Sie wurden erst dunkel, dann heller und strahlten plötzlich in einem kalten Blau, das in der farblichen Skala vielleicht einen Ton über der einer normalen Jeanshose lag.
Gewaltig.
Ich atmete tief ein und versuchte, die Entfernung zu schätzen, die uns von dem Feuer trennte.
In der Dunkelheit war es einfach zu schwer, deshalb ließ ich weitere Bemühungen sein.
Aber der magische Vorgang war noch nicht beendet. Auf einmal veränderte sich der Feuerkelch. Aus der Tiefe schoß etwas hervor, erreichte die Spitze, so daß dort eine lange, leckende Flammenzunge entstand, die an Breite und Höhe zunahm, so daß sie mehr Details aus der weiteren Umgebung hervorriß.
Vorhin hatte ich sie nur singen hören, jetzt sah ich sie. Es waren die Mönche, die Diener der Blutgöttin, und sie standen hinter dem Feuerzeichen wie eine Wand.
Schaurig sah es aus, als ich die Reihe der Mönche sah. Sie trugen auch jetzt noch ihre Kutten, hatten die Kapuzen übergestreift, so daß nur noch die Gesichter zu sehen waren, die von der Glut des Feuers berührt wurden, so daß sie wirkten, als würden sie allmählich anfangen zu brennen. Die Mönche im Hintergrund rührten sich nicht. Doch innerhalb des zuckenden Flammenscheins wirkten sie so, als würden sie sich bewegen, nicken, sich anstoßen, die Gesichter verziehen und sich durch die Bewegungen gegenseitig Mut machen.
Bisher hatte ich mich durch den Tanz der Flammen optisch täuschen lassen.
Nun änderte sich dies, denn die dort stehenden und wachenden Dämonendiener bewegten sich tatsächlich. Als hätten sie ein nur für sie hörbares Kommando bekommen, drückten sie die Köpfe in den Nacken und schauten in die Höhe.
Gab es dort etwas Interessantes zu sehen? Vielleicht auch für mich? Auch ich folgte ihrem
Weitere Kostenlose Bücher