Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
hatte einen schaurigen Funken der Genugtuung in Dexters Augen gesehen, als er den wehrlosen Kolonisten dem Sayce zum Fraß vorgeworfen hatte. Und doch steckte mehr in diesem Burschen als ein hirnloser Gewaltverbrecher. Die Tatsache, daß er den Falken als das erkannt hatte, was er war, und herausgefunden hatte, wen er repräsentierte, verriet zumindest soviel über Dexter.
– Wer ist Gottes Bruder? fragte er das nicht bewußte Hausnetz aus BiTek-Prozessoren.
– Satan. Der Teufel der Christen.
– Ist das ein gebräuchlicher Begriff für den Teufel?
– Der Begriff ist unter den Müllkids der Erde weit verbreitet. In den meisten Arkologien existieren Sekten, die sich auf die Anbetung dieser Gottheit konzentrieren. Ihre Hierarchie aus Priestern/Akolythen ist eine einfache Abart der bei den üblichen kriminellen Organisationen anzutreffenden Offiziere und Soldaten. Die an der Spitze stehenden kontrollieren die niederen Ränge durch eine quasi-religiöse Doktrin, und der Status wird durch Initiierungsriten erzwungen. Ihre Religion besagt, daß Satan nach dem Armageddon zurückkehren und das Licht zu den verlorenen Seelen bringen wird. Die Sekten unterscheiden sich von anderen derartigen Vereinigungen lediglich durch das Ausmaß an Gewalt, das sie zur Aufrechterhaltung der Disziplin in ihren Rängen einzusetzen bereit sind. Die Behörden stehen dem Sektenunwesen im großen und ganzen machtlos gegenüber, weil die Hingabe ihrer Mitglieder so außerordentlich hoch ist.
Das wäre eine ausreichende Erklärung für die Person Quinn, dachte Laton. Aber warum war er hinter dem Geld auf der Kreditdisk des Kolonisten her gewesen? Falls er mit seinem Plan, ganz Aberdale zu übernehmen, Erfolg hatte, würde kein einziges Händlerschiff mehr anlegen. Er konnte nichts kaufen. Tatsächlich würde der Gouverneur wahrscheinlich hingehen und ein Aufgebot aus Sheriffs und Deputys in die Gegend schicken, um jede Rebellion von Zettdees mit Stumpf und Stiel auszurotten, sobald die Nachricht bis zu ihm durchgedrungen war. Quinn mußte das wissen. Der Mann war nicht dumm.
Das letzte, was Laton gebrauchen konnte, war die auf Schuster County gerichtete Aufmerksamkeit von Seiten der Außenwelt. Ein einzelner herumschnüffelnder Marshal war ein kalkulierbares Risiko. Das hatte er gewußt und war es eingegangen, als er die Siedler aus ihren Häusern entführt hatte. Doch ein ganzes Aufgebot, das den Dschungel nach aufständischen Teufelsanbetern absuchte, kam absolut nicht in Frage.
Laton mußte mehr über Quinn Dexter und seine Pläne herausfinden. Sie würden sich treffen müssen, genau wie Quinn es vorgeschlagen hatte. Irgendwie hatte die Vorstellung, daß Laton Dexters Vorschlag zustimmen mußte, etwas vage Bedrohliches.
Die Coogan lag eine Fahrtstunde unterhalb Schuster Town auf einer kleinen Sandbank. Zwei Silikontaue waren um Bäume am Ufer geschlungen und sicherten das Schiff gegen die Strömung.
Marie Skibbow saß am Bug und überließ es dem warmen Abendwind, die letzten Spuren von Wasser aus ihrem Haar zu vertreiben. Selbst die Feuchtigkeit war verschwunden. Rennison, Lalondes größter Mond, stieg langsam über die dunstig-grauen Baumwipfel und überzog die Landschaft mit seinem austernfarbenen Glanz. Marie lehnte an der dünnen Kabinenwand und betrachtete zufrieden ihre Umgebung.
Sanft schwappte das Wasser gegen die doppelten Rümpfe der Coogan. Hin und wieder liefen kleine Wellenringe von Fischen über die glasglatte Wasseroberfläche.
Wahrscheinlich haben sie inzwischen bemerkt, daß ich verschwunden bin. Mutter wird weinen, und Vater wird wieder einmal explodieren. Frank ist es egal, und Paula ist traurig. Sie werden sich alle Sorgen machen, ob sie die zusätzliche Arbeit schaffen, und sie werden sich den ganzen Tag lang beschweren. Keiner wird auch nur einen Gedanken daran verschwenden, was ich mir für mein Leben wünsche und was gut ist für mich.
Sie hörte Gail Buchannan rufen und stand auf, um zum Ruderhaus zu gehen.
»Wir haben schon gedacht, du wärst über Bord gefallen, Süße«, sagte Gail. Licht drang aus einem Fenster in der Kombüse und glitzerte im Schweiß auf ihren fetten Armen. Beim Abendessen hatte sie mehr als die Hälfte dessen verschlungen, was Marie für die drei Leute an Bord gekocht hatte.
»Nein. Ich habe den Mondaufgang beobachtet.«
Gail warf ihr einen schiefen Blick zu. »Sehr romantisch. Wunderbar. Dann kommst du gleich in die richtige Stimmung, Süße.«
Marie spürte, wie sich
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