Arkonadas Totenbuch
Windes an und dem Eisernen ins Ohr. »Ich muß mit dem Mann dort unten sprechen.«
Der Eiserne hatte begriffen.
Er korrigierte seinen Flug ein wenig und zielte dann in einer schrägen Linie nach unten.
Kostos Lakidis, der innerlich einem Wrack glich, weil er sich immer quälende Fragen stellte, auch alles richtig gemacht zu haben, zuckte zusammen, als er über sich das seltsame Pfeifen hörte, denn der Flugwind umjaulte die landende Gestalt. Er schaute hoch. Das Gesicht des Griechen erstarrte vor Schreck. Er hatte viel in seinem Leben gesehen, glaubte inzwischen an Götter und Dämonen ebenso wie an die griechischorthodoxe Kirche, aber einen Engel hatte er noch nicht zu Gesicht bekommen.
Und der sah so aus, als wollte er direkt vor seinem Gespann landen. Automatisch zog er die Zügel an. Die beiden Maultiere gehorchten willig, obwohl sie keine Lust hatten, den Wagen zu ziehen. Sie hoben nicht einmal die Köpfe, als der Eiserne, mit Suko auf dem Rücken, den Boden berührte.
Der Inspektor rutschte herab und bedeutete dem Engel durch eine Handbewegung, an der gleichen Stelle zu warten.
Er ging auf Lakidis zu.
Der Grieche schaute ihn an, als würde er direkt vom Mars herkommen.
»Du?« ächzte er.
»Ja, ich.«
»Aber wer ist er?« fragte der Bürgermeister flüsternd und deutete auf den Eisernen.
Suko hob die Schultern. »Ein Engel, wie du siehst.«
Plötzlich lachte der Mann. »Ein Engel, ha, ha, ein Engel. Klar, weshalb auch nicht?«
Suko befürchtete den Mann verwirrt zu haben, deshalb sprang er auf den Bock und ließ sich neben Lakidis nieder. »Okay, Freund, mal ganz langsam und ruhig.«
»Es besteht keinen Grund zur Panik. Du träumst auch nicht. Alles, was du siehst oder gesehen hast, entspricht den Tatsachen. Klar?«
»Ja.«
»Dann weiter! Was ist im Kloster geschehen?« Lakidis hob den Kopf, traute sich aber nicht, auf den Eisernen Engel zu schauen, sondern schielte zur Seite.
»Sie haben mich hineingelassen, und dann konnte ich auch wieder wegfahren.«
»Das war nicht alles!«
»Doch.«
»Nein. Was geschah mit den beiden Särgen? Du mußt es doch gesehen haben, Lakidis.«
»Die wurden abgeladen.«
»Gut. Von wem? Den Mönchen?«
»Ja.«
»Was passierte danach?«
Der Grieche spielte mit seinen Fingern. Er hustete, weil er Staub geschluckt hatte. Heiß brannte die Sonne den beiden auf dem Kutsch bock sitzenden Männern in den ungeschützten Nacken. »Sie trugen die Särge weg.«
»Wohin?«
»Ich habe es nicht sehen können. Vielleicht in die Tiefen des Klosters. Wer kann das wissen?«
»Hast du Eli gesehen?« Der Grieche erschrak zutiefst.
»Dann wäre ich nicht mehr am Leben, das kannst du mir glauben.«
Suko ließ nicht locker. »Was weißt du noch?«
»Nichts mehr, gar nichts. Ehrlich.« Kostos Lakidis schaute den Inspektor so treuherzig an, daß dieser ihm glaubte. Er gab ihm einen Klaps auf die Schultern. »Okay, du kannst nach Cluko zurückfahren.«
»Was machst du?«
»Ich sehe mir das Kloster an.« Lakidis blickte Suko ins Gesicht. Es sah so aus, als wollte der Mann noch etwas sagen, dann aber hob er die Zügel an und ließ sie auf den Rücken der beiden Maultiere klatschen. Das Geräusch riß die Tiere aus ihrer Lethargie. Sie hoben die Köpfe und rasten bald den Hang hinab, die Räder des Wagens drehten sich immer schneller, der Staub flog in Wolken hoch und hüllte das gesamte Gefährt nebst der beiden Zugtiere ein.
Suko drehte sich um, weil er mit den Eisernen Engel reden wollte. Der kam ihm bereits entgegen. »Ich habe alles mitbekommen«, erkärte er, »das Kloster ist für uns am wichtigsten.«
»Genau.«
»Steig auf meinen Rücken.«
Kaum saß Suko oben, als der Eiserne seine Schwingen ausbreitete und startete. Er sah so schwerfällig und kompakt aus, doch er flog mit einer spielerisch anmutenden Leichtigkeit durch die Lüfte, daß es eine Freude war, ihm zuzuschauen.
Dem Kloster näherten sich die beiden auf dem direckten Weg. Sie wußten jetzt genau Bescheid, wo sie den Geisterjäger John Sinclair finden konnten und natürlich auch Eli, die Blutgöttin. Der Inspektor machte sich Sorgen wegen seines Freundes. Von Eli hatte er nur Schlechtes gehört und auch über ihre gefährliche Macht etwas erfahren. Sie war schlimm, grausam, vielleicht sogar unschlagbar, deshalb durfte John nicht allein auf seine Waffen und Kräfte vertrauen, sondern auch auf seine Freunde, die hoffentlich nicht zu spät kamen. Wuchtig sahen die Mauern aus. Sie wirkten wie ein drohender
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