Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
Villeneuve’s Revenge warteten, bis der Zivilbedienstete gegangen war, dann lachten sie laut. Erick empfing Glückwünsche, weil er Coulson in die Enge getrieben hatte, und Bev Lennon spendierte ihm ein großes importiertes Lübecker Bier.
»Du hast mir einen ganz schönen Schrecken eingejagt«, gestand der Fusionsingenieur, als er die Krüge auf dem Tisch absetzte.
Erick nahm einen tiefen Schluck von seinem eiskalten Bier. »Ich hab’ mich selbst erschrocken«, gestand er. »Ich weiß gar nicht, was über mich gekommen ist.«
Alles lief wie am Schnürchen. Sie akzeptierten ihn, und ihre Zurückhaltung (er wußte, daß sie noch immer da war) schwand allmählich dahin. Erick stand im Begriff, einer von ihnen zu werden.
Die nächsten zehn Minuten verbrachte er damit, sich mit Bev Lennon und Desmond Lafoe, dem Spezialisten für die Energiemusterprozessoren der Villeneuve’s Revenge, über Belanglosigkeiten zu unterhalten, während André mit leerem Gesichtsausdruck den Vektor überprüfte, den er soeben gekauft hatte.
»Ich sehe kein Problem«, verkündete der Captain schließlich. »Wenn wir aus einem Sacramento-Orbit herausspringen, können wir jederzeit innerhalb der nächsten sechs Tage ein Rendezvous einleiten. Der ideale Zeitpunkt wären fünfundfünfzig Stunden von jetzt an …« Seine Stimme wurde leiser.
Erick wandte sich um und folgte Duchamps Blick. Fünf Männer in kupferfarbenen einteiligen Bordanzügen hatten die Catalina-Bar betreten. Hasan Rawand erblickte André Duchamp in dem Augenblick, als er im Begriff stand, an der Theke Platz zu nehmen. Er tippte Shane Brandes, den Fusionsingenieur der Dechal, an den Arm und schnippte mit dem Finger in Richtung des Eigners der Villeneuve’s Revenge. Seine restlichen drei Besatzungsmitglieder, Ian O’Flaherty, Harry Levine und Stafford Charlton, fingen die Geste ebenfalls auf und wandten sich um. Die beiden Besatzungen starrten sich mit gegenseitiger Abneigung und Feindseligkeit an.
Hasan Rawand kam zu dem Tisch am Fenster. Seine Crew folgte ihm dicht auf den Fersen. »André«, sagte er mit gespielter Höflichkeit. »Wie schön, dich zu sehen. Ich schätze, du hast mein Geld dabei? Achthunderttausend, nicht wahr? Ohne Zinsen. Schließlich warte ich seit siebzehn Monaten darauf.«
André Duchal blickte durch ihn hindurch. Seine Hände hielten den Bierkrug umfaßt. »Ich schulde dir nichts«, sagte er düster.
»Ich denke doch. Versuch dich zu erinnern: du wolltest Plutonium-Initiatoren aus der Oortschen Wolke von Sab Biyar ins Iolo-System bringen. Die Dechal hat zweiunddreißig Stunden in der Wolke auf dich gewartet, André. Zweiunddreißig Stunden im Tarnkappenmodus! Die Luft war so kalt, daß sie fast gefroren wäre, das Essen war gefroren, wir haben in undichte Schläuche gepißt und konnten nicht einmal einen MF-Player benutzen aus Angst, daß ein Navyschiff die elektronische Emission auffängt. Das war gar nicht nett von dir, André. Das war wie auf einer Strafkolonie der Konföderation, nur daß wir nicht mit Dropkapseln auf die Oberfläche geschossen worden sind. Wir haben zweiunddreißig Stunden in der stinkenden Dunkelheit darauf gewartet, daß du endlich auftauchst und wir die verdammten Initiatoren übernehmen können, um für dich die dreckige Arbeit zu übernehmen und das ganze Risiko zu tragen. Und was hören wir, als wir nach Sab Biyar zurückkommen?«
André Duchamp grinste seine Mannschaft an und erwiderte trotzig: »Ich bin sicher, du wirst es uns gleich erzählen, Anglo.«
»Du bist nach Nuristan geflogen und hast die Initiatoren an einen Vertragspartner der Navy verkauft, du gallischer Scheißkerl! Und ich konnte der Unabhängigkeitsbewegung von Iolo erklären, wo ihre Sprengköpfe abgeblieben waren und daß ihre Scheiß-Rebellion fehlschlagen mußte, weil sie nicht die Waffen hatten, um ihren Forderungen den nötigen Nachdruck zu verleihen.«
»Hast du einen schriftlichen Vertrag?« fragte André Duchamp spöttisch.
Hasan Rawand funkelte ihn mit vor Wut verzerrtem Gesicht an. »Gib mir einfach das Geld. Eine Million, und wir sind quitt.«
»Zur Hölle mit dir, verdammter Anglo! Ich, André Duchamp, schulde keinem Menschen Geld!« Er sprang von seinem Stuhl auf und versuchte, sich an dem Kapitän der Dechal vorbeizudrängen.
Das war der Augenblick, auf den Erick Thakrar gewartet und den er gefürchtet hatte. Es war abzusehen, daß Hasan Rawand den Captain der Villeneuve’s Revenge zurück in die Nische stoßen würde.
Weitere Kostenlose Bücher