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Armageddon 01 - Die unbekannte Macht

Armageddon 01 - Die unbekannte Macht

Titel: Armageddon 01 - Die unbekannte Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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kletterte von der Leiter. Er war ein langgliedriger Zweiundzwanzigjähriger mit Shorts, die aus einem alten Drillichanzug genäht waren. Ein speziell angefertigter Gürtel war mit Schlaufen versehen, die seine Zimmermannswerkzeuge hielten. Anfangs hatte Powel Manani das Werkzeug von einem Tag zum anderen ausgegeben und verlangt, daß sie es abends immer wieder zurückgaben, doch inzwischen behielten die Zettdees es ständig bei sich. Einige von ihnen hatten sich zu hochbegabten Zimmerleuten entwickelt; Leslie war einer davon.
    »Wir bringen jetzt die beiden letzten Querträger an, Vater«, sagte sie. »Bis zum Mittagessen sind sie an Ort und Stelle. Anschließend können wir uns daranmachen, die Latten anzunageln und das Dach zu decken. Wissen Sie, ich schätze, wir werden noch in den vierzehn Tagen mit Ihrer Kirche fertig. Ich mache mir nur Gedanken wegen der Kirchenbänke; so viele Schwalbenschwanzverbindungen in so kurzer Zeit zu fräsen wird ziemlich schwierig, selbst mit unseren Fissionsklingen.«
    »Denken Sie nicht eine Sekunde darüber nach«, sagte Horst rasch. »Es werden sowieso nicht genügend Gläubige kommen, um die Bänke zu füllen. Ein Dach über unseren Köpfen ist mehr als genug. Der Rest kann warten. Der Herr versteht, daß die Farmen zuerst an der Reihe sind.« Er lächelte und war sich schmerzhaft bewußt, wie heruntergekommen und schäbig er in seinem fleckigen ockerfarbenen Hemd und den zu großen, knielangen Shorts aussah. Soviel anders als diese ohne Ausnahme schlanken, kräftigen jungen Burschen.
    »Ja, Vater.«
    Horst spürte einen Stich des Bedauerns. Die Zettdees waren so isoliert, und doch arbeiteten sie härter als die meisten. Aberdales Erfolg war zu keinem geringen Teil eine Frucht ihrer Anstrengungen. Und Powel Manani war noch immer wütend über die wenigen Freiheiten, die man ihnen gewährte. In anderen Siedlungen wäre das auch nicht so, hatte er sich beschwert. Aber andere Siedlungen hatten auch keinen Quinn Dexter – ein Gedanke, der Horst nicht ganz soviel Dankbarkeit entlocken konnte, wie er eigentlich sollte. Quinn war ein kalter Fisch. Horst kannte die Müllkinder, kannte ihre Beweggründe und ihre seichten Wünsche. Aber was hinter diesen eisigen blauen Augen vor sich ging, das war ein dunkles Geheimnis. Ein Geheimnis, vor dessen Enthüllung er sich fürchtete.
    »Ich werde einen Weihgottesdienst abhalten, sobald das Dach fertig ist«, sagte er zu den beiden Zettdees. »Ich hoffe, Sie kommen auch?«
    »Wir denken darüber nach«, erwiderte Leslie mit unverbindlicher Höflichkeit. »Danke für Ihre Einladung, Vater.«
    »Ich habe bemerkt, daß nicht viele von Ihnen zu meinen Gottesdiensten erscheinen. Jedermann ist willkommen, wissen Sie? Selbst Mister Manani, obwohl ich nicht glaube, daß er große Stücke auf mich hält.« Er bemühte sich, seine Worte fröhlich klingen zu lassen, doch ihre Gesichter verzogen sich keinen Deut.
    »Wir sind nicht besonders religiös, Vater«, erwiderte Leslie.
    »Ich wäre froh, Ihnen die tieferen Auswirkungen des Christentums zu erklären. Unwissenheit ist kein Verbrechen, sondern ein Unglück. Wenn schon nichts anderes, so hätten wir wenigstens eine tiefgehende Diskussion. Sie müssen keine Angst haben, mich zu schockieren. Ich erinnere mich an ein paar Debatten aus meiner Zeit als Novize … Wir haben dem Bischof wirklich ziemliches Feuer unter dem Hintern gemacht.« Er wußte, daß er sie in diesem Augenblick verloren hatte. Ihre frühere Großmut war steifer Förmlichkeit gewichen. Sie blickten ihn aus ungerührten Gesichtern an, und in ihren Augen leuchtete heimlicher Groll. Einmal mehr wurde Horst bewußt, wie rätselhaft es für ihn war, was in diesen jungen Männern vorging.
    »Wir haben unseren Bruder des Lichts … «, setzte Daniel zu einer Erwiderung an und brach ab, als er Leslies wütende Blicke bemerkte.
    »Bruder des Lichts?« fragte Horst sanft. Er war sicher, daß er diesen Ausdruck schon früher gehört hatte.
    »Sonst noch etwas, Vater?« fragte Leslie. »Wir würden jetzt gerne die Querbalken einsammeln.«
    Horst wußte, wann man nachsetzen mußte, und das hier war nicht die geeignete Zeit. »Ja, selbstverständlich. Was soll ich tun? Kann ich Ihnen irgendwie helfen, beim Tragen vielleicht?«
    Leslie blickte sich ungeduldig um. »Sie könnten die Schindeln griffbereit aufstapeln, damit wir sofort anfangen können, wenn die Lattung fertig ist«, sagte er widerwillig. »Zwanzig Stück auf einem Stapel neben jedem

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