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Arm und Reich

Arm und Reich

Titel: Arm und Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Mesoamerika, Südwesten der USA) zu keiner Zeit durch so intensive Handelsbe­ziehungen miteinander verbunden waren wie Europa mit Asien, von wo die Pest, die Grippe und vielleicht auch die Pocken nach Europa gelangten. So kam es, daß selbst Malaria und Gelbfieber, jene Infektionskrankhei­ten, die den Europäern bei der Kolonisierung der ame­rikanischen Tropen und speziell beim Bau des Panama­kanals schwer zu schaffen machen sollten, keineswegs amerikanische Krankheiten waren, sondern von Mi­kroben aus tropischen Gegenden der Alten Welt her­vorgerufen werden, die Europäer nach Amerika einge­schleppt hatten.
    Weitere unmittelbare Faktoren, die neben Krank­heitserregern bei der Eroberung Nord- und Südame­rikas durch Europäer eine wichtige Rolle spielten, hän­gen mit dem technischen Entwicklungsstand zusammen. Sie waren letztlich das Resultat dessen, daß ökonomisch differenzierte, politisch zentralisierte Agrargesellschaf­ten mit hoher Bevölkerungsdichte, die miteinander in Kontakt und in Konkurrenz standen, in Eurasien schon wesentlich länger existierten. Ich will fünf Bereiche der Technik herausgreifen, die mir wichtig erscheinen:
    Erstens waren bis zum Jahr 1492 alle komplexen eur­asischen Gesellschaften zur Verwendung von Metall – erst Kupfer, dann Bronze und schließlich Eisen – bei der Werkzeugherstellung übergegangen. Dagegen wa­ren Stein, Holz und Knochen immer noch die wich­tigsten Arbeitsmaterialien der indianischen Werkzeug­macher, wenn auch in den Anden und einigen anderen Regionen Nord- und Südamerikas Kupfer, Silber, Gold und Legierungen zu Schmuck verarbeitet wurden; bei der Werkzeugherstellung war Kupfer nur von lokaler Bedeutung.
    Zweitens war die Militärtechnik in Eurasien viel wei­ter fortgeschritten als in Nord- und Südamerika. Euro­päer verfügten über stählerne Schwerter, Lanzen und Dolche, ergänzt durch kleinere Feuerwaffen und Artil­leriegeschütze; hinzu kamen Stahlrüstungen und -helme oder Kettenpanzer. Die indianischen Krieger waren da­gegen nur mit Knüppeln und Äxten aus Stein oder Holz (in den Anden gelegentlich auch aus Kupfer), Schleudern und Pfeil und Bogen bewaffnet; ihre leichten Rüstun­gen boten ihnen zudem viel schwächeren Schutz. Die indianischen Heere verfügten auch nicht über Tiere als Pendant zu Pferden, deren Nutzen im Gefecht und als schnelles Transportmittel den Europäern riesige Vor­teile verschaffte, bis einige indianische Gesellschaften selbst Pferdebesitzer wurden.
    Drittens besaßen eurasische Gesellschaften eine enor­me Überlegenheit bei der Nutzung verschiedener Ener­giequellen als Antriebskraft für Maschinen. Der älte­ste Fortschritt auf diesem Gebiet war der Einsatz von Tieren – Kühen, Pferden, Eseln – als Zugtieren in der Landwirtschaft, zum Drehen von Rädern beim Korn­mahlen, zur Wasserförderung aus Brunnen und zur Be­oder Entwässerung von Feldern. Wasserräder tauchten erstmals in römischer Zeit auf und kamen im Mittelalter, zusammen mit Gezeiten- und Windmühlen, vielerorts in Gebrauch. Gepaart mit Mechanismen zur Kraft über­tragung dienten Maschinen, die Wasser und Wind als Energiequellen nutzten, nicht nur zum Mahlen von Ge­treide und zur Förderung von Wasser, sondern sie fanden daneben unzählige andere »industrielle« Verwendungen, so bei der Zuckergewinnung, beim Betrieb von Gebläse­öfen, bei der Zerkleinerung von Erzen, bei der Papierher­stellung, beim Schleifen und Polieren von Steinen, beim Ölpressen, bei der Salzgewinnung, bei der Tuchherstel­lung und beim Holzsägen. Für gewöhnlich wird der Be­ginn der industriellen Revolution mit der Erfindung der Dampfmaschine im 18. Jahrhundert in England gleich­gesetzt, doch in Wirklichkeit hatte eine industrielle Re­volution auf der Grundlage von Wasser- und Windkraft in vielen Teilen Europas schon im Mittelalter begonnen. In Nord- und Südamerika verrichtete man 1492 dage­gen all jene Tätigkeiten, für die man sich in Eurasien auf Tiere, Wasser- und Windkraft stützte, immer noch ausschließlich mit menschlicher Muskelkraft.
    Lange bevor damit begonnen wurde, das Rad zur Kraftübertragung zu nutzen, war es in Eurasien schon zur Grundlage des Güter- und Personenverkehrs gewor­den, und zwar nicht nur in Form von Fuhrwerken, vor die Zugtiere gespannt wurden, sondern auch in Form der Schubkarre, die es ermöglichte, mit erheblich ver­ringertem Kraftaufwand – wenngleich immer noch mit reiner Muskelkraft– schwere Gegenstände zu

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