Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist
sich sagen. In einer anderen Welt, in einem Universum, das nicht so verdreht ist wie das unsrige, würde ich Sie wahrscheinlich sogar beneiden.«
»Danke sehr.«
»In meiner Zeit, Ralph, gab es eine kleine, gemeine Redewendung, aber sie gilt heute genau wie damals. Sie stammt nämlich von einem sturen Soldaten in einem längst sinnlos gewordenen Krieg. Wir mußten das Dorf zerstören, um es zu retten. Was glauben Sie, was Sie mit Ihrem Kreuzzug Mortonridge und den Menschen hier antun?«
»Was immer ich tun muß.«
»Aber wir werden hinterher immer noch hier sein, Ralph. Wir werden immer hier sein. Die schlauesten Köpfe der Galaxis arbeiten an diesem Problem. Wissenschaftler und Priester mühen sich um harte Antworten und verbindliche Philosophien. Millionen – Milliarden von Stunden sind bereits dabei draufgegangen, sich mit dem Dilemma zu befassen, was sie mit uns armen zurückkehrten Seelen tun sollen. Und sie haben keine Lösung gefunden. Nichts! Und Ihnen fällt auch nichts Besseres ein als diese armselige, haßerfüllte Kampagne voller Gewalt in der Hoffnung, daß Sie einige von uns fangen und in Null-Tau werfen können.«
»Es gibt noch keine endgültige Lösung. Aber wir werden eine finden.«
»Es kann keine Lösung geben. Wir sind bei weitem in der Überzahl. Das ist einfache Arithmetik, Ralph.«
»Laton hat gesagt, daß wir es schaffen können.«
Sie kicherte. »Ausgerechnet Laton. Und Sie glauben ihm?«
»Die Edeniten denken, daß Laton die Wahrheit gesagt hat.«
»O ja, die Edeniten. Die neuesten und interessantesten von all Ihren Freunden. Ihnen ist doch bewußt, Ralph, daß die Edeniten diese Sache sehr wohl überleben können, während die Adamisten untergehen? Es liegt in ihrem ureigensten Interesse, daß dieses monströse Ablenkungsmanöver funktioniert. Die Planeten der Adamisten werden einer nach dem anderen fallen, während Ihre Konföderation hier gefesselt ist.«
»Und was ist mit den Kiint?«
Sie zögerte unmerklich. Dann fragte sie: »Warum? Was soll mit ihnen sein?«
»Die Kiint haben ihre Konfrontation mit dem Jenseits überlebt. Sie sagen, daß es eine Lösung gibt.«
»Und die wäre?«
Ralph packte seinen Kommunikatorblock fester. »Ihre Lösung kommt für uns nicht in Betracht. Jede Spezies muß ihren eigenen Weg finden. Unser Weg existiert, irgendwo. Und wir werden ihn finden. Ich habe grenzenloses Vertrauen in die menschliche Kreativität.«
»Ich nicht, Ralph. Ich vertraue auf die schwache Natur des Menschen, auf den Haß und den Neid und die Gier und die Selbstsucht. Und die Lügen. Vergessen Sie nicht, daß ich mich sechs Jahrhunderte lang nicht vor den nackten Emotionen retten konnte, die jeden von uns antreiben. Ich war dazu verdammt, sie zu ertragen, Ralph. Ich weiß ganz genau, wie es tief in unseren Herzen aussieht. Glauben Sie mir, nicht gut. Alles andere als gut.«
»Sagen Sie das zu Stephanie Ash. Sie sprechen nicht für alle Besessenen, Eklund. Wahrscheinlich noch nicht einmal für die Mehrheit.«
Ihre Haltung änderte sich. Sie lehnte nicht mehr länger gelassen an der Straßensperre, sondern richtete sich hoch auf und reckte ihm herausfordernd das Kinn entgegen. »Die Lebenden werden verlieren, Ralph. Auf die eine oder andere Weise werden Sie verlieren. Und Sie werden auch verlieren. Sie können sich nicht der Entropie entziehen.«
»Ich wünschte, Ihr Glaube wäre nicht so fehlgeleitet. Überlegen Sie nur, was Sie erreichen könnten, wenn Sie uns statt dessen zu helfen versuchen würden.«
»Halten Sie sich fern von uns, Ralph. Ich bin eigentlich nur gekommen, um Ihnen das zu sagen. Eine einzige, eindringliche Botschaft: Bleiben Sie weg.«
»Sie wissen, daß ich das nicht kann.«
Annette Eklund nickte schroff. Sie schob die Antenne ihres Telefons wieder hinein und klappte das kleine Gerät zu.
Ralph blickte ihr hinterher, während sie über die Nummer sechs davonging.
In ihm regte sich eine Besorgnis, die er nicht erwartet hatte. Schatten tanzten um Annette Eklund herum und spielten mit ihrer Silhouette, bevor sie ganz verschwand.
»Ihr Götter«, murmelte Colonel Palmer.
»Genau das ist es, womit wir es zu tun haben«, entgegnete Ralph.
»Und Sie sind sicher, daß eine halbe Million Sergeants ausreichen?«
Ralph kam nicht mehr zu einer Antwort. Das disharmonische Bellen des Donners schwoll zu einem konstanten Brüllen an.
Alles blickte nach oben. Die Ränder der Wolke senkten sich herab. Es sah aus, als wären die Kräfte der Besessenen
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