Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist
Propheten.« Er hob die Arme und breitete die Hände aus. Die Sintflut aus den Sprinklern verwandelte sich in Schnee. Jede Flocke klebte an Joshuas Bordanzug. Rasch war er von einer dicken Schicht aus Schneematsch bedeckt, und seine Haut wurde zum größten Teil taub.
»Aber ich glaube«, knurrte Joshua mit klappernden Zähnen. Und er glaubte tatsächlich. Die Erkenntnis kam wie ein Schock, vergleichbar der Kälte und dem Schmerz. Doch er war durch die Kraft der Logik zu dieser Einsicht gelangt. Alles, was Joshua wußte, alles, was er gesehen, alles, was er getan hatte – es schrie ihm förmlich entgegen, daß es eine Ordnung im Universum geben mußte. Die Realität war viel zu komplex für eine rein zufällige Entwicklung.
Die mittelalterlichen Propheten waren sicherlich eine bequeme Lüge, doch irgend etwas hatte einen Sinn aus dem Chaos gemacht, das vor dem Beginn der Zeit geherrscht hatte. Irgend etwas hatte die Zeit selbst zum Fließen gebracht.
»Herr im Himmel, sieh herab auf diesen Deinen Diener vor mir, der von einem fehlgeleiteten, unreinen Geist befallen wurde.«
»Fehlgeleitet?« Der Araber funkelte Joshua an, und statische Elektrizität kroch über seinen Kaftan. »Du hirntoter Ungläubiger! Allah ist der einzige wahre … verdammte Scheiße!«
Der Sergeant feuerte und traf den Besessenen in den Kopf.
Joshua fiel kraftlos zu Boden. »Genau so enden religiöse Streitereien immer, hm?« Er nahm nur am Rand wahr, wie der Sergeant ihn aus dem Sprinklerstrahl zerrte. Seine neurale Nanonik erwachte wieder zum Leben und errichtete unverzüglich Nervenblocks. Es war ein anderes Gefühl von Taubheit als das durch die Kälte erzeugte. Weniger schlimm. Der Sergeant wickelte ein nanonisches Medipack um Joshuas Hand. Ein Stimulationsprogramm sorgte dafür, daß Joshuas Gehirn rasch wieder voll funktionsfähig wurde. Er öffnete die Augen und blinzelte zu den drei Gesichtern hinauf, die sich sorgenvoll über ihn gebeugt hatten. Kole und Shea klammerten sich aneinander; beide waren in einem chaotischen Zustand, durchnäßt und benommen. Der Sergeant sah übel mitgenommen aus. Sein Körper war von tiefen Brandwunden übersät, und allzu menschliches Blut sickerte aus den verkrusteten Läsionen.
Joshua kämpfte sich mühsam auf die Beine. Er wollte den jungen Frauen beruhigend zulächeln, doch er brachte nicht die Willenskraft auf. »Alles in Ordnung?« fragte er den Sergeant.
»Ich bin mobil.«
»Gut. Was ist mit euch beiden? Seid ihr verwundet?«
Shea schüttelte ängstlich den Kopf. Kole schluchzte noch immer.
»Danke für die rasche Hilfe«, sagte er zu Shea. »Wirklich geistesgegenwärtig von dir. Ich weiß nicht, was ich ohne das Wasser getan hätte. Das war alles ein wenig zu eng, um gemütlich zu sein. Aber ich denke, das Schlimmste haben wir jetzt überstanden.«
»Joshua«, meldete der Sergeant. »Dahybi sagt, daß in diesem Augenblick drei Kriegsschiffe von Al Capones Organisation eingetroffen sind.«
Sieben Edeniten in gepanzerten Kampfanzügen bewachten die Abflughalle des Andocksimses. Monica war gewaltig erleichtert über ihren Anblick. Zusammen mit Samuel hatte sie den Rückzug aus dem Terminal Terminus Club gedeckt. Es war keine leichte Aufgabe gewesen. Dreimal waren sie unterwegs auf Besessene gestoßen, und die gestaltverändernden Zauberer flößten ihr eine Heidenangst ein. Ihre Nerven waren bis zum Zerreißen gespannt, und ihre neurale Nanonik arbeitete auf Höchsttouren. Monica hatte ihnen nicht den Hauch einer Chance gelassen, sich zurückzuziehen oder aufzugeben. Lokalisieren und schießen, das war die einzige richtige Methode. Und sie hatte bemerkt, daß Samuel trotz all seiner Ehrenhaftigkeit und seinem Respekt vor dem Leben nicht anders dachte als sie.
Die Lichtpaneele flackerten und wurden dunkler, während die Gruppe durch die Halle in Richtung der Luftschleuse mit dem wartenden Crew-Transporter dahinter hastete. Monica wartete, bis die Luke der Schleuse hinter ihr zugeglitten war, bevor sie die Kampfprogramme in ihrer neuralen Nanonik deaktivierte.
Sie sicherte ihre Maschinenpistole und zog langsam die Kapuze ihres Chamäleonanzugs ab. Die kühle Luft im Bus war wunderbar erfrischend in ihrem schweißdurchtränkten Haar.
»Schön, das war leicht«, sagte sie.
Der Bus rollte auf die Hoya zu, den letzten Voidhawk auf dem Sims. Nichts sonst bewegte sich auf dem glatten dunklen Fels.
»Unglücklicherweise haben Sie damit vielleicht sogar recht«, sagte Samuel. Er hatte
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