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Arm und Reich

Arm und Reich

Titel: Arm und Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Wüsten­bewohner sind, liegt darin, daß sie in den attraktiveren Gebieten von Europäern umgebracht oder vertrieben wurden, so daß den letzten intakten Aborigines-Popu­lationen nur der Rückzug in Gegenden blieb, an denen Europäer kein Interesse hatten.
    Innerhalb der letzten 5000 Jahre kam es in einigen der fruchtbaren Regionen zu einer Intensivierung der von den Aborigines praktizierten Form der Nahrungs­gewinnung, einhergehend mit einem Anstieg der Bevöl­kerungsdichte. So wurden in Ostaustralien Techniken entwickelt, mit denen es gelang, die im Überfluß vor­handenen stärkehaltigen, aber hochgiftigen Zykadeen­samen durch Auslaugung oder Fermentation genießbar zu machen. Die zuvor ungenutzten Hochebenen im Süd­osten Australiens wurden ab einem gewissen Zeitpunkt regelmäßig im Sommer von Aborigines aufgesucht, die sich dort nicht nur an Zykadeennüssen und Jamswur­zeln gütlich taten, sondern auch an Bogongfaltern, ei­ner Wanderfalterart, die dort in riesigen Ansammlun­gen überwintert und gegrillt wie geröstete Kastanien schmeckt. Eine weitere Form intensiver Nahrungsge­winnung war der Fang von Süßwasseraalen im Murray-Darling-Stromsystem, wo die Wasserstände in Marsch­gebieten je nach saisonalen Regenfällen schwanken. Hier legten Aborigines komplizierte Kanalsysteme von bis zu 2,5 km Länge an, um den Aalen auch Zugang zu den je­weils benachbarten Marschgebieten zu verschaffen. Ge­fangen wurden die Aale an kunstvollen Wehren, in Fal­len in toten Seitenkanälen und in Netzen an Steinwällen, die an einigen Stellen in den Kanälen errichtet wurden und mit Durchlaßöffnungen versehen waren. Fallen in unterschiedlicher Höhe trugen dem schwankenden Was­serstand in den Marschen Rechnung. Die Errichtung die­ser »Fischfarmen« muß sehr viel Arbeit gekostet haben, konnte dann aber auch eine große Zahl von Menschen ernähren. Europäer berichteten im 19. Jahrhundert von Aborigines-Dörfern an solchen Orten, die aus mehreren Dutzend Häusern bestanden; Archäologen fanden so­gar Überreste von Dörfern mit bis zu 146 Steinhäusern, was auf wenigstens saisonal seßhafte Populationen von mehreren hundert Menschen schließen läßt.
    Eine weitere Neuerung in Ost- und Nordaustralien war das Ernten von Hirsekörnern einer Art, die zur glei­chen Gattung gehört wie Besenhirse, die in der Früh­phase der Landwirtschaft in China als Grundnahrungs­mittel Bedeutung erlangte. Die Hirse wurde mit stei­nernen Messern geschnitten, zu Haufen gestapelt und gedroschen. Die Körner wurden in Lederbeuteln oder hölzernen Schalen aufbewahrt und später gemahlen. Ei­nige der verwendeten Werkzeuge, wie Erntemesser und Mahlsteine, ähnelten den Werkzeugen, die im Bereich des Fruchtbaren Halbmonds zum Ernten und Verar­beiten der Samenkörner anderer Wildgräser erfunden wurden. Von allen Methoden, die die australischen Ab­origines zur Nahrungsgewinnung anwandten, hätte die Hirseernte mit der Zeit vielleicht am ehesten zur Land­wirtschaft geführt.
    Parallel zur Intensivierung der Nahrungsgewinnung kamen in den letzten 5000 Jahren neue Arten von Werk­zeugen in Australien auf. Kleine Steinklingen und -spit­zen traten an die Stelle klobigerer Steinwerkzeuge. Bei­le mit geschliffenen Steinklingen, die ursprünglich nur an wenigen Orten Australiens verwendet wurden, setz­ten sich fast überall durch. Innerhalb der letzten tau­send Jahre kamen auch Angelhaken aus Muschelscha­le in Gebrauch.
    Warum wurden in Australien keine Werkzeuge aus Metall hergestellt, warum entstanden weder Schrift noch komplexe Formen politischer Organisation? Ein Haupt­grund liegt darin, daß die Aborigines ihre Lebenswei­se als Jäger und Sammler beibehielten, und wie wir aus den Kapiteln 11–13 wissen, hielten die genannten Neue­rungen in anderen Teilen der Welt nur in Gesellschaf­ten mit Landwirtschaft, hoher Bevölkerungsdichte und ökonomischer Differenzierung Einzug. Hinzu kommt, daß Australien mit seinem trockenen, unberechenbaren Klima und seinen kargen Böden nur einige hunderttau­send Jäger und Sammler ernähren konnte. Verglichen mit den vielen Millionen Menschen in China oder Meso­amerika verfügte Australien also auch über sehr viel we­niger potentielle Erfinder und eine weitaus kleinere Zahl von Gesellschaften, die mit Innovationen experimentie­ren konnten. Daneben mangelte es an engen Kontakten zwischen den einzelnen Aborigines-Gesellschaften. Das frühe Australien ähnelte einem äußerst dünn

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