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Arm und Reich

Arm und Reich

Titel: Arm und Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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Kaffernbüffel steht jedoch in dem Ruf, von allen großen afrikanischen Säugetieren das gefährlichste und unberechenbarste zu sein. Jeder, der so waghalsig war, den Versuch der Do­mestikation zu unternehmen, bezahlte dafür entweder selbst mit dem Leben oder war gezwungen, den Büf­fel zu schlachten, bevor er zu groß und bösartig wurde. Auch Nilpferde, vier Tonnen schwere Vegetarier, würden sich prächtig zur Hofhaltung eignen, wären sie nicht so gefährlich. Jahr für Jahr fallen ihnen mehr Menschen zum Opfer als jedem anderen afrikanischen Säugetier, Löwen eingeschlossen.
    Daß diese wegen ihres bösartigen Temperaments be­rüchtigten Tiere nicht domestiziert werden konnten, dürfte die wenigsten überraschen. Andere Disqualifi­kanten sind für ihren gefährlichen Charakter dagegen weniger bekannt. Die acht Arten von Einhufern (Pfer­de und ihre Verwandten) unterscheiden sich in ihrem Verhalten sehr stark, obwohl sie genetisch so eng mit­einander verwandt sind, daß eine Paarung ohne weite­res möglich ist und zu gesundem (wenn auch in der Re­gel unfruchtbarem) Nachwuchs führt. Zwei von ihnen, das Pferd und der Afrikanische Wildesel (der Vorfah­re des Hausesels), wurden erfolgreich domestiziert. Eng verwandt mit dem Afrikanischen Wildesel ist der Persi­sche Halbesel, auch Onager genannt. Da zu seinem na­türlichen Verbreitungsgebiet auch der Fruchtbare Halb­mond gehörte, die Wiege der westlichen Zivilisation und der früheste Ort der Domestikation von Tieren, ist da­von auszugehen, daß schon sehr früh ausgiebig mit ihm experimentiert wurde. Aus sumerischen und späteren Quellen wissen wir, daß Onager regelmäßig gejagt, ein­gefangen und mit Eseln und Pferden gekreuzt wurden. Einige Schilderungen pferdeähnlicher Tiere, die zum Reiten und als Zugpferde dienten, beziehen sich mögli­cherweise auf Onager. Jeder, der über sie schrieb, von den alten Römern bis hin zu modernen Zoologen, äußerte sich jedochmißbilligend über ihre Übellaunigkeit und Bissigkeit. Die Folge war, daß Onager trotz ihrer großen Ähnlichkeit mit anderen Vorfahren unseres Hausesels nie domestiziert wurden.
    Als noch schlimmer erwiesen sich die vier Zebraar­ten. Bei den verschiedentlichen Domestikationsversu­chen kam man immerhin so weit, Zebras vor Wagen zu spannen: Im 19. Jahrhundert experimentierte man in Südafrika mit Zebras als Zugtieren, und der exzen­trische Lord Walter Rothschild fuhr in einer mit Zebras bespannten Kutsche durch die Straßen Londons. Leider Gottes werden Zebras mit wachsendem Alter äußerst ge­fährlich. (Das soll nicht heißen, daß nicht auch Pferde oftmals ein schwieriges Gemüt haben, aber für Zebras und Onager gilt dies in viel stärkerem Maße und mit viel weniger Ausnahmen.) Zebras haben die unerfreuli­che Angewohnheit, Menschen zu beißen und dann nicht wieder loszulassen. Auf diese Weise verletzen sie jedes Jahr mehr Tierpfleger in Zoos als selbst Tiger! Es ist auch praktisch unmöglich, Zebras mit dem Lasso einzufan­gen – dieses Kunststück gelingt nicht einmal Cowboys, die auf Rodeos beim Einfangen von Pferden Meister­leistungen vollbringen. Der Grund liegt in einer Fähig­keit von Zebras, die sie nie im Stich läßt und die darin besteht, eine auf sie zufliegende Schlinge zu beobachten und sich im richtigen Moment wegzuducken.
    Deshalb gelang es nur selten (oder nie), ein Zebra zu satteln und auf ihm zu reiten, und die Begeisterung für die Domestikation dieses Pferdeverwandten hat sich denn auch in Südafrika wieder gelegt. Unberechenbar­keit und Aggressivität großer, potentiell gefährlicher Säu­getiere erklären auch zum Teil, warum den anfangs so vielversprechenden Experimenten der jüngeren Vergan­genheit mit Elchen und Elenantilopen kein größerer Er­folg beschert war.
    Neigung zu panikartiger Flucht . Die großen pflanzen­fressenden Säugetiere reagieren auf die Bedrohung durch Raubtiere oder Menschen auf unterschiedliche Weise. Einige Arten sind nervös, flink und auf sofortige Flucht bei Gefahr programmiert. Andere sind langsamer, weni­ger nervös, suchen Schutz in Herden, geben bei Gefahr nicht so leicht nach und ergreifen nur als letztes Mittel die Flucht. Die meisten Hirsch- und Antilopenarten (mit Ausnahme des Rentiers) gehören zum ersten Typ, Scha­fe und Ziegen zum zweiten. – Nervöse Tiere eignen sich naturgemäß nicht gut zur Haltung als Vieh. Eingepfercht in Gehege, geraten sie schnell in Panik und sterben ent­weder vor Angst oder

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