Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist
strategischen Plattformen des Ayacucho verband, eine bombensichere Einnahmequelle, die ihn auf eine ganz neue Geschäftsebene geführt hatte.
Dann trafen die Nachrichten von den Besessenen ein, die Warnung von der Ratsversammlung der Konföderation, kurz darauf gefolgt von Kelly Tirrels Bericht über Lalonde. Die Warnung bereitete Liol nicht halb so viel Kopfzerbrechen wie der Konkurrenz; dank seines Wartungsvertrags für das Kommunikationsnetzwerk konnte er seine Firma durch die Krise steuern. Doch die zweite Nachricht, mit ihrem Helden des Tages, dem Superpiloten Joshua »Lagrange« Calvert, der mit seinem Raumschiff kleine Kinder gerettet hatte – sie traf ihn unvorbereitet mitten ins Herz. Sie bedeutete das Ende von Liols Welt.
Keiner seiner Freunde verstand den Grund hinter seiner plötzlichen, heftigen Depression, und die schlimmen Besäufnisse, in die er sich seither gestürzt hatte.
Doch er hatte ihnen auch nie von seinem Traum erzählt und wieviel er ihm bedeutete. Das war seine Privatsache. Und so ließen sie ihn nach zwei vergeblichen Aufmunterungsversuchen einfach in Ruhe.
Weswegen er auch sehr überrascht gewesen war, als das Mädchen in der KF-T-Bar ihn angesprochen hatte. Überrascht und nicht wenig verblüfft. Die Komm-schon-zier-dich-nicht-so-Begrüßung, mit der er sie bedacht hatte, saß ihm in Fleisch und Blut; dazu mußte er nicht denken. Erst als sie verschwunden war, schlich sich ein nachdenkliches Runzeln auf seine glatte, hübsche Stirn. »Joshua«, sagte er mit vor Trunkenheit undeutlicher Stimme. »Sie hat mich Joshua genannt. Warum nur?«
Die Frau hinter der Theke, die inzwischen den Gedanken aufgegeben hatte, ihn für die Nacht mit zu sich nach Hause zu nehmen, zuckte die Schultern und wandte sich den übrigen Gästen zu.
Liol leerte seinen Whiskytumbler in einem tiefen Zug und übermittelte eine Suchanfrage an den Prozessor des Raumhafenregisters.
Die Antwort schien ein verdammt effektives Ausnüchterungsprogramm zu aktivieren, das wie ein trojanisches Pferd in seiner neuralen Nanonik geschlummert hatte.
Alkad hatte auf ihrer Flucht vor dreißig Jahren in schlimmeren Zimmern gehaust. Das Hotel rechnete nach Stunden ab, eine Herberge für Raumschiffsbesatzungen auf der Durchreise und Leute, die einen ruhigen, privaten Ort suchten, um einer ganzen Reihe von Lastern zu frönen, welche die moderne Technologie zur Verfügung stellte. Das Hotel besaß kein einziges Fenster; der gesamte Bau war ein Stück weit hinter der Klippe am Ende der Biokaverne in den Fels gehauen. Das war billiger, und die Gäste hatten sich noch niemals daran gestört.
Große Hologramme bedeckten zwei der Wände. Sie zeigten Bilder irgendeiner planetaren Oberflächenstadt in der Abenddämmerung, und das juwelenglitzernde Lichtermeer zog sich bis zu einem lachsrosa gefärbten Horizont. Das Bett nahm die Hälfte der Grundfläche ein und ließ den Gästen gerade genug Platz, um herumzugehen. Es gab kein weiteres Mobiliar. Das Badezimmer war eine rein auf Nutzen ausgerichtete Naßzelle mit Dusche und Toilette. Seife und Gel wurden über einen Münzautomaten zur Verfügung gestellt.
»Das ist Lodi Shalasha«, sagte Voi, als sie eintrafen. »Unser Elektronikfreak. Er hat sich darum gekümmert, daß das Zimmer sauber ist. Hoffe ich zumindest. Um seinetwillen.«
Der junge Mann rollte sich vom Bett und lächelte Alkad nervös an. Er war in einen grell orangefarbenen Overall mit aufgestickten grünen Spiralen gekleidet, die die Augen zum Tränen brachten. Nicht ganz so hochgewachsen wie Voi und entschieden ein paar Kilo zu schwer.
Studententyp, schätzte Alkad instinktiv, und er brennt von der Sorte Energie, die ein Kopf voller frischem Wissen schafft. Sie hatte es unzählige Male beobachtet, als sie noch selbst Vorlesungen gehalten hatte. Kinder von einfacher Herkunft, deren Verstand sich beim ersten Geschmack von intellektueller Freiheit in Dutzende falscher Richtungen entwickelte.
Sein Lächeln wirkte angespannt, als er Voi ansah. »Hast du schon gehört?«
»Was denn?« Die große junge Frau wurde auf der Stelle mißtrauisch.
»Es tut mir leid, Voi. Wirklich.«
»Was denn?«
»Dein Vater. Es gab Ärger im Büro von Laxa und Ahmad. Er ist tot. Die Nachrichten sind voll davon.«
Jeder Muskel im Gesicht der jungen Frau wurde hart. Sie schien durch Lodi hindurchzusehen. »Wie ist es geschehen?« fragte sie.
»Die Polizei sagt, er wurde erschossen. Sie wollen Kaliua Lamu verhören.«
»Das ist doch absurd!
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