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Arm und Reich

Arm und Reich

Titel: Arm und Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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nicht zu den größeren Bismarckinseln oder nach Neuguinea verlegten, sicher nicht darin zu suchen, daß die Entfernung von einigen Meilen beziehungswei­se wenigen Dutzend Meilen sie daran hinderte.
    Die Lebensgrundlage der Lapita-Töpfer kann anhand von Abfallresten rekonstruiert werden, die Archäologen an Lapita-Fundstätten zutage förderten. Die Bewohner dieser Siedlungen lebten hauptsächlich vom Meer: Fisch, Schweinswale, Meeresschildkröten, Haie und Schalen­tiere waren die wichtigsten Bestandteile ihrer Nahrung. Daneben hielten sie Schweine, Hühner und Hunde und aßen die Nüsse zahlreicher Bäume (auch Kokosnüsse). Es ist anzunehmen, daß ihr Speiseplan auch die üblichen austronesischen Wurzelfrüchte umfaßte, wie Taro und Jamswurzeln, doch das läßt sich heute schwer nachwei­sen, da harte Nußschalen nun einmal eher als Wurzeln Tausende von Jahren in Abfallhaufen überdauern.
    Natürlich kann es keinen direkten Beweis dafür geben, daß die Lapita-Töpfer Sprecher einer austronesischen Sprache waren. Zwei Tatsachen legen diesen Schluß je­doch sehr nahe. Erstens weisen die Verzierungen auf ihren Krügen, die Krüge selbst sowie verwandte Uten­silien Ähnlichkeiten mit Funden auf, die in Indonesien und auf den Philippinen an Orten, an denen Vorfahren moderner Austronesischsprecher gelebt hatten, zutage gefördert wurden. Zweitens gelangte die Lapita-Kera­mik auch auf entlegene, zuvor nicht von Menschen be­siedelte Pazifikinseln, auf denen heute eine austronesi­sche Sprache gesprochen wird, ohne daß Hinweise auf eine größere zweite Welle von Ankömmlingen nach je­ner ersten, die Lapita-Krüge dorthin brachte, vorliegen (hierauf komme ich noch zurück). Es ist also davon aus­zugehen, daß die Lapita-Keramik die Ankunft der Au­stronesier in der neuguineischen Region markiert.
    Was aber taten jene austronesischen Krugmacher auf kleinen Eilanden vor der Küste größerer Inseln? Wahr­scheinlich unterschied sich ihre Lebensweise gar nicht so sehr von jener, die moderne Krugmacher bis in die jüng­ste Vergangenheit auf kleinen Inseln im Gebiet um Neu­guinea pflegten. Im Jahr 1972 besuchte ich eines dieser Dörfer auf Malai, einem kleinen Eiland der Siassi-Grup­pe vor der mittelgroßen Insel Umboi, die wiederum der größeren Bismarckinsel Neubritannien vorgelagert ist. Als ich, ohne etwas über die Bewohner Malais zu wissen, an Land ging, um vogelkundliche Studien zu betreiben, verschlug mir der Anblick fast den Atem. Statt eines der üblichen kleinen Dörfer mit flachen Hütten, umgeben von großen Gärten, in denen Obst und Gemüse angebaut wurde, und einigen Kanus am Strand lag vor mir eine große Ansammlung zweigeschossiger, eng nebeneinan­derstehender Holzhäuser, zwischen denen kein Platz für Gärten war – ein neuguineisches Pendant zu Manhat­tan. Am Strand erblickte ich Reihen großer Kanus. Wie sich herausstellte, waren die Inselbewohner nicht nur Fi­scher, sondern auch spezialisierte Töpfer, Holzschnitzer und Händler, die von der Anfertigung wunderbar ver­zierter Krüge und Holzschalen lebten, die sie mit ihren Kanus zu größeren Inseln transportierten und dort ge­gen Schweine, Hunde, Gemüse und andere Bedarfsgüter eintauschten. Selbst das Holz für ihre Kanus stammte nicht von Malai, sondern von der nahe gelegenen Insel Umboi, da die Bäume auf Malai nicht groß genug wa­ren, um daraus Kanus zu bauen.
    Bevor die Europäer auf den Plan traten, lag das Monopol für den Schiffsverkehr zwischen den Inseln um Neuguinea in den Händen solcher spezialisierten Ka­nubauer und Töpfer, die ohne Navigationsinstrumente über das Meer fuhren und ihre Siedlungen auf kleinen Inseln oder manchmal auch an der Küste des Festlands errichteten. Als ich 1972 nach Malai kam, existierten diese Handelsnetze schon nicht mehr oder waren stark geschrumpft, was zum Teil mit der Konkurrenz von eu­ropäischer Motorschiffahrt und Aluminiumgefäßen zu­sammenhing, zum Teil aber auch mit dem Verbot des Kanu-Fernverkehrs, das die australische Kolonialverwal­tung nach einer Reihe von Unfällen, bei denen Menschen ertrunken waren, verhängt hatte. Ich hege die Vermu­tung, daß die Lapita-Töpfer in der Zeit ab 1600 v. Chr. die Rolle seefahrender Händler in der Region um Neu­guinea spielten.
    Das Vordringen austronesischer Sprachen an die neu­guineische Nordküste und selbst auf die größten Bis­marck- und Salomoninseln muß im wesentlichen nach der Lapita-Ära erfolgt sein, da Lapita-Funde

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