Armageddon 05 - Die Besessenen
heiterem Himmel. Sie kam durch die Tür von Judes Eworld, löste eine ganze Reihe von Datavis-Alarmen aus – und ließ seine Knie weich werden.
Die terminale Frau. Gut zehn Zentimeter größer als er selbst, mit unglaublich schönem Haar. Ein Gesicht so zart und weiblich, wie es kein kosmetisches Adaptionspack jemals erschaffen konnte – eine wahre natürliche Schönheit. Sie trug ein weißes ärmelloses T-Shirt, das eine heiße Figur erahnen ließ, ohne auch nur das kleinste Detail zu enthüllen, und einen purpurnen Rock, der kurz oberhalb ihrer Knie endete. Doch es war die Art und Weise, wie sie sich bewegte, die den Ausschlag gab. Eine perfekte Haltung, und doch blickte sie sich mit beinahe kindlicher Neugier im Laden um.
Die übrigen Verkäufer musterten sie mit verstohlenen Blicken, während die Türscanner ihre Erkenntnisse per Datavis weitergaben. Dann trat das jüngere Kind hinter ihr ein, und die Scanner lösten erneut Alarm aus. Wie seltsam. Sie gehörten unmöglich zu einer verdeckten Operation der Bullen – dazu waren sie zu auffällig. Außerdem überließ der Manager regelmäßig seine Transport- und Garantieschäden der lokalen Polizeiwache.
»Sehen Sie es sich in Ruhe an, und denken Sie darüber nach«, sagte Andy zu dem Kunden, den er gerade bediente. »Sie werden in ganz London kein besseres Angebot finden.« Dann verließ er seinen Platz und schoß zu der Schönheit hinüber, bevor einer seiner sogenannten Kollegen eine Chance dazu hatte. Falls der Manager es bemerkt hatte, war er wahrscheinlich seinen Job los. Einen Kunden sich selbst zu überlassen, bevor der Handel abgeschlossen ist – das Kapitalverbrechen schlechthin.
»Hi, mein Name ist Andy. Ich bin Ihre Verkaufsratte. Was immer Sie wünschen, mein Job ist es, Ihnen das teurere Modell anzudrehen.« Er grinste breit.
»Sie sind was?« fragte Louise halb verblüfft, halb amüsiert.
Der Klang ihrer Stimme bewirkte seltsame Dinge in Andys Hormonhaushalt. Er erschauerte. Sie war die allerhöchste Klasse, und eine Exotin obendrein! Er ließ seine aufgerüsteten Retinas über ihr Gesicht gleiten, verzweifelt bemüht, ihr Bild einzufangen. Selbst wenn sie jetzt aus seinem Leben spazieren würde, wäre sie niemals gänzlich verloren. Andy besaß verschiedene für Männer angefertigte Softwarepakete, die jedes Gesicht über eine beliebige Sens-O-Vis-Aufnahme projizieren konnten. Er fühlte sich bereits schäbig, noch während er sie aufzeichnete.
»Ihre Verkaufsratte. So nennt die Kundschaft in unserer Gegend ihre interaktiven Konsumberater.«
»Oh«, stöhnte das junge Mädchen an ihrer Seite abschätzig. »Er ist nur ein Ladenjunge, Louise.«
Andys neurale Nanonik mußte sein Lächeln verstärken. Warum mußten sie immer zu zweit auftauchen? Und warum war immer eine davon so widerlich? Er klickte mit den Fingern und deutete mit beiden Zeigefingern auf die jüngere. »Genau das bin ich. Seien Sie bitte nicht allzu enttäuscht, ich möchte Ihnen wirklich nur helfen.«
»Ich möchte gerne eine neurale Nanonik kaufen«, kam Louise ohne Umschweife zur Sache. »Ist das eine komplizierte Angelegenheit?«
Die Bitte verblüffte Andy. Allein ihre Kleidung mußte mehr gekostet haben, als er in zwei Wochen verdiente – warum besaß sie noch keine Nanonik? Wunderschön und rätselhaft. Er lächelte zu ihr auf. »Überhaupt nicht. Und an was hatten Sie dabei gedacht?«
Louise kaute auf ihrer Unterlippe. »Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht so genau. Die beste, die ich mir leisten kann, schätze ich.«
»So etwas gibt es nämlich nicht auf Norfolk«, plapperte Genevieve munter drauflos. »Wir kommen nämlich von dort. Von Norfolk.«
Louise versuchte, sich ihren Ärger nicht anmerken zu lassen. »Gen, wir müssen nicht jedem, dem wir begegnen, unsere Geschichte erzählen.«
Reiche Außenweltler. Andys Gewissen kämpfte mit der Versuchung. Das Gewissen siegte, gestärkt durch seine Verzauberung. Ich kann ihr keine illegale Nanonik verkaufen. Nicht ihr. »In Ordnung, das ist heute Ihr Glückstag. Wir haben ein paar absolute Spitzenmodelle auf Lager. Ich kann Ihnen einen vernünftigen Preis machen, also sorgen Sie sich nicht um das Geld. Wenn Sie mir bitte folgen würden? Hier entlang.«
Er führte sie zu seiner Verkaufsecke und brachte es unterwegs fertig, ihr den Namen zu entlocken. Seine neurale Nanonik zeichnete ununterbrochen auf, die Art, wie sie sich bewegte, ihre Körpersprache, selbst ihre Sprechmuster. Wie die meisten anderen
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