Armageddon 05 - Die Besessenen
das darunterliegende Felsenbett und machten die Anlage zum mit Abstand bedeutungsvollsten Verkehrsknotenpunkt des gesamten Kontinents.
Es gab achtzehn verschiedene Ankunftshallen, um dem Strom an Passagieren gerecht zu werden und Stockungen zu vermeiden. Sie alle besaßen das gleiche grundlegende Layout, eine langgestreckte Halle mit den Ausgängen der Zoll- und Einwanderungskontrolle auf der einen Längsseite und Aufzügen auf der anderen, die in die einzelnen unterirdischen Bahnhöfe führten. Selbst ein Passagier, der sich auskannte und ganz genau wußte, wohin er wollte, mußte sich zuerst durch eine Mauer aus Verkaufsständen arbeiten, wo alles von der Socke bis hin zum Luxusappartement angeboten wurde. Es war alles andere als einfach, eine einzelne Person (oder, was das betraf, zwei Personen) inmitten des ewigen Menschenstroms im Auge zu behalten, nicht einmal mit den modernsten technischen Apparaten.
B7 hatte nichts dem Zufall überlassen. Einhundertzwanzig Agenten des GISD waren von ihren gegenwärtigen Aufträgen abgezogen worden, um die Beschattung so umfassend wie nur möglich zu gestalten. Fünfzig waren in Halle Neun postiert, wo die Kavanagh-Schwestern aussteigen würden. Ihre Bewegungen wurden von einer KI koordiniert, die mit jeder Kamera und jedem Sensor des gesamten Gebäudes verbunden war. Weitere fünfzig waren bereits wenige Minuten, nachdem Louise ihrer Schwester den Namen ihres vorläufigen Ziels genannt hatte, auf den Weg nach London geschickt worden. Zwanzig wurden in Reserve gehalten, für den Fall von unvorhergesehenen Pannen, falschen Informationen oder die guten alten Zufälligkeiten Gottes.
Die Vorbereitungen hatten unter den Mitgliedern von B7 weitere Diskussionen ausgelöst; jeder der Supervisoren wachte äußerst eifersüchtig auf die Achtung seiner respektiven Gebietsgrenzen. Südafrika, in dessen Bereich die Mount-Kenya-Station fiel, stellte Westeuropas Anspruch in Frage, die gesamte Aktion persönlich zu überwachen. Westeuropa konterte, daß die Station lediglich eine kurze Zwischenstation für die beiden Schwestern sei und er sowieso die gesamte Operation koordiniere; was läge näher, als die notwendige Autorität an ihn abzutreten. Die übrigen Supervisoren wußten, daß Südafrika lediglich all seine Möglichkeiten ausspielte. Südafrika war bei den anderen berüchtigt war für sein fast pedantisches Festhalten an Vorschriften.
Schließlich übertrug man Westeuropa die Zuständigkeit über den Orbitalaufzug sowie die Vollmacht, die Operation durch jedes Territorium hindurch zu leiten, das die Kavanagh-Schwestern auf ihrer Suche nach Banneth durchquerten.
Südafrika schloß sich widerwillig der allgemeinen Meinung an und zog sich mürrisch aus der Sens-O-Vis-Konferenz zurück. Westeuropa grinste verstohlen über seinen Sieg und befahl der KI per Datavis, eine Verbindung über die gesamte Bandbreite herzustellen. Als sich der Grundriß des Orbitalbahnhofs vor seinem geistigen Auge auszubreiten begann, wies er den Agenten unter Berücksichtigung der Ankunftszeit der Liftkapsel und den Abfahrtszeiten der einzelnen Vakzüge ihre jeweiligen Positionen zu. Die KI berechnete jeden nur denkbaren Reiseweg und zeichnete die Routen in den Grundriß, die die Kavanagh-Schwestern nehmen mußten. Sie berücksichtigte sogar die Verkaufsstände, an denen sich die beiden möglicherweise aufhalten könnten. Als Westeuropa sicher war, daß die Agenten für jede nur denkbare Situation postiert waren, schürte er das Feuer in seinem Kamin und lehnte sich mit einem Glas gutem Brandy in seinem hochlehnigen Ledersessel zurück, um die weiteren Ereignisse abzuwarten.
Es war der ultimative Tribut an die Professionalität der GISD-Agenten, daß Simon Bradshaw nicht einen einzigen von ihnen entdeckte, nachdem alle fünfzig ihre Positionen in Halle Neun bezogen hatten, nicht einmal mit seinen übersensiblen Instinkten für das, was in der Halle vor sich ging. Simon war dreiundzwanzig Jahre alt, obwohl man ihn mit Leichtigkeit für fünfzehn halten konnte. Ausgewählte Hormonbehandlungen sorgten dafür, daß er klein und mager blieb und eine weiche ebenholzfarbene Haut besaß. Seine großen Augen waren braun und feucht, was bei den meisten Menschen den Eindruck von Traurigkeit erweckte. Ihr flehender Ausdruck hatte Simon in den zwölf Jahren, die er nun bereits in den Hallen der Mount-Kenya-Station seinem Gewerbe nachging, unzählige Male vor Schwierigkeiten bewahrt. Die Beamten der örtlichen
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