Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
für die elektronische Abteilung ein. Oberste Priorität«, sagte sie entschlossen. »Ich möchte sämtliche achttausend Stunden so schnell wie möglich entschlüsselt haben. Und dieAbteilung für Kulturelle Analyse muß stark vergrößert werden. Wir haben uns bisher viel zu sehr auf die technologische und physische Seite der Laymil konzentriert; das wird sich von jetzt an ändern.«
Parker Higgens öffnete den Mund, um zu protestieren.
»Das sollte keine Kritik sein, Parker«, unterbrach ihn Ione. »Bis heute hatten wir schließlich nichts anderes als das Physikalische. Doch jetzt sind wir im Besitz sensorischer und emotionaler Aufzeichnungen, und damit treten wir in eine neue Phase. Laden Sie alle Experten in Xeno-Psychologie ein, von denen Sie glauben, daß sie nützlich sein könnten. Bieten Sie ihnen meinetwegen bezahlte Stipendien und Urlaubsjahre von ihren jetzigen Posten an. Ich werde eine persönliche Botschaft zu den Einladungen hinzufügen, falls Sie denken, daß mein Name Gewicht bei der Entscheidung ausüben könnte.«
»Jawohl, Ma’am.« Parker Higgens schien ehrlich verblüfft von der Geschwindigkeit, mit der Ione ihre Entscheidungen traf.
»Lieria, ich möchte, daß du oder einer deiner Kollegen bei der kulturellen Interpretation mitarbeiten. Ich bin ganz sicher, daß die Einsichten der Kiint von unschätzbarem Wert sind.«
Lierias Arm zuckte von der Wurzel bis zur Spitze (das Kiint-Äquivalent eines Lachens?). »Es wird mir ein Vergnügen sein, Ione Saldana.«
»Noch eine letzte Sache. Ich möchte, daß Tranquility als erste die Aufzeichnungen zur Durchsicht erhält, sobald sie entschlüsselt sind.«
»Ja«, sagte Oski Katsura in leicht verunsichertem Tonfall.
»Tut mir leid«, sagte Ione mit ernstem Lächeln. »Aber als Lady Ruin behalte ich mir das Recht vor, jegliche Waffentechnologie mit einem Embargo zu belegen. Die Kulturexperten mögen sich monatelang über die feineren Nuancen dessen streiten, was wir zu Gesicht bekommen, aber eine Waffe ist leicht zu entdecken. Ich möchte unterkeinen Umständen, daß die Pläne für irgendwelche zweifelhaften Kriegsgeräte im großen Stil in die Konföderation gelangen.« Und falls es eine feindliche Waffe war, die für die Zerstörung der Laymil-Habitate verantwortlich ist, dann möchte ich das wissen, bevor ich entscheide, was wir der Öffentlichkeit erzählen.
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15. Kapitel
Die Nacht hatte sich über Durringham gesenkt, und mit sich hatte sie einen dichten grauen Nebel gebracht, der durch die schlammigen Straßen glitt, sich auf die modrigen Dächer legte und eine ölige Schicht aus winzigen Tröpfchen hinterließ. Der Wasserfilm überzog jede Außenmauer, bis die gesamte Siedlung in der Dunkelheit glitzerte. Die Tröpfchen vereinigten sich zu winzigen Rinnsalen und flossen an den Wänden hinab oder tropften über Kanten und Vorsprünge. Türen und Fensterläden boten keinen Schutz; die Feuchtigkeit durchdrang die Gebäude, setzte sich in Stoffen fest und kondensierte auf Möbeln. Es war schlimmer als der ewige Regen.
Dem Gouverneursbüro erging es wenig besser als dem Rest der Stadt. Colin Rexrew hatte den Regler der Klimaanlage aufgedreht, bis der Apparat ein wütendes Rattern von sich gab, doch die Luft im Innern des Büros blieb hartnäckig schwül.
Rexrew saß zusammen mit Terrance Smith und Candace Elford, Lalondes Leitendem Sheriff, über Satellitenbildern. Die drei großen Wände gegenüber dem geschwungenen Fenster zeigten Aufnahmen von einer an einem Fluß gelegenen Siedlung: die übliche chaotische Ansammlung von Hütten und kleinen Feldern, große Stapel gefällter Bäume, Baumstümpfe, die von orangefarbenen Pilzen heimgesucht wurden. Hühner pickten im Dreck zwischen den Hütten, und Hunde streiften frei umher. Die wenigen Leute, die von den Kameras aufgefangen wurden, waren in schmutzige, zerlumpte Kleidung gehüllt. Ein vielleicht zwei Jahre altes Kind lief völlig nackt herum.
»Das sind ziemlich schlechte Aufnahmen«, beschwerte sich Colin Rexrew. Die Ränder waren verschwommen, selbst die Farben schienen ungewöhnlich blaß.
»Ja«, stimmte Candace Elford ihm zu. »Wir haben den Beobachtungssatelliten per Telemetrie einem Test unterzogen, aber es gab keine Fehlfunktion. Die Bilder aus jeder anderen Gegend sind einwandfrei. Der Satellit hat scheinbar immer nur dann Schwierigkeiten, wenn er über dem Quallheim vorüberzieht.«
»Ach, kommen Sie schon!« sagte Terrance Smith. »Sie wollen uns doch wohl nicht
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