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Arm und Reich

Arm und Reich

Titel: Arm und Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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weiter Landwirtschaft trieben und ein eigenes, auf Metallverarbeitung basierendes Reich errichteten. Ähnlich sahen sich die Punan, ebenfalls bäuerliche austronesische Emigranten aus Taiwan und Indonesien, in den Regenwäldern Borneos gezwungen, wieder als Jäger und Sammler zu leben, während ihre Verwandten auf Java, das mit fruchtbaren Vulkanböden gesegnet ist, der Landwirtschaft treu blieben, ein von Indien beeinflußtes Königreich gründeten, die Schrift einführten und das prächtige buddhistische Monu­ment von Borobudur bauten. Jener Zweig der Austro­nesier, der schließlich Polynesien besiedelte, geriet au­ßer Reichweite der ostasiatischen Schrift und Metall­verarbeitung, was zur Folge hatte, daß er metall- und schriftlos blieb. Indessen entwickelten sich die austro­nesischen Gesellschaften politisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich in verschiedenen Lebensräumen höchst unterschiedlich. So waren die Besiedler Ostpolynesiens binnen tausend Jahren auf den Chathaminseln wieder zur Jagd- und Sammelwirtschaft zurückgekehrt, wäh­rend sie auf Hawaii ein Staatsgebilde mit intensiver Landwirtschaft errichteten.
    Als schließlich die Europäer eintrafen, waren sie auf­grund ihrer Überlegenheit im Bereich der Technik und auf anderen Gebieten in der Lage, den größten Teil Südostasiens und der pazifischen Inselwelt vorüberge­hend unter ihre Kolonialherrschaft zu bringen. Örtli­che Krankheitserreger und die bäuerlichen Bewohner der Region hinderten die Europäer jedoch an den mei­sten Orten daran, sich in größerem Umfang als Sied­ler niederzulassen. Nur auf Neuseeland, Neukaledoni­en und Hawaii – den größten und entlegensten Inseln, deren Klima aufgrund der äquatorfernen Lage am ehe­sten dem gemäßigten Klima Europas entspricht – sind heute größere europäische Populationen ansässig. Im Unterschied zu Australien, Nord- und Südamerika sind Ostasien und die meisten Pazifikinseln somit weiter in der Hand der Völker, die schon vor der Ankunft der Eu­ropäer dort lebten.

KAPITEL 17
Kollision der Hemisphären
Die Geschichte Eurasiens und Amerikas im Vergleich
    D ie größte Bevölkerungsverdrängung innerhalb der letzten 13 000 Jahre war jene im Gefolge der Kol­lision von Alter und Neuer Welt vor wenigen Jahrhun­derten. Ihr dramatischster, entscheidendster Moment war der Sieg von Pizarros winziger Armee aus spani­schen Abenteurern über den Inka-Herrscher Atahual­pa, den absoluten Herrscher über den größten, wohl­habendsten, bevölkerungsreichsten und administrativ und technisch fortgeschrittensten Staat Amerikas. Ata­hualpas Gefangennahme symbolisiert die Eroberung Nord- und Südamerikas durch die Europäer, denn das gleiche Bündel unmittelbarer Faktoren, das zu der Er­oberung führte, ermöglichte auch die Siege von Euro­päern über andere Zivilisationen der Neuen Welt. Wir wollen uns nun noch einmal der Kollision der Hemi­sphären zuwenden und dabei die seit Kapitel 2 gewon­nenen Erkenntnisse anwenden. Die zu beantworten­de Kernfrage lautet: Warum fuhren Europäer ins Land der Indianer und eroberten es, warum geschah nicht das Umgekehrte? Als Ausgangspunkt der Betrachtung soll ein Vergleich der eurasischen und indianischen Ge­sellschaften im Jahr 1492, dem Zeitpunkt der »Entdeckung« Amerikas durch Kolumbus, dienen.
    Beginnen wir mit der Nahrungserzeugung, einem wich­tigen Bestimmungsfaktor lokaler Bevölkerungsgröße und gesellschaftlicher Komplexität, die somit einen der eigentlichen Faktoren hinter dem Eroberungsgesche­hen darstellt. Der auffallendste Unterschied zwischen amerikanischer und eurasischer Nahrungserzeugung zeigte sich in der Bedeutung großer domestizierter Säu­getiere. In Kapitel 8 habe ich Ihnen die 13 Arten vor­gestellt, die in Eurasien zu den wichtigsten Lieferanten von tierischem Eiweiß (Fleisch und Milch), Wolle, Häu­ten und Fellen, zum Haupttransportmittel für Perso­nen und Güter, zum unverzichtbaren Mittel der Krieg­führung und (als Zugtiere und Düngerlieferanten) zum wertvollen Helfer in der Landwirtschaft wurden. Bevor im Mittelalter Wasser- und Windmühlen die eurasi­schen Säugetiere ablösten, waren diese neben menschli­cher Muskelkraft zudem wichtige Lieferanten von »in­dustrieller« Energie, beispielsweise beim Drehen von Schleifsteinen und bei der Wasserförderung aus Brun­nen. Demgegenüber besaßen Nord- und Südamerika nur eine einzige große domestizierte Säugetierart, das Lama/Alpaka, dessen

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