Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist
war er nicht besonders gut darin, sich dadurch fortzubewegen, daß er sich von einem Haltegriff zum anderen hangelte und seine Handgelenke als Hebel benutzte, um seinen Körper auszurichten. Massenträgheit erschwerte jede Bewegung und ließ seine Sehnen brennen.
Als es ihm schließlich gelang, einen Fuß auf das StikPad zu drücken, haftete es nicht besonders gut.
Es war abgenutzt und alt, genau wie alles andere auch in dem heruntergekommenen interplanetaren Schiff.
»Niemand wird zurückgeschickt«, sagte er. Gari klammerte sich an seinen Arm, und ihre schwebende Masse drohte ihn vom StikPad zu reißen. Sicherheitshalber ließ er den Haltegriff nicht los.
»Dann bleiben wir eben hier«, entschied Knox.
Jed sah Gerald Skibbow im hinteren Teil der Messe; wie üblich wirkte er weggetreten und starrte mit glasigen Augen aus dem Bullauge.
Allmählich fragte sich Jed, ob er vielleicht drogensüchtig war. »Gerald!« Er winkte drängend. »Gerald!«
Knox murmelte leise vor sich hin, als Gerald sich langsam zur Schleuse hangelte. Er zuckte am ganzen Körper.
»Wie viele Passagiere darf die Leonora Cephei befördern?« fragte Beth.
Knox ignorierte sie.
»Was ist denn?« fragte Gerald. Er blinzelte, als würde ihn das Licht blenden.
»Zu viele Leute«, erklärte Knox. »Sie müssen ein paar zurückschicken.«
»Ich muß nach Valisk«, sagte Gerald leise.
»Niemand sagt, daß Sie von Bord sollen, Gerald«, beruhigte ihn Beth. »Schließlich ist es Ihr Geld.«
»Aber mein Schiff«, sagte Knox. »Und ich weigere mich, so viele Leute zu transportieren.«
»Prima«, konterte Beth. »Dann fragen wir eben bei der Raumaufsicht nach, wie viele Leute Ihr Schiff transportieren darf.«
»Seien Sie nicht dumm.«
»Wenn Sie uns nicht befördern wollen, dann geben Sie uns einfach das Geld zurück. Wir finden schon ein anderes Schiff.«
Knox blickte gehetzt zu Gerald, doch der sah genauso verwirrt aus.
»Nur drei, sagen Sie?« fragte Beth.
Knox lächelte in dem Gefühl, daß sich die Dinge endlich zu seinen Gunsten entwickelten. »Genau. Nur drei. Ich fliege mit Freuden ein zweites Mal für Ihre Freunde.«
Was natürlich Unsinn war, das wußte Beth. Knox machte sich lediglich Sorgen um seine eigene kostbare Haut. Ein Schiff, das so heruntergekommen war wie die Leonora Cephei, würde tatsächlich Mühe haben, neunzehn Passagiere plus Besatzung am Leben zu halten. Es war das erste Mal, daß Knox auch nur die leichteste Besorgnis angesichts des bevorstehenden Fluges gezeigt hatte. Vorher war er nur an ihrem Geld interessiert gewesen. Und Gerald hatte gezahlt, eine Menge mehr als üblich. Sie verdienten nicht, daß sie jetzt so herumgeschubst wurden.
Doch Gerald hatte sich bereits wieder aus dem Streit verabschiedet. Er war in eine seiner komatösen Depressionen gefallen. Und Jed … Jed interessierte sich in letzter Zeit nur für eines. Beth war sich immer noch nicht schlüssig, ob sie sich darüber ärgern sollte oder nicht.
»Dann stecken Sie eben drei von uns in das Beiboot«, sagte sie.
»Was?« stotterte Knox.
»Sie haben doch ein Rettungsboot?«
»Selbstverständlich.«
In das du und deine kostbare Besatzung flüchten wollen, wenn irgend etwas schiefgeht, dachte Beth. »Wir stecken die drei kleinsten hinein. Sie wären am ehesten im Weg, oder nicht?«
Knox funkelte sie an, doch schließlich gewann seine Gier die Oberhand. Skibbow hatte das Doppelte der gewöhnlichen Chartergebühren gezahlt, selbst unter Berücksichtigung der inflationären Tarife, die Flüge vom und zum Koblat derzeit erzielten.
»Also gut«, sagte Knox schroff. Er befahl dem Bordrechner per Datavis, die Luftschleuse zu schließen. Die Raumflugkontrolle hatte ihm bereits grünes Licht zum Ablegen gegeben. Laut Flugplan hätte er bereits vor fünf Minuten ablegen müssen, und ein anderes Schiff wartete auf seinen Platz.
»Gib ihm die Koordinaten«, sagte Beth zu Jed. Sie nahm Gerald am Arm und zog ihn sanft zu einer Beschleunigungsliege.
Jed reichte Knox die Datenflek, während er noch darüber rätselte, seit wann eigentlich Beth das Kommando übernommen hatte.
Die Leonora Cephei hob sich rasch aus ihrem Landegestell; eine standardisierte trommelförmige Lebenserhaltungskapsel, die durch ein dreißig Meter langes Stützgerüst von ihrem Fusionsantrieb abgeschirmt war. Vier Wärmepaneele fuhren aus der hinteren Sektion; sie sahen aus wie die kreuzförmigen Leitwerke eines atmosphärischen Fliegers. Ionenantriebe flammten rings um die Nase
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