Armageddon 06 - Der nackte Gott
verwirrten Mannes zu befreien. Gerald stieß eine kleine Energiezelle gegen Proctors Hand, und die Elektroden drangen tief in die ungeschützte Haut ein. Proctor schrie auf, als der unerträgliche elektrische Schlag durch seinen Körper zuckte. Voller Entsetzen und Schmerz sprang er zurück und starrte auf seine Hand, die von kleinen Flammen eingehüllt war. Zwei der Leibwächter sprangen Gerald an und hielten seine Beine und einen Arm. Er schlug wie rasend um sich.
Kiera schlitterte unkontrolliert über den Boden. Sie bemerkte kaum etwas von dem Tohuwabohu, das ringsum ausgebrochen war. Ihre Gliedmaßen bewegten sich auf eine Art und Weise, die Marie bestimmte. Die Gedanken der jungen Frau expandierten mit zunehmender Geschwindigkeit in die alten Bahnen zurück. Kiera mußte alle Kräfte aufbieten, um die endgültige Rückkehr Maries zu verhindern.
Gerald stieß die Energiezelle in Richtung von Maries Gesicht, und die Elektroden verharrten nur Millimeter vor ihren Augen. »Hinaus aus meiner Tochter!« schrie er. »Hinaus mit dir! Sie gehört mir! Sie ist mein Baby!«
Einer der Leibwächter packte Geralds Handgelenk und drehte es hart herum. Knochen splitterte. Die Energiezelle fiel polternd zu Boden. Gerald schrie voll ohnmächtiger Wut. Er stieß den Ellbogen des freien Arms mit der Kraft eines Berserkers nach hinten und traf den Leibwächter voll. Er klappte zusammen.
»Daddy!«
»Marie!« ächzte Gerald voll ängstlicher Hoffnung.
»Daddy!« Maries Stimme wurde schwächer. »Daddy, hilf mir!«
Gerald tastete verzweifelt nach der Energiezelle. Seine kalten Finger schlossen sich um die Zelle. Hudson Proctor landete wuchtig in seinem Rücken, und zusammen rollten sie herum.
»Marie!« Gerald sah ihr junges, wunderschönes Gesicht direkt vor sich. Sie schüttelte sich wie ein Hund, der aus dem Wasser kommt, und ihr Haar wirbelte umher.
»Nicht mehr«, schnarrte sie. Ihre Faust traf Gerald mitten auf der Nase.
Langsam mühte sich Kiera auf die Beine. Sie schwankte leicht, als Schauer über ihren Körper liefen. Das kleine Miststück Marie war wieder dort, wo es hingehörte, heulend im Zentrum ihres eigenen Gehirns. Einer von Kieras Leibwächtern lag zusammengekrümmt auf dem Boden und hielt sich den Unterleib. Seine Wange ruhte in einer kleine Pfütze aus Erbrochenem. Hudson Proctor hüpfte umher und schüttelte heftig seine Hand, als stünde sie noch immer in Flammen. Aus einer tiefe Brandwunde auf seinem Handrücken stieg immer noch fetter Rauch und erfüllte die Luft mit einem widerlichen Gestank. Dicke Tränen kullerten aus seinen Augenwinkeln. Die übrigen Leibwächter standen um Gerald und warteten nur darauf, daß er weitere Schwierigkeiten machen würde.
»Ich bringe den Mistkerl um!« brüllte Hudson. Er trat Gerald in die Rippen.
»Das reicht jetzt«, sagte Kiera scharf. Sie wischte sich mit zitternder Hand über die Stirn. Eine wirre Haarsträhne geriet in Bewegung, straffte sich und floß zurück in die übliche dunkel glänzende Frisur. Sie blickte auf Gerald herab. Er stöhnte leise und hielt sich kraftlos die Stelle, wo Hudsons Tritt ihn getroffen hatte. Blut sprudelte aus seiner gebrochenen Nase. Seine Gedanken und Emotionen waren ein einziger dissonanter Unsinn. »Wie zur Hölle hat er es nur bis hierher geschafft?« murmelte sie.
»Du kennst ihn?« fragte Hudson überrascht.
»O ja. Er ist Marie Skibbows Vater. Das letzte Mal hab’ ich ihn auf Lalonde gesehen. Und Lalonde ist längst aus diesem Universum verschwunden.«
Hudson zuckte unbehaglich zusammen. »Du glaubst doch nicht, daß sie zurückkommen, oder?«
»Nein.« Kieras Blick schweifte durch die Halle. Drei von Capones Soldaten waren aus der Lobby des Hilton gekommen, um nachzusehen, was da vor sich ging.
»Wir müssen weg von hier. Schafft ihn auf die Beine«, befahl sie ihren Leibwächtern.
Sie packten Gerald unter den Armen und zogen ihn hoch. Seine benebelten Augen richteten sich auf Kiera. »Marie!« flehte er.
»Ich weiß nicht, wie du hierher gekommen bist, Gerald, aber das werden wir noch früh genug herausfinden. Du mußt dein Töchterchen wirklich sehr lieben, um ein solches Wagnis einzugehen.«
»Marie, Baby, ich bin es. Daddy ist gekommen. Kannst du mich hören? Ich bin hier. Bitte, sag etwas, Marie.«
Kiera beugte ihr geschwollenes Knie und zuckte zusammen, als Schmerz durch ihr gesamtes Bein jagte. Sie konzentrierte ihre energistischen Kräfte auf das verletzte Gelenk und spürte beinahe augenblicklich, wie
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