Arktis-Plan
Bajonett. »Wahrscheinlich sind sie durch die Schüsse gestört worden.«
Sie schnitt das Dichtungsband, mit dem die Sprengladung an dem Hubschrauber befestigt war, sorgfältig durch. Dann stand sie auf und warf den Sprengstoff so weit sie konnte über den Wall aus Schnee. »Wenn sie die Ranger ohnehin in die Luft sprengen wollten, ist doch wohl anzunehmen, dass sie sich nicht die Mühe gemacht haben, sie außerdem auch noch zu sabotieren.«
»Das wirst du gemeinsam mit dem Major überprüfen müssen.« Smith sah sich nach dem brennenden Lager um. Wo zum Teufel blieb Val? Sie hätte sich ihnen anschließen sollen, nachdem sie ihre Rolle als Köder erfüllt hatte. »Wie lange braucht ihr, um dieses Gerät flugtüchtig zu machen?«
Randi runzelte die Stirn und schob die Kapuze ihres Parkas zurück. »Es hat zwei Tage lang hier draußen gestanden und die Kälte in sich aufgesogen. Im Handbuch steht, unter diesen klimatischen Bedingungen sind für das Aufwärmen, die Vorbereitungen und den Vorflugcheck mindestens zwei Stunden erforderlich.«
»Auf dieser Insel gibt es kein solches Buch.«
»In Ordnung. Ich werde sehen, was ich tun kann. Major, helfen Sie mir, die Abdeckplanen und die Triebwerksverkleidung zu entfernen.«
Smith entriegelte den Griff auf der Seitenluke der Long Ranger. Er ließ sie aufgleiten und warf einen Blick in die Kabine. Alles
schien intakt zu sein und sah so aus, wie sie es zurückgelassen hatten, darunter auch der große Aluminiumkoffer mit Laborgeräten, den sie auf den Boden geschnallt hatten. Der hatte ihnen aber auch gleich gar nichts genutzt.
Er zog seinen Rucksack ab, schwang ihn in die Kabine und legte Valentinas Modell 70 daneben. Der Anblick des Gewehrs erinnerte ihn wieder an die Besitzerin der Waffe.
Sie war ganz sicher gewesen, dass sie es allein schaffen und ohne fremde Hilfe davonkommen konnte. Was war, wenn sie sich geirrt hatte? Smith spürte, wie sich seine Eingeweide verknoteten. Er wollte nicht, dass sie ein weiterer der Fehlschläge wurde, mit denen er leben musste.
»Colonel, sehen Sie nur!« Smyslov ließ einen Teil der Triebwerksverkleidung fallen und deutete in die Ferne. Eine kleine Gestalt war hinter den brennenden Baracken aufgetaucht, kam um die Hügelkuppe herum und rannte – nein, wankte – über den Küstenpfad. Smith schnappte sich sein Gewehr und lief ihr entgegen. Smyslov folgte wenige Schritte hinter ihm.
Sie fingen sie kurz vor den Hütten ab. »Ist alles in Ordnung mit dir?«, fragte Smith, als Valentina mehr oder weniger in seiner Armbeuge zusammenbrach.
»Alles bestens«, sagte sie keuchend und schnaufend und stemmte ihre Hände auf ihre Knie. »Nur außer Atem … aber es gibt … Komplikationen, Jon … Komplikationen.«
»Was ist los?«
Sie zwang sich, eine aufrechte Haltung einzunehmen, obwohl sie nach dem Sprint noch nach Luft japste. »Unsere Falle hat blendend funktioniert … beinah ein Unentschieden. Ich habe mich noch ein Weilchen dort rumgetrieben, um hinterher aufzuräumen und vielleicht ein oder zwei überschüssige Waffen als Reserve mitzunehmen … aber ich bin … dabei gestört worden … und musste schleunigst verschwinden.«
»Von wem?«
»Von den restlichen Angehörigen der Speznas-Einheit. Bei der Schießerei mit den Schmugglern sind nur sechs von ihnen draufgegangen. Vier weitere sind hinter mir her, und ich habe den ausgeprägten Verdacht, dass sie nicht allzu erfreut über die jüngsten Vorfälle sind.«
»Haben sie dich gesehen?«, hakte Smith nach.
»Ich bin nicht sicher. Es kann sein.«
»Wie viel Zeit bleibt uns?«
»Sie haben kurz Halt gemacht, um nach ihren Toten zu sehen. Ich vermute, wir haben etwa zehn Minuten.«
»Verflucht! Ausgerechnet jetzt tauchen sie auf!« Smith rieb sich die schmerzenden Augen und fragte sich, ob er jemals wieder etwas anderes als müde sein würde. »Also gut. Major, Sie und Randi müssen dafür sorgen, dass dieser Hubschrauber flugbereit ist. Val, dein Gewehr liegt in der Ranger. Ich möchte, dass du von dort aus die Zugänge zum Heliport bewachst. Ich bleibe hier und nehme den Küstenpfad unter Beschuss.«
Valentina strich sich eine schweißfeuchte Haarsträhne aus der Stirn. »Jon, diese Kerle kennen wahrscheinlich den alten deutschen Infanterietrick, die Feuerkraft der Einheit zu erhalten. Die Überlebenden werden ihre Sturmgewehre gegen die Automatikwaffen ihrer Toten eintauschen. Es mag zwar sein, dass sie siebzig Prozent der Männer ihrer Einheit verloren
Weitere Kostenlose Bücher