Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
durch das Flechtwerk aus Ästen und Zweigen schossen. Hoch über ihren Köpfen erblickten sie Vennals, die um die Stämme und dicken Äste flitzten wie große dreidimensionale Schatten.
Nach und nach wurde das durch das dichte Blätterdach dringende Licht weniger. In den Zwischenräumen zwischen den normalen Dschungelbäumen erblickte Quinn eine zunehmende Menge junger Giganteas. Sie erinnerten an gewaltige Konusse, und sie waren umhüllt von einer Art malvenbraunem faserigem Haar statt einer richtigen Rinde. Ihre Äste entsprangen in Ringen aus dem Stamm, die sich in regelmäßigen Abständen über die gesamte Höhe hinzogen und ausnahmslos in einem Fünfundvierzig-Grad-Winkel nach unten wuchsen. Fächerartiges dichtes Geäst sproß aus den massiven Ästen, dicht gepackt wie Vogelnester. Die Oberseite dieses Gewirrs war von Blättern überwuchert wie ein dunkles, grünes Fell.
Als Quinn zum ersten Mal eine ausgewachsene Gigantea gesehen hatte, hatte er geglaubt, Opfer einer Halluzination zu sein. Sie war zweihundertdreißig Meter hoch, mit einer Basis von fünfundvierzig Metern Durchmesser, und sie ragte aus dem Dschungel wie ein verirrter Berg. Kriechpflanzen und Reben hatten die unteren Äste umschlungen und das langweilige Blattwerk mit einem farbenfrohen Muster aus Blüten überzogen, doch selbst die am schnellsten wachsenden Ranken hatten nicht den Hauch einer Chance, eine Gigantea zu überwuchern.
Jackson schnippte mit den Fingern und deutete nach vorn. Quinn riskierte einen kurzen Blick über die schulterhohen Rallbüsche und die spindeldürren, halb verhungerten jungen Baumtriebe hinweg.
Der Sayce, den sie verfolgten, schlich in zehn Metern Entfernung durch das karge Unterholz. Es war ein großes Exemplar, ein Männchen; das schwarze Fell war vernarbt und mit blauen Flecken übersät, die Ohren bis auf den Knorpel abgefressen. Es hatte eine Menge Kämpfe erlebt, und es hatte alle gewonnen.
Quinn lächelte zufrieden und gab Lawrence ein Zeichen vorzurücken. Jackson blieb, wo er war. Er zielte mit der Laserflinte auf den Kopf des Tiers: Rückendeckung, für den Fall, daß bei der Jagd etwas schiefging.
Sie hatten eine Weile gebraucht, um die Jagd in Gang zu bringen. Dreißig Einwohner Aberdales waren im Dschungel ausgeschwärmt, aber sie befanden sich alle näher beim Fluß. Quinn, Jackson und Lawrence hatten sich nach Südwesten abgesetzt und waren tiefer in den Dschungel vorgestoßen, sobald sich eine Gelegenheit dazu ergeben hatte. Weg von der Feuchtigkeit und in die Gegend, wo die Sayce lauerten. Powel Manani war in der Morgendämmerung losgeritten, um auf einer der Ranches in der Savanne zu helfen, die Schafe wieder einzufangen. Die Herde hatte sich selbständig gemacht, nachdem der Palisadenzaun umgefallen war. Und wichtiger noch, Manani hatte Vorix mitgenommen, um die Spur der Tiere aufzunehmen.
Irley hatte am Vorabend dafür Sorge getragen, daß der Zaun in der Nacht umgefallen war.
Quinn legte die schwere Schrotflinte auf den Boden, die er in Durringham bei Baxter gekauft hatte, und zog die Bola aus dem Gürtel. Er ließ das Fanggerät über dem Kopf kreisen und stieß ein wildes Heulen aus. Zu seiner Rechten rannte Lawrence mit wirbelnden Bolas auf den Sayce zu. Kein Siedler wußte, daß die Zettdees Bolas benutzten. Die Waffe war einfach herzustellen; sie benötigten dazu nicht mehr als geflochtene Schnüre aus Reben, um die Steine miteinander zu verbinden. Und die Schnüre konnten sie ganz offen als Gürtel über ihren Shorts tragen.
Der Sayce wandte sich um und riß drohend das Maul auf. Er stieß den typischen eigenartigen, durchdringenden Schrei aus und schoß geradewegs auf den angreifenden Lawrence zu. Der Junge ließ die Bolas fliegen, und sie erwischten das Tier an den Vorderpfoten. Die Steine wickelten sich mit atemberaubender Geschwindigkeit in immer kürzeren Bögen um die Gliedmaßen ihrer Beute. Quinns Wurfgeschoß prallte eine Sekunde später auf und traf die Kreatur an den Hinterbeinen. Der Sayce stürzte und schlitterte ein Stück über den lehmigen Grasboden. Sein Körper bäumte sich in epileptischer Raserei auf.
Quinn rannte vor und wickelte das Lasso von der Schulter. Der Sayce strampelte wie wild und heulte, während er sich verzweifelt bemühte, mit seinen rasiermesserscharfen Zähne die ärgerlichen Reben zu zerbeißen, die seine Beine fesselten. Quinn wirbelte das Lasso schneller und schneller, schätzte die Bewegungen des Sayce ab und ließ die Schlinge
Weitere Kostenlose Bücher