Armageddon 05 - Die Besessenen
GovCentral.«
»Richtig«, sagte sie behutsam. Die Art und Weise, wie er sich an diese Idee geklammert hatte, war äußerst eigenartig. Sie überlegte gerade, ob sie nachhaken und ihn fragen sollte, als sie das teuflische Glitzern in Genevieves Augen bemerkte. Ihre kleine Schwester wandte sich hastig ab. »Sie waren sehr freundlich, Andy«, sagte Louise. »Und bitte, machen Sie sich keine Sorgen wegen mir.« Sie beugte sich über den Tresen und gab ihm einen Kuß auf die Wange. »Danke sehr.«
Genevieve war bereits auf dem Weg nach draußen. Sie kicherte albern vor sich hin. Louise nahm die Tragetasche voller Fleks und eilte hinter ihr her.
Louise lag mit dem Rücken auf dem Bett, als die strahlend helle Sonne schließlich hinter dem Green Park versank. Genevieve lag neben ihr und schlief tief und fest, erschöpft von dem langen, anstrengenden Tag.
Dieses schreckliche Balg, dachte Louise liebevoll. Ich muß unbedingt dafür sorgen, daß sie eine neurale Nanonik bekommt, sobald sie alt genug ist.
Louise schloß die Augen und schaltete das Nachrichtensuchprogramm in den Primärmodus. Der Netzprozessor des Hotelzimmers bestätigte ihre Anfrage, und sie begann, nach allgemeinen Artikeln über die Besessenen zu suchen. Sie wurde so mit Meldungen überflutet, daß sie einen Schnellkurs in der Benutzung der Filter und der Formulierung engerer Suchparameter absolvierte. Er dauerte eine ganze Stunde, doch am Ende war sie in der Lage, die unzähligen Berichte der irdischen Nachrichtenagenturen zu einem runden Bild zusammenzufügen. Die Ankunft der Mount’s Delta war eine seltsame Geschichte. Die Art und Weise, wie das einzige Besatzungsmitglied zerfetzt worden war, erinnerte sie stark an Quinn Dexter.
Die plötzliche Isolation New Yorks war gegenwärtig das Thema Nummer eins. Genaugenommen war es sogar das einzige Thema. GovCentrals Commissioner für Nordamerika trat vor die aufgeregten Reporter und versicherte jedermann, daß es sich lediglich um eine Vorsichtsmaßnahme handele, und daß man gegenwärtig einen Zwischenfall in Kuppel Eins untersuche, der stark an die Art von Störungen erinnere, die in der unmittelbaren Umgebung von Besessenen auftraten. Er nannte keinen Zeitpunkt für die Wiederaufnahme des Zugverkehrs. Auf den Straßen patrouillierten Einsatzkräfte der Polizei, verstärkt durch spezielle Mechanoiden. Die Unruhen unter den New Yorker Bürgern nahmen ständig zu.
Und dann meldeten die Agenturen ein Ereignis, das Louise in ihrem Bett aufschrecken ließ. Voller Überraschung und Freude riß sie die Augen auf. Tranquility war über dem Jupiter angekommen! Joshua war hier! In diesem Sternensystem!
Zitternd vor Aufregung sank sie auf die Kissen zurück. Hastig schaltete sie das Mailprogramm in den Primärmodus und machte sich daran, eine Nachricht an ihn zu verfassen, von der sie inbrünstig hoffte, daß sie nicht zu jämmerlich und elend klingen würde. Als sie fertig war, schickte sie die Datei mit einem Triumphgefühl per Datavis in das öffentliche Kommunikationsnetz.
Ihre neurale Nanonik hatte ihr verraten, daß der Jupiter gegenwärtig fünfhundertfünfzig Millionen Kilometer entfernt war, also würde das Signal gut vierzig Minuten benötigen, um die Umlaufbahn zu erreichen. Vielleicht hatte sie in weniger als zwei Stunden schon eine Antwort!
Westeuropa, der die Netzaktivitäten Louise beobachtet hatte, befahl der KI, die Botschaft abzufangen. Das letzte, was er jetzt gebrauchen konnte, war irgendein schwachköpfiger Freund, der zu Louises Rettung herbeieilte. Ganz besonders dann nicht, wenn dieser Freund so berühmt war wie Lagrange Calvert.
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9. Kapitel
Es war eine hervorragende Party, obwohl der Typ mit dem einen Arm ziemlich merkwürdig daherkam. Liol wußte, daß er ihn anstarrte, und lud einen dämpfenden Protokollerinnerer in seine neurale Nanonik. Es lag einfach daran, daß er noch nie einen Mann mit einer derartigen Verstümmelung gesehen hatte. Es schien den Burschen nicht zu behindern, jedenfalls war ihm auf der Tanzfläche nichts davon anzumerken, und die Frau, mit der er tanzte, störte es ebenfalls nicht. Oder vielleicht genoß sie auch das Neue, die Abwechslung. Wie er die Frauen in diesem Habitat einschätzte, bestand tatsächlich eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit zu dieser letzteren Option. Vielleicht war der fehlende Arm ja sogar irgendeine obskure Modeerscheinung. Unmöglich schien es nicht.
Liol bahnte sich einen Weg durch die Menge in Richtung des Büfetts.
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