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Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist

Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist

Titel: Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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restlichen zehn Prozent sind.
    – Und du glaubst, Joshua sind deine zehn Prozent?
    – Joshua schwebt irgendwo zwischen den Neunzig und den Zehn. Ich sehne mich nach ihm, weil meine Hormone vollkommen außer Kontrolle sind.
    – Aber die Hormonproduktion erreicht erst viel später im Verlauf einer Schwangerschaft ihren Höhepunkt.
    – Ich war schon immer ein Frühentwickler. Ein beiläufiger Gedanke in Richtung des milchig-trüben Fensters, und das gesprenkelte aquamarinfarbene Licht des Meeres erfüllte das Zimmer. Ione griff lethargisch nach ihrem Morgenmantel. – Also gut, die Minute des Selbstmitleids ist vorüber. Wollen mal sehen, was unsere geheimnisvollen Kiint aushecken. Und Gott steh dir bei, wenn es nichts Wichtiges ist.
    – Lieria hat einen Waggon zum St.-Clement-Sternenkratzer genommen.
    – Na und?
    – So etwas ist noch nie vorgekommen. Allein schon deswegen ist es eine Tatsache von signifikanter Bedeutung, erst recht, wenn man die gegenwärtige Lage bedenkt.
     
    Kelly Tirrel haßte es gestört zu werden, wenn ihre illegalen Stimulationsprogramme liefen, eine Aktivität, der sie in der letzten Zeit mehr und mehr verfallen war.
    Ein paar der Programme waren selektive Erinnerungsblocker, modifizierte Anti-Trauma-Programme, die tief in das Unterbewußtsein eingriffen und es förmlich kauterisierten. Eigentlich durften sie nur unter ärztlicher Aufsicht eingesetzt werden, und es war ganz sicher nicht gesund, eine derartige Menge an Erinnerungen zu unterdrücken, jedenfalls nicht für längere Zeit. Andere Programme verstärkten ihre emotionale Reaktion auf die immer gleichen äußeren Reize und machten die wirkliche Welt auf diese Weise zu einem angenehmen, erträglichen Ort.
    Einer der Pusher, den sie während der Arbeiten für eine Dokumentation im vergangenen Jahr kennengelernt hatte, hatte ihr gezeigt, wie man die schwarzen Programme mit standardisierten kommerziellen Sens-O-Vis-Dateien verbinden mußte. Diese Integration war die suchterregendste Stimulation, die man sich nur denken konnte. Sie boten eine Flucht in eine andere Realität, wo man eine andere Persönlichkeit und die eigene Vergangenheit mitsamt allen negativen Erfahrungen vollkommen ausgelöscht war, und wo es nur das Hier und Jetzt gab. Ein Hier und Jetzt, das sich Stunde um Stunde hinzog.
    In Kellys Realität waren Besessene und das Jenseits Konzepte, die nicht existierten und niemals existieren konnten. Wenn sie aus ihren Programmen auftauchte, um zu essen oder die Toilette zu besuchen oder zu schlafen, dann erschien die wirkliche Welt als das, was nicht real war; ein schrecklicher, rauher Ort im Vergleich zu der hedonistischen Existenz, die sie auf der anderen Seite der elektronischen Barriere führte.
    Als sie diesmal das Programm beendete, erkannte sie nicht einmal mehr das Signal, das ihre neurale Nanonik empfing. Die Erinnerung an derartige Dinge war tief in ihrem Gehirn vergraben, und sie stieg nur zögernd in höhere Bewußtseinsebenen auf (und brauchte jedesmal länger). Es dauerte ein paar Augenblicke, bevor sie wieder wußte, wo sie war. Daß sie sich nicht in der Hölle befand, sondern einfach in ihrer Wohnung. Das Licht war ausgeschaltet, das Fenster undurchsichtig, das Laken, auf dem sie gelegen hatte, widerlich feucht (es stank nach Urin), der Boden übersät mit Einwegverpackungen von Lebensmitteln.
    Am liebsten wäre Kelly auf der Stelle wieder in ihre elektronische Realität geflüchtet. Sie verlor immer mehr von ihrer alten Persönlichkeit, doch sie gab einen Scheiß darauf. Das einzige, was sie nicht vernachlässigte, war die Überwachung ihres körperlichen Verfalls. Die alles übersteigende Angst trug dafür Sorge.
    Ich werde auf gar keinen Fall sterben.
    Ganz gleich, was die Stimulationsprogramme mit ihren Neuronen anstellten, sie würde nicht einfach so dahindämmern, nicht physisch jedenfalls. Vorher würde sie in Null-Tau gehen. In das wunderbare Nichts des ewigen Vergessens.
    Und bis dahin würde ihr Gehirn ein erfülltes, angenehmes, fröhliches Leben leben. Es würde nicht einmal wissen, daß alles nur synthetisch war. Das Leben war da, um es zu genießen, oder vielleicht nicht? Und nachdem sie die Wahrheit über den Tod erfahren hatte, was spielte es da noch für eine Rolle, auf welche Weise man es genoß?
    Endlich gelang es ihr, das Signal der neuralen Nanonik zu identifizieren. Es stammte vom Netzprozessor ihres Appartements. Irgend jemand stand draußen vor der Tür und bat um Einlaß. Kellys

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