Armageddon 05 - Die Besessenen
Neunzehnjährigen, die im Londoner Arbeiterviertel Islington mit seiner langen Geschichte von Armut aufgewachsen war, sah Andy sich gerne als einen zukünftigen Don des Netzes. Es war eine halblegale Beschäftigung und leicht verdientes Geld. Seit seinem vierzehnten Geburtstag hatte er jeden Monat didaktische Kurse über Elektronik, Nanonik und Software genommen. Seine gemietete Zweizimmerwohnung war bis unter die Decke vollgestopft mit alten Prozessorblocks und jeder nur denkbaren redundanten Peripherie, die er hatte schnorren oder stehlen können. Jeder in seiner Mietskaserne wußte, daß Andy derjenige war, an den man sich wenden mußte, wenn es ein elektronisches Problem gab.
Warum so ein zukünftiger datensmarter Prinz der Dunkelheit als Verkaufsratte in Judes Eworld arbeitete – nun, schließlich mußte er irgendwo das Geld verdienen, um seine revolutionären Pläne in die Tat umzusetzen. Oder eines Tages sogar auf das College zu gehen. Der Laden bevorzugte technikverrückte Teenager als Verkaufspersonal – es waren die einzigen, die auf dem laufenden blieben mit Upgrades und neuen Marken und obendrein für die gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlöhne arbeiteten.
Die Regalwand hinter dem Tresen war bis unter die Decke vollgestopft mit Konsumelektronik, und die Verpackungen trugen farbenprächtige Logos und schreiende Namen. Louise las ein paar der Inhaltsbeschreibungen, doch sie verstand nicht ein Wort. Genevieve langweilte sich schon jetzt und blickte sich suchend in den anderen Teilen des leicht heruntergekommenen Ladens um, einem von offensichtlich Hunderten nahezu identischer Geschäfte in der Tottenham Court Road. Das Innere war ein Labyrinth aus Verkaufstheken und Regalwänden, mit alten Postern an den wenigen freien Wänden und holomorphen Stickern auf jeder Oberfläche. Holographische Projektionen zeigten wunderschöne Bilder von Produkten in Aktion. Die Abteilung gegenüber Andy Behoo hatte ein grellbuntes Schild mit der Aufschrift GAMES über dem Tresen. Und Louise hatte es ihr versprochen.
Andy fing an, Schachteln aus dem Regal zu ziehen und auf dem Tresen aufzustapeln. Es waren rechteckige Schachteln von Handflächengröße, eingewickelt in durchsichtige Folie und mit dem Garantiesiegel des Herstellers auf der Vorderseite. »In Ordnung«, sagte Andy mit zuversichtlicher Stimme. »Hier haben wir einen Presson050, eine einfache neurale Nanonik. Alles, was Sie zum Überleben im Alltag der Arkologie brauchen: Datavis, ein Nervendisplay mittlerer Auflösung, erweiterte Erinnerungssuche, Axonenblocker. Vorformatiert im NAS2600-Standard, was bedeutet, daß Sie so gut wie jede Software auf dem Markt einspielen können. Die Firma liefert eine didaktische Betriebsanleitung dazu, doch wir verkaufen auch alternative Kurse zur Operation.«
»Das klingt sehr … umfassend«, sagte Louise. »Wieviel kostet sie?«
»Wie wollen Sie zahlen?«
»In Fuseodollars.« Sie zeigte ihm ihre Jupiter-Kreditdisk.
»In Ordnung. Gut. Ich kann ihnen einen günstigen Tauschkurs dafür bieten. Hm, warten Sie … die Summe würde sich auf dreieinhalbtausend belaufen, und dafür würden wir noch fünf freie Zusatzpakete von Quantumsoft aus der BCD30-Reihe dazugeben. Sie können die Funktionen selbst auswählen. Ich kann eine Finanzierung arrangieren, wenn Sie möchten, zu besseren Konditionen als irgendeine Bank im gesamten Sonnensystem.«
»Ich verstehe.«
»Dann haben wir hier noch …« Er wollte die nächste Schachtel zur Hand nehmen.
»Andy, was ist das Beste auf dem Markt, bitte?«
»Oh. Gute Frage.« Er verschwand hinter dem Regal und kehrte ein paar Sekunden später mit einer neuen Schachtel und einem ehrfürchtigen Ton in der Stimme zurück. »Die ANI5000 von der Kulu Corporation. Der König persönlich benutzt dieses Modell. Wir haben nur noch drei Stück übrig wegen der konföderationsweiten Quarantäne. Diese Prachtstücke sind im Augenblick die begehrtesten Geräte in der gesamten Stadt. Trotzdem könnte ich ihnen einen vernünftigen Preis machen.«
»Und es ist besser als das erste?«
»Allerdings, sogar um einiges. Es läuft ebenfalls mit NAS2600 und besitzt entsprechende Upgrade-Möglichkeiten, wenn die 2615 rauskommt.«
»Hm. Was bedeuten diese NAS-Nummern, die Sie immer wieder erwähnen?«
»Neurale Augmentationssoftware. Das ist praktisch das Betriebssystem für das gesamte Netz aus Fasern, und die Zahl entspricht der Version. Die 2600 wurde zu Beginn des Jahrhunderts eingeführt, und ich kann
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